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Verrücktes Bastelprojekt: Wild Willy auf großer Fahrt

Foto: Walter Jelinek

RC-Auto im Maßstab 1:1 Wild Willy im Größenwahn

Der Wild Willy war das Kult-RC-Auto der achtziger Jahre, weil er auf Knopfdruck auf den Hinterrädern fuhr. Walter Jelinek träumte damals davon, irgendwann selbst in seinem Lieblingsauto zu sitzen. Jetzt hat er sich den Traum erfüllt und den Wagen in Lebensgröße nachgebaut - Wheelie-Funktion inklusive.

Wild Willy war ein Held. Der Mini-Jeep raste in den achtziger Jahren direkt in die Herzen von Kindern und Modellbau-Freaks - und das auf zwei Reifen. Denn Wild Willy war der Meister des Wheelies. Durch seinen tief gelagerten Heckmotor und den kurzen Radstand stellte er sich problemlos auf die Hinterräder.

Auch Walter Jelinek verliebte sich in Wild Willy . Der heute 44-Jährige träumte als Kind davon, in seinem Lieblingsspielzeug selbst Platz zu nehmen. "Wenn man erwachsen ist, macht man das ja so: man verwirklicht Träume aus der Jugend", sagt er. Also hat er nach der Vorlage des Wild Willy ein echtes Auto gebaut.

Jelinek betreibt in Weiden in der Oberpfalz eine Autowerkstatt , in der er hauptsächlich alte VW Käfer und Samba-Busse restauriert und aufmotzt. "So ein überdimensionales Spielzeugauto ist nebenbei auch eine ziemlich gute Werbung für unseren Betrieb", sagt er.

Er spricht aus Erfahrung. Wild Willy ist nicht der erste ferngesteuerte Wagen, dem er eine Wachstumsspritze verpasst hat. Vor zwei Jahren bastelte er nach dem Vorbild des Racing Buggy Sand Scorcher ein richtiges Dünenfahrzeug. Ein Fernsehteam begleitete damals die Aktion.  

Auf die alte Schachtel kommt es an

Dass die Umsetzung seiner Visionen kompliziert ist, liegt vor allem an den eigenen Ansprüchen. "Die größte Herausforderung war für mich, dass ich selbst mit dem Ergebnis zufrieden sein wollte. Der Wild Willy sollte mit der Vorlage übereinstimmen, hundertprozentig."

Mit Vorlage meint er vor allem die Zeichnung auf der Originalverpackung des Wild Willy. "Unser Vorbild war die Box-Art, also wie der Wagen auf der Schachtel gemalt ist. Die Modelle sind ja meistens hässlicher als das Bild."

Leichter wurde die Arbeit dadurch nicht. "Die Zeichnungen werden von Kinderspielzeug-Designern entworfen", sagt Jelinek. Dabei dienen Karosserien echter Fahrzeuge nur als Vorlage - die Ausschmückungen sind erfunden.

Der detailverliebte Jelinek wagte sich deshalb erst an die Umsetzung seines Plans, als er im Internet die Reifenmarke entdeckte, die auf der Wild-Willy-Schachtel zu sehen ist. "Ich dachte lange Zeit, dass es die Firma gar nicht gibt."

Bestellung bei kauzigen Amerikanern

Um an die Schlappen zu kommen, musste er einen Freund in den USA mobilisieren. Der Reifenhersteller Sandtires Unlimited hat seinen Sitz in Kalifornien - und die Produkte nach Deutschland zu schicken war dem Firmenchef zu umständlich. "Der betreibt das Unternehmen quasi alleine und ist ein ziemlicher Kauz. Erst als mein Kollege mit Bargeld bei ihm auftauchte, ging da was."

Als nächstes kümmerte sich Jelinek um die Karosserie. Wieder wurde er in Übersee fündig. Sein Kontaktmann in den USA gab ihm den richtigen Tipp: Ein VW Scamp Veep stand zum Verkauf. "Der basiert auf dem Jeep-Modell Willys M38 und hat einen VW-Motor", sagt Jelinek. Er schlug zu.

Als die Reifen und das Grundgerüst aus Amerika in die Oberpfalz geliefert wurden, machten Jelinek und seine Mitarbeiter sich im August 2011 ans Werk. "Von dem ursprünglichen Veep ist jetzt nicht mehr viel übrig", sagt er. Die Bastler bauten einen neuen Rahmen und fertigten den passenden Boden. Die Karosserie hoben sie um 25 Zentimeter auf die Achse an: "Damit die Relation zur Reifenhöhe passte."

Großes Kompliment aus Japan

Kleinigkeiten bereiteten ihnen Kopfzerbrechen. Zum Beispiel die Polsterung des Überrollbügels: "Wir haben verschiedene Polstermaterialien ausprobiert, bis die Wicklung und Abstände der Paddings genau passten." Der Aufwand hat sich gelohnt - jetzt sind die Polster genau so abgeknauscht wie auf dem Wild-Willy-Bild.

Auch der Käufer ist mit dem Ergebnis zufrieden: Ein Mann aus Hamburg, der nach eigenen Angaben die größte Sammlung ferngesteuerter Fahrzeuge in Deutschland besitzt, hat sich den Wild Willy bereits gesichert.

Schon Jelineks erstes Projekt dieser Art, der Sand Scorcher, fand einen illustren Abnehmer. Das Fahrzeug parkt im Museum der japanischen Spielwarenfirma Tamiya - jenem Unternehmen, das den Scorcher und Wild Willy vor über 30 Jahren im Maßstab 1:10 baute. Das 1:1-Modell von Jelinek fanden die Japaner so gelungen, dass sie sich nicht nur bei den Markenrechten großzügig zeigten: "Herr Tamiya, der Firmengründer höchstpersönlich, kaufte das Auto. Nach dem Preis hat er nicht gefragt, ich sollte ihm einfach eine Rechnung schicken", erzählt Jelinek.

Das Zubehör ist unverkäuflich

Nach wie vor unverkäuflich ist das stilechte Zubehör - die überdimensionale Fernsteuerung. Mit Antenne ist die Attrappe über zwei Meter groß. "Das ist ein exakter Nachbau des von Tamiya empfohlenen Geräts", sagt Jelinek. Ein Freund von ihm hatte sie bereits für den Sand Scorcher gezimmert.

Für den Wild Willy bemüht sich Jelinek derzeit um eine Straßenzulassung. Wird der Wagen sich dann auch aufbäumen können, so wie einst der kleine Held? "Ich nehme an, dass man einen Wheelie machen kann", sagt der Oberpfälzer. Unter der Haube des Autos steckt schließlich ein VW-Motor mit 170 PS und 220 Newtonmeter Drehmoment.

"Wenn du die Kupplung bei 6000 Umdrehungen kommen lässt, steigt der Willy bestimmt auf", sagt Jelinek. Aber bei aller Liebe zum Detail - "ausprobieren werden wir das nicht. Dafür ist das Auto zu schade."

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