
Autogramm BMW 750 Li xDrive: Lass einen anderen fahren
Autogramm BMW 750 Li xDrive Winke, winke!
Der erste Eindruck: Mächtig statt schmächtig. Der neue BMW 7er soll zwar die leichteste Luxuslimousine sein, doch das sieht man dem Auto nicht an.
Das sagt der Hersteller: Für BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson ist der 7er der Souverän der BMW-Palette. Das fürs Image wichtigste Modell ist nicht nur Flaggschiff und Geldbringer, sondern auch Leuchtturm. Robertson: "In diesem Auto steckt all unser Know-how, alles, was BMW an Technik zu bieten hat." Die Limousine soll mit Leichtbau und Effizienz nicht nur neue Maßstäbe in den klassischen Ingenieursdisziplinen setzen, sondern zugleich auch den modernen automobilen Luxus definieren.
Es geht den Entwicklern nicht mehr um barockes Imponiergehabe, schweres Leder oder funkelnden Firlefanz. Sondern sie wollen einen leichten Luxus vorleben und setzen auf galvanisierte Schalter, auf Keramik oder fugenlos verarbeitete Leisten aus Echtmetall. Und vor allem auf digitale Werte.
Das ist uns aufgefallen: Während die Designer die Karosserie nur mild veränderten, macht der 7er innen geradezu einen Sprung. Wer dem virtuellen roten Teppich der Einstiegsbeleuchtung folgt, den umgarnt im Auto eine Hightech-Aura. Die meisten Displays reagieren auf Fingerzeig und über dem Innenspiegel thront ein Sensor, der dem Fahrer die Wünsche von den Augen, nun ja, von den Händen abliest. Denn erstmals geht im 7er für Funktionen wie Musik und Telefon die Gestensteuerung in Serie.
So faszinierend das Spiel mit den Gesten, das Tippen, Wischen und Zoomen auch ist und so viel Spaß man mit dem Faustkeil-großen, neuen Display-Schlüssel haben kann, das Infotainment-System ist dann doch nicht ganz zu Ende entwickelt: Ausgerechnet die großen Bildschirme für die Hinterbänkler werden, wie in der digitalen Steinzeit, aus der Ferne mit einem Tablet gesteuert.
Wer sich freischwimmt aus der Flut der Eindrücke und mit dem neuen 7er tatsächlich fährt, gerät schnell wieder ins Hier und Heute. Zwar kommt man mit dem Heer von Assistenzsystemen bis hin zum Einparken per Fernbedienung mittels Touchscreen-Schlüssel dem autonomen Fahren so nah, wie es der Gesetzgeber bislang erlaubt.
Doch erstens klingt das Parken von Geisterhand spannender als es am Ende eigentlich ist, wenn der Wagen, geleitet von den Sensoren der Park Distance Control, im Schritttempo und mit nur minimalen Lenkbewegungen in die Garage rollt, solange man die Finger am Schlüssel hat. Und zweitens erlebt man den 7er sofort wieder als forderndes Fahrerauto und damit als typischen BMW, sobald man die Geschicke selbst in die Hand nimmt.
Das muss man wissen: Die technisch vielleicht größte Innovation des 7ers erkennt man an einer kleinen Plakette an der B-Säule: "Carbon Core". Das ist eine Art Rückgrat aus Kohlefaser, das in die Rohkarosserie eingearbeitet ist und den größten Anteil an der Gewichtsreduktion von 130 Kilo hat. Die merkt man beim Fahren und beim Tanken. Denn mit dem Generationswechsel wird der 7er um bis zu 20 Prozent sparsamer.
Was man hingegen sieht, aber vermutlich niemandem auffällt, ist ein Detail, das die Detailverliebtheit der Entwickler auf den Punkt bringt: der Chromrahmen um das hintere Seitenfenster, der wie bei jedem BMW den sogenannten Hofmeister-Knick beschreibt. Diesen nach einem früheren Chefdesigner benannten Bogen gab es schon beim Vorgänger. Doch beim neuen Siebener ist er zum ersten Mal in einem Stück gefertigt, sagt Designchef Karim Habib und platzt fast vor Stolz, dass die leidige Fuge zwischen beiden Teilen verschwunden ist.
Zwar war das eine schwere Prüfung für die Produktion, räumt er ein, und die sonst so knausrigen Controller müssen für jedes einzelne Bauteil einen dreistelligen Eurobetrag abnicken. Aber offenbar war den Münchnern nichts zu teuer, um die Wertigkeit ihres Flaggschiffs zum Ausdruck zu bringen - selbst wenn der Kunde das am Ende wahrscheinlich nicht einmal wahrnimmt, wie manche BMW-Manager unter der Hand einräumen.
Das vorerst effizienteste Modell ist der 265 PS starke 730d mit einem Normverbrauchswert von 4,5 Litern. Den gleichen Sechszylinder gibt es auch noch als 740d mit 320 PS. Außerdem hat BMW einen 326 PS starken Sechszylinder-Benziner im 740i und den 450-PS-V8 im 750i in der Startaufstellung. 2016 gibt es dann wieder einen V12-Motor und eine Plug-In-Hybrid-Variante, die den Verbrauch rein rechnerisch auf 2,1 Liter drücken soll.
Verkaufsstart ist der 24. Oktober, das billigste Modell (730d) wird 81.900 Euro kosten. Für den um 14 Zentimeter verlängerten Radstand der L-Varianten verlangt BMW je nach Motorisierung zwischen 5200 und 6600 Euro Aufpreis, Allradantrieb kostet 3400 Euro extra und das vorläufige Ende der Liste markiert mit 112.700 Euro der 750 Li xDrive. Aber dabei wird es nur selten bleiben. Auf 88 Seiten bietet die Preisliste vom Laserlicht bis zum Head-up-Display, vom WLAN-Hotspot bis zur Wärmematte in der Armlehne so viel Spielraum, dass man nah an 200.000 Euro kommen kann.
Das werden wir nicht vergessen: Am besten spürt man den Fortschritt beim neuen 7er nicht hinterm Lenkrad, sondern hinten rechts. Denn erst dort hat man genug Zeit, um etwa die tolle Materialauswahl zu würdigen, die vielen Farben des Ambientelichts zu komponieren oder sich von 14.000 virtuellen Sternen aus dem Glasdach anfunkeln zu lassen. Und wenn man dann noch den Lounge-Sessel ausfährt und die Füße hochlegt, sich den Rücken massieren und nach Wunsch Duftessenzen um die Nase wehen lässt, dann bekommt man eine Vorstellung davon, was mit der Marketing-Floskel "The Future of Modern Luxury" gemeint sein könnte: Nämlich die Freude am Fahrenlassen.