Auffällige Testergebnisse Mehrheit der Diesel liefert »verdächtige« Abgaswerte

Extreme Werte gesundheitsschädlicher Schadstoffe finden sich in den Abgasen vieler moderner Dieselautos. Eine neue Analyse lässt ahnen, wie verbreitet Abschalteinrichtungen sind – laut aktueller Rechtsprechung illegal.
Stau in Düsseldorf: Selbst Diesel der Abgasnormen 5 und 6 liefern laut der Analyse teils »extreme« Werte von Stickoxiden, die Abschalteinrichtungen als nahezu sicher gelten lassen

Stau in Düsseldorf: Selbst Diesel der Abgasnormen 5 und 6 liefern laut der Analyse teils »extreme« Werte von Stickoxiden, die Abschalteinrichtungen als nahezu sicher gelten lassen

Foto: Michael Gstettenbauer / IMAGO

Der internationale Umweltforschungsverbund ICCT hat bei einer Analyse  einen deutlich zu hohen Abgasausstoß vieler Dieselautos in Europa festgestellt. Anlass der zusammenfassenden »Neubewertung« waren Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)  zu sogenannten Abschalteinrichtungen – die Reinigung darf nur noch heruntergefahren werden, wenn konkrete Technikschäden und Sicherheitsrisiken drohen.

Dennoch zeigten nach Darstellung des ICCT selbst unter den nun geltenden Einschränkungen gut 85 Prozent der Euro-5- und 77 Prozent der Euro-6-Diesel »verdächtig hohe Emissionen«. In 40 Prozent der Fälle hätten sich sogar »extreme« Werte für gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) ergeben.

Hohe Stickoxidwerte sprechen für Abschalteinrichtungen

Die Zahlen basieren nicht auf eigenen Erhebungen, sondern auf einer großen Testdatenbank sowie Zweitauswertungen zu Abgastests von Behörden und Organisationen, die seit 2016 liefen. Ein Jahr zuvor waren die Dieselmanipulationen bei Volkswagen bekannt geworden.

Laut ICCT decken die Angaben ungefähr 700.000 Autos aus verschiedenen europäischen Ländern ab. Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler unterschiedliche Messverfahren:

  • »Remote Sensing«, also Abgaswerte vorbeifahrender Wagen vom Straßenrand aus.

  • Aber auch Tests mit mobilen Messgeräten am Auspuff.

Sie verglichen die so ermittelten Werte dann mit einem Schwellenwert für den jeweiligen Motor- und Fahrzeugtyp, den sie anhand des normalerweise zu erwartenden Abgasreinigungsverhaltens abgeleitet haben.

In mehreren Fällen wichen die Werte deutlich voneinander ab. Gerade bei Dieselfahrzeugen, deren Ausstoß von NOx als »extrem« eingestuft wurde, kann die »die Verwendung einer Abschalteinrichtung als fast sicher gelten«, berichten die Forscher. Auch etwas weniger erhöhte Werte deuteten auf die »wahrscheinliche Verwendung einer Motorkalibrierungsstrategie hin, die nach den jüngsten Urteilen des EuGH als verbotene Abschalteinrichtung eingestuft werden kann«. Das wäre etwa dann der Fall, wenn die Abgasreinigung bei kühleren Temperaturen automatisch heruntergeregelt wird – eine verbreitete Praxis, die Hersteller mit dem Schutz des Motors begründen.

Deutsche Umwelthilfe will Klage einreichen

Messungen am Straßenrand einzelnen Autos zuzuordnen, gilt allerdings als ungenau. Das Forschungsteam des ICCT versichert dennoch, »trotz einiger Einschränkungen robuste Schätzungen der realen Emissionen einzelner Fahrzeuggruppen zu liefern«. Zusammen mit den Daten aus Messungen direkt am Auspuff böten die Messungen vom Straßenrand eine Grundlage für zusätzliche Nachweise des zu hohen NOx-Ausstoßes.

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Die Deutsche Umwelthilfe verlangte vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), sämtliche Dieselautos der Abgasnormen 5 und 6 in Deutschland »mit den geltenden Bestimmungen in Einklang zu bringen und alle unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernen zu lassen«. Es gehe um mehr als acht Millionen Pkw. Man habe bereits Rechtsmittel gegen das KBA eingelegt. Im Februar hatte die Umwelthilfe mit einer Musterklage gegen die Freigabebescheinigung für ein VW-Golf-Dieselmodell Erfolg , rechtskräftig ist das Urteil jedoch noch nicht.

koe/dpa
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