Klimaschutz EU-Kommission sucht Ausstiegsjahr für Verbrennungsmotor

Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Brüssel lotet daher offiziell ein mögliches Enddatum für den Verkauf von Autos mit Diesel- und Benzinmotoren aus - deutlich früher als bisher geplant.
Mitarbeiter montieren den Motor eines Porsche 911

Mitarbeiter montieren den Motor eines Porsche 911

Foto: Marijan Murat / dpa

Mehrere europäische Länder wollen den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotor ab einem bestimmten Jahr unterbinden - darunter Großbritannien, Frankreich und Norwegen. Nun liebäugelt auch die EU-Kommission mit einem solchen Ausstiegsdatum.

"Die Kommission wird in den kommenden Monaten überprüfen, was in dem [Verkehrs-]Sektor erforderlich ist, damit er zur Klimaneutralität bis 2050 beitragen kann, und ab welchem Zeitpunkt Autos mit Verbrennungsmotor nicht mehr auf den Markt kommen sollten", heißt es in einem offiziellen Schreiben  der Brüsseler Behörde vom Donnerstag ans EU-Parlament, den Rat und weitere europäische Instanzen.

Am Mittwoch hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ein schnelleres Tempo beim Klimaschutz angemahnt und als Zwischenetappe eine Minderung um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 vorgeschlagen. Bisher lautet das Ziel "Minus 40 Prozent". Über ihre Vorschläge berät die Kommission in den kommenden Monaten mit EU-Parlament und Mitgliedstaaten.

Kommission kann selbst kein Verbot aussprechen

Ebenfalls am Mittwoch hatte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans der Autoindustrie indes zugesichert, die Kommission wolle Verbrennungsmotoren nicht verbieten. Die Behörde verhalte sich technologieneutral. Anstatt mit Diesel oder Benzin könnten die Aggregate auch mit klimaneutralen Treibstoffen wie Wasserstoff oder synthetischem Ökosprit betrieben werden.

Sollte die Industrie in der Lage sein, emissionsfreie Autos mit Verbrennungsmotoren zu bauen, sei das kein Problem - solange die Klimaschutzziele eingehalten würden, so ein Beamter aus der EU-Kommission auf Nachfrage. Dann aber bleibt die Frage, warum die Kommission überhaupt über ein konkretes Datum für das Ende des Verbrennungsmotors nachdenken will.

Wenn man die Emissionen von Autos bis 2030 nun um 50 Prozent senken wolle, "dann müssen wir auch wissen, wann wir zu einer Null-Emissions-Flotte kommen", so der Beamte. "Wir wollen der Industrie dieses Signal geben, um sicherzustellen, dass dies bei heute getätigten Investitionen berücksichtigt wird."

Einzelne Staaten wollen Verbrenner verbieten

Es werde voraussichtlich noch mindestens ein halbes Jahr dauern, ehe die Kommission detaillierte Vorschläge für die künftigen CO2-Emissionen von Autos vorlegt.

Stehen alternative Treibstoffe in Zukunft jedoch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, müsste ein Verbrenner-Ausstiegsdatum deutlich vor 2050 liegen - angesichts der mehr als zehnjährigen Lebensdauer von Autos. Frankreich will bis 2040  aus der Technik aussteigen. Großbritannien plant den Abschied von den Aggregaten bereits für 2035 . Zuletzt wurde in London allerdings darüber diskutiert, das Datum noch weiter nach vorn zu verlegen.

Weil die Kommission allein kein Verbot für Verbrennungsmotoren aussprechen kann und will, könnte die EU dieses Mittel aber auf ihre Mitgliedstaaten übertragen, heißt es in Expertenkreisen. In einem solchen Szenario legt Brüssel ein ambitioniertes Emissionssparziel für die Autoindustrie vor und errechnet ein Jahr, ab dem rechnerisch kein Auto mehr verkauft werden darf, das mit Benzin oder Diesel fährt. Dann überlässt sie es Herstellern und Staaten, die Vorgabe umzusetzen - beispielsweise durch ein freiwilliges oder doch erzwungenes Ausstiegsdatum für Verbrenner.

nis/mbe
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