SPIEGEL ONLINE

Geschwindigkeitsrekord auf zwei Rädern Herr Kivimäki zeigt Zuneigung

Vesa Kivimäki ist Weltrekordhalter: Niemand ist in einem seitlich gekippten Auto auf zwei Reifen je schneller gerast, so steht es im Guinnessbuch. Ist der Mann verrückt? Vielleicht. Auf jeden Fall schwer verliebt.

Das Guinnessbuch ist das Nachschlagwerk der Extreme. Manche der darin festgehaltenen Rekorde sind banal ("Älteste in Gefangenschaft lebende Seekuh": Snooty, mehr als 67 Jahre), manche absurd ("Jüngste Frau mit Vollbart": Harnaam Kaur, 24). Der Weltrekord von Vesa Kivimäki dagegen beruht auf Geschicklichkeit und Verrücktheit.

Der Finne hat eine Geschwindigkeitsbestmarke auf zwei Rädern aufgestellt, er ist mit einem seitlich gekippten BMW 186 km/h schnell gefahren.

Es war sein dritter Anlauf für einen Weltrekord.

Kivimäki ist von Beruf Stuntfahrer. 2003 ging er beim Autoweitsprung an den Start. 73 Meter hätte er fliegen müssen, doch er landete schon nach 57. Ein Jahr später wollte er zwölf senkrecht stehende Pkw der Reihe nach umfallen lassen. Die Disziplin nennt sich Autodomino - und nur sieben kippten um. Dieses Mal versuchte Kivimäki sein Glück auf zwei Rädern. Mit Erfolg.

Fotostrecke

Weltrekordhalter auf zwei Rädern: Herr Kivimäki zeigt Zuneigung

Foto: Nokian Tyres

So ein Weltrekord wirft Fragen auf: Wie kommt man auf die Idee, 186 km/h in der Schräge zu fahren? Wie oft landet man auf dem Dach, bevor man lernt, die Balance zu halten? Dann ist da noch ein Hinweis auf Kivimäkis Facebook-Seite : Der Mann ist verlobt. Was hält seine Partnerin von den Aktionen ihres Zukünftigen? Und überhaupt: Hat er sich einen originellen Stunt als Heiratsantrag einfallen lassen? Kann man ja mal fragen.

Lernen vom "Knight Rider"

Wie sich herausstellt, ist die Kontaktaufnahme mit Kivimäki ein bisschen umständlich. Aber dafür sind seine Antworten umso überraschender. Eine Anfrage lässt er zunächst unbeantwortet, auf die zweite reagiert er. Gerne gebe er Antworten, teilt er dann mit, doch sein Englisch reiche für ein Telefoninterview nicht aus. Ob man ihm die Fragen per E-Mail schicken könne - schriftlich falle ihm das Formulieren leichter.

Na gut, wie Sie wünschen, Herr Kivimäki. Er schickt dann eine Art Liebesbrief.

Der Weltrekord ist schnell abgehandelt: Er habe mit 15 gelernt, ein Auto seitlich auf zwei Rädern zu fahren, schreibt Kivimäki. Wie viele Fahrzeuge er dabei demoliert hat? Könne er nicht mehr genau sagen, er musste sich ja alles selbst beibringen. Nur in der TV-Sendung "Knight Rider" konnte er ein bisschen was lernen. Jetzt, mit 41 Jahren, sei es nun mal eine seiner Begabungen, ein Auto zu balancieren.

Vesa Kivimäki

Vesa Kivimäki

Foto: Nokian Tyres

Mit dem Rekord habe er sich einfach einen Traum erfüllt. Er klingt stolz, aber unaufgeregt. Kivimäki sei ein "hartgesottener Profi-Stuntfahrer", ist auf der Webseite seines Sponsors zu lesen. Man möchte sofort zustimmen, aber dann folgen den knappen Antworten auf die Interviewfragen zum Weltrekord drei lange Absätze. Vesa Kivimäki geht darin auf die Erkundigung nach seinem Heiratsantrag ein.

Eine Monstertruck-Show in Moskau, eine kaputte Antriebswelle: "Sie sagte Ja"

März 2014, Moskau: Kivimäki nimmt an einer Monstertruck-Show teil. Er habe gerade seinen Truck vorbereitet, als ihm plötzlich etwas klar wurde, schreibt er: "Das Wetter war fürchterlich, es regnete, es war windig und es war kalt, und trotzdem stand da meine Freundin, und half mir, einen Monstertruck zu reparieren. Sie tat es nur für mich."

Er habe sich in diesem Moment nichts sehnlicher gewünscht, als ihr einen Heiratsantrag zu machen - samt Ring. Aber alles, was er gerade zur Hand hatte, "war eine kaputte Antriebswelle".

Vesa Kivimäki, der Stuntfahrer aus Finnland, der bis dahin zwei gescheiterte Weltrekordversuche im Autoweitsprung und -domino hinter sich hatte, probierte es trotzdem. Und es klappte. "Sie sagte Ja."

Der Termin für die Hochzeit ist geplatzt

Das mit den Ringen habe man dann nachgeholt, lässt er wissen, aber er wolle trotzdem noch mal auf die Antriebswelle zu sprechen kommen: Diese habe er nämlich repariert und in das Fahrzeug eingebaut, und dort sei sie bis heute, obwohl Antriebswellen bei seinen Monstertrucks normalerweise schnell verschleißen. Er wertet das als gutes Zeichen für die Ehe. Seine Verlobte offenbar auch, denn sie will die Antriebswelle als Erinnerungsstück behalten, sollte das Teil mal ausrangiert werden müssen.

Kivimäki schwärmt heute noch von dem spontanen Antrag in Moskau: ",Meine Freundin sah so süß aus in ihrem Overall und dem schmutzigen Gesicht." Am 3. März 2017 sollte die Hochzeit stattfinden, schreibt der Finne - doch der Termin ist geplatzt. "Ich hatte das Datum nicht mehr im Kopf und habe für diesen Tag eine Monstertruck-Show zugesagt". Stellt man sich eine Beziehung als ein Auto vor, das mit 186 km/h auf zwei Rädern fährt, dann wäre das wohl der Moment, in dem es auf das Dach kippt.

Dessen ist sich Kivimäki offenbar bewusst: "Viele Frauen wären wohl am Boden zerstört gewesen", schreibt er. Doch seine Freundin habe anders reagiert. "Sie hat es akzeptiert und mir ganz entspannt gesagt: 'Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.'"

Vesa Kivimäki hat es nach zwei vergeblichen Versuchen ins Guinnessbuch geschafft. Er hält den Geschwindigkeitsrekord auf zwei Rädern. Gäbe es die Kategorie "Verliebtester Stuntfahrer der Welt" - der Finne sollte auch hier einen Anlauf wagen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren