Boom der Fahrzeugabos Auto plus Versicherung für 200 Euro im Monat – wo ist der Haken?

Eine wachsende Zahl von Autofahrerinnen und -fahrern abonniert einen Wagen, statt ihn zu kaufen. Für Anfänger gibt es besonders verlockende Angebote. Verbraucherschützer weisen aber auf Nachteile hin.
Einen eigenen Wagen auf Zeit: Anbieter von Autoabos erfüllen diesen Wunsch unkompliziert – und verzeichnen hohe Wachstumsraten.

Einen eigenen Wagen auf Zeit: Anbieter von Autoabos erfüllen diesen Wunsch unkompliziert – und verzeichnen hohe Wachstumsraten.

Foto: Volvo

Abstand halten, Maske tragen, Kontakte reduzieren – die Coronaregeln gelten inzwischen seit mehr als einem Jahr. Sie haben auch die Mobilität verändert, zeigen Studien. Viele Menschen meiden Bus, Bahn und Flugzeug und fahren längere Strecken lieber mit dem Auto.

Dabei wächst teils offenbar der Wunsch nach einem eigenen Wagen, zumindest bis sich die Lage wieder normalisiert hat. Stark gestiegen ist jedenfalls die Nachfrage nach Autos im Abonnement, die das ermöglichen.

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Marktführer Fleetpool, zu dem die Abodienste like2drive, Conqar und Eazy Cars gehören, hat 2020 ein Umsatzplus von 55 Prozent in Deutschland verzeichnet. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 42.000 Autoabos abgeschlossen, hat das Duisburger Center Automotive Research (CAR) ermittelt.

Bei dieser Zahl wird es wohl nicht bleiben – auch weil VW und Volvo den Markt zuletzt für sich entdeckt haben. »Bis 2030 könnten rund eine Million Autoabo-Fahrzeuge in Deutschland unterwegs sein«, schätzt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR.

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Auto auf Zeit — Abos machen es möglich

Foto: Volkswagen

Wer ein Autoabo abschließt, zahlt einen monatlichen Festpreis und erhält einen Pkw auf Zeit, ähnlich wie beim Leasing. Jedoch ist der Vertragszeitraum deutlich kürzer und variiert je nach Anbieter und Kundenwunsch meist zwischen einem und sechs Monaten. Im Abopreis enthalten sind Wartung, Steuern, Versicherung, TÜV und Zulassung. Lediglich Sprit oder Strom zahlt der Nutzer zusätzlich.

»Kunden betrachten Autoabos mehr und mehr als interessante Alternative«, sagt Unternehmensberater Jan Burgard von Berylls. »Ein Abo bietet die Möglichkeit eines vorübergehenden Autobesitzes, länger als bei einem Mietwagen, aber kürzer als bei Langzeitleasing-Angeboten.«

Das wachsende Interesse haben auch Autobauer und Vermieter wie Sixt erkannt, sie bieten eigene Aboprogramme an. Für Hersteller ist das auch eine Gelegenheit, den Onlinevertrieb auszubauen. Volvo etwa will ab 2030 Neuwagen nur noch online verkaufen. So kann der Hersteller besser den Preis festlegen – das Feilschen im Autohaus gehört der Vergangenheit an. Besonders stark setzt die Volvo-Schwester Lynk & Co.  auf das Modell. »Autoabos werden eine wichtige Rolle im Autovertrieb von morgen einnehmen«, sagt Dudenhöffer.

E-Mobilität im Alltag testen

Eine Rolle spielen die Abos auch beim Wechsel auf den elektrischen Antrieb – der lässt sich für ein paar Monate einfach ausprobieren. Die Nachfrage nach E-Autos ist bei vielen Aboanbietern 2020 deutlich gestiegen, bei ViveLaCar etwa um 30 Prozent. Die Fleetpool-Marken verzeichneten für Elektromodelle den höchsten Zuwachs. Derzeit machen E-Autos und Hybridmodelle Unternehmensangaben zufolge zwölf Prozent bei Fleetpool aus, der Anteil soll steigen.

Ein E-Auto-Abo schützt den Kunden auch vor Wertverlust – er gibt das Risiko an den Anbieter ab. Die Entwicklung bei Batterie und Reichweite der E-Modelle laufe auf Hochtouren, sagt Dudenhöffer. Damit veralte Technik rasch, der Wiederverkaufswert sinke.

Vorsicht mit der Kilometerpauschale

Umgekehrt erhoffen sich Fahrer im Abo neue und im Zweifel bessere E-Autos. »Kunden haben das Gefühl, dass sie Innovationssprünge bei Reichweite und Ladegeschwindigkeit durch den flexiblen Wechsel der Fahrzeuge beim Autoabo besser mitnehmen können«, sagt Berylls-Experte Burgard. Zudem kommen sie womöglich schneller an ihr Fahrzeug. So beträgt die Lieferzeit für einen beim Hersteller gekauften Polestar 2 etwa drei Monate. Im Abonnement steht der Wagen spätestens nach wenigen Wochen vor der Tür (finn.auto: ab 750 Euro).

Oft sind E-Autos auch im Abo teurer als Verbrennermodelle, doch dem stehen geringere Verbrauchskosten gegenüber. Eine Kilowattstunde elektrische Energie an der Ladesäule kostet aktuell zwischen 29 und 89 Cent, je nach Anbieter, Bezahl- und Abrechnungsmethode. Rechnet man mit 50 Cent Durchschnittspreis pro kWh und einem Durchschnittsverbrauch von 17,6 kWh je 100 Kilometer bei einem Mini Cooper SE (laut ADAC Ecotest), dann kosten 100 Kilometer Fahrt 8,80 Euro. Wer nur zu Hause lädt, kommt mit gut fünf Euro aus. Mit einem Mini-Benziner liegen die Spritkosten bei mindestens elf Euro je 100 Kilometer.

Elektrisch fahren und sparen ist also möglich. Es ist aber Vorsicht geboten: Die Aboanbieter haben verschiedene Kilometerpakete im Angebot. So kostet bei ViveLaCar das E-Auto Nissan Leaf Tekna mit 200-Kilometer-Pauschale zum Beispiel 299 Euro. Mit 500-Kilometer-Monatspauschale ist es doppelt so teuer. Nicht genutzte Kilometer werden bei ViveLaCar gutgeschrieben, Mehrkilometer werden gesondert berechnet. Es ist unbedingt ratsam, die exakten Konditionen des jeweiligen Anbieters zu klären.

Autoabos auch für Fahranfänger

Für Fahranfänger sind auch rund 300 Euro Autoabokosten pro Monat sehr viel Geld. Doch bei vielen Anbietern sind ganz junge Fahrerinnen und Fahrer ohnehin ausgeschlossen. Bei like2drive oder Carminga muss man für den Abschluss eines Abos mindestens 21 Jahre alt sein, bei finn.auto sogar 23. Zielgruppe seien primär Menschen, die älter als 35 seien, heißt es dort.

Es gib aber auch bei der Altersbegrenzung Ausnahmen. ViveLaCar etwa richtet sich mit einem neuen Angebot gezielt an 18- bis 21-Jährige. Zur Auswahl stehen Fahrzeuge mit bis zu 99 kW Leistung (134 PS) und einem Wert von maximal 20.000 Euro, etwa von Hyundai (i10, i20) oder Ford (Fiesta). Für weniger als 200 Euro im Monat sind Versicherungskosten inbegriffen. Auch die Abomodelle von VW (Das Auto Abo) und Volvo (Care by Volvo) geben kein Mindestalter vor.

Verbraucherschützer warnen vor hoher Selbstbeteiligung

Da Menschen unter 23 im Schnitt fast doppelt so viel für eine Autoversicherung zahlen müssen wie Ältere, erscheint ein solches Abo auf den ersten Blick interessant. »Der monatliche Abopreis dürfte sich mit der Versicherungsprämie eines Fahranfängers vergleichen lassen«, heißt es bei der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die warnt jedoch vor der hohen Selbstbeteiligung im Schadensfall. Beim Abo ab 18 von ViveLaCar beträgt sie bei Teil- und Vollkasko 1000 Euro. »Anbieter sprechen die jüngere Zielgruppe gezielt an – unter anderem, um sie an eine Marke heranzuführen«, sagt Experte Burgard. Dabei nehmen manche offenbar Verluste oder geringe Margen in Kauf.

Denn sehr verlockend sind neue Wertschöpfungsketten, die Autoabos eröffnen. Das britische Online-Gebrauchtwagenunternehmen Cazoo übernahm zuletzt den Münchner Aboanbieter Cluno. So bieten die Briten künftig neue Fahrzeuge erst über Cluno im Abonnement an – und nehmen sie anschließend in ihr Gebrauchtwagensortiment auf.

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