
Fotostrecke: Feinfühlige Vierteltonne
BMW R 1250 GS Adventure HP im Test Dicke Sause
Der erste Eindruck: Fast so breit wie hoch. Mit zwei Koffern und Topcase könnte der Zweirad-SUV als mobile Drei-Zimmer-Wohnung durchgehen.
Das sagt der Hersteller: "Den Adventure-Fahrer interessieren eigentlich zwei Argumente", sagt BMW-Motorräder-Produktmanager Reiner Fings. "Erstens die enorme Reichweite durch den 30-Liter-Tank. Und dann der Wetterschutz durch den breiten Vorbau." Fings betreut die Boxer GS-Baureihen und muss Kundenwünsche kennen. Deshalb schiebt er auch gleich augenzwinkernd hinterher: "Die Adventure muss natürlich bullig sein. Wer die bewegt, der will sagen: Schaut her, ich kann es."
Tatsächlich ist das Enduro-Dickschiff nicht für jeden Biker gemacht: 268 Kilogramm Fahrgewicht und bis zu 217 Kilogramm zulässige Zuladung - knapp eine halbe Tonne Rollgewicht möchte man Fahranfängern ungern in die Hand geben. Auch die Leistung flößt Demut ein: BMW hat der großen Adventure einen Antrieb mit 136 PS und mächtigen 143 Nm Drehmoment spendiert. Die kleinere 850er Adventure mit Zweizylindermotor kommt auf 95 PS und 92 Nm.
Beim Boxermotor wurde der Hubraum von 1170 auf 1254 Kubikzentimeter vergrößert. BMW setzt erstmals die ShiftCam-Technologie ein, mit der über eine verschiebbare Nockenwelle variable Ventilsteuerzeiten möglich sind. "Das bringt uns mehr Fahrdynamik über das gesamte Drehzahlband und sorgt für weniger Verbrauch und bessere Emissionswerte", sagt Frings. Der Motor zieht nun zwischen 4,75 l (Landstraße) und 5,9 (Gelände). So kommt man rund 600 Kilometer weit mit einer Tankfüllung.
Optisch hat sich nicht viel verändert: Neben dem 6,5 Zoll großen vollfarbigen TFT-Display, den überarbeiteten Kühlerblenden sowie dem anders gestalteten Tank- und Motorschutzbügel fällt nur der eingeprägte Shiftcam-Schriftzug auf den Zylinderkopfdeckeln ins Auge.

Fotostrecke: Feinfühlige Vierteltonne
Das ist uns aufgefallen: Für die Vorstellung seines Flaggschiffs schickte BMW Tester von Malaga nach Granada (Südspanien). Die Route führte über kurvige Landstraßen und quer durchs Gelände: Steinige Bergpisten, sonst von der Forstpolizei im Allradfahrzeug genutzt, schlammige Treckerpfade durch Kuhweiden und kieselige Steilstrecken mit Spitzkehren - da kam der eine oder andere Tester ins Schwitzen und an die Grenzen seiner Fahrkünste.
Die 1250 GS Adventure dagegen fühlt sich sofort zu Hause: Erstaunlich, wie die Vierteltonne in Fahrt an spürbarem Gewicht verliert und der tiefe Schwerpunkt des Motors das Handling vereinfacht. Der Boxer hat jetzt durch den höheren Hubraum noch mehr Druck aus dem Drehzahlkeller.
Gerade auf technisch anspruchsvollen Offroad-Passagen, auf engen Tracks und losem Untergrund arbeitet der Motor auch bei niedrigsten Drehzahlen mit optimaler Schwungmasse und Traktion. Laut BMW liegen die nutzbaren Kräfte ab 2000/min schon bei 110 Newtonmeter, 120 Nm sollen es ab 3500/min sein. Wie sagte ein Testfahrer: "Okay, bei dem Gewicht ist es keine Sport-Enduro. Aber wenn es schwierig wird, fährt dich die Adventure zur Not den Berg hoch."
Kein anderes Fahrzeug in dieser Gewichtsklasse lässt sich so feinfühlig über Stock und Stein führen - und tuckert gleichzeitig so stoisch wie ein Vorkriegstrecker durchs Geläuf. Unterstützt wird der Fahrer dabei durch die opulente Bordelektronik. In der Sonderausstattung "Fahrmodi Pro" wird die 1250 GS Adventure mit den zusätzlichen Fahrmodi "Dynamic" und "Dynamic Pro" (konfigurierbar), der dynamischen Traktionskontrolle DTC (Dynamic Traction Control) und den Fahrmodi "Enduro" und "Enduro Pro" (konfigurierbar) veredelt.
Das hört sich komplex an, ist in der Praxis aber leicht zu beherrschen: Wenn es aus dem Gelände wieder auf den Asphalt geht, genügt ein Knopfdruck, um vom Fahrmodus "Enduro" in "Dynamic" zu wechseln. Dynamisch ist die große Adventure auf der Straße dann allemal: Kurven, Geraden und Richtungswechsel machen Bremsanlage und Fahrwerk ohne Mucken mit. Derweilen entspannt der Fahrer hinter der verstellbaren Frontscheibe; erst ab Körpergrößen über 1,90 wird es etwas zugig im Fahrtwind.
Hersteller: | BMW Motorrad |
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Typ: | R 1250 GS Adventure |
Karosserie: | Motorrad |
Motor: | Zweizylinderboxermotor |
Getriebe: | Sechsganggetriebe |
Hubraum: | 1.254 ccm |
Leistung PS: | 136 PS |
Leistung kW: | 100 kW |
Drehmoment: | 143 Nm |
Höchstgeschw.: | 220 km/h |
Gewicht: | 268 kg |
Preis: | 17.700 € |
Das muss man wissen: Wer den besten Allrounder mit optimaler Zuladung und Reichweite sucht, kommt an der R 1250 GS Adventure kaum vorbei. BMWs größte Enduro kann auf der Straße so schnell reisen wie die Konkurrenz und findet im Gelände keine Gegnerin, die es mit ihr aufnehmen könnte.
Der Basispreis für die neue BMW R 1250 GS Adventure liegt bei 17.700 Euro. Dafür wird sie in "Icegrey uni" auf schwarzen Speichenrädern, Heckrahmen sowie Antriebsstrang ausgeliefert. Die BMW R 1250 GS Adventure HP, die wir von Malaga nach Granada gefahren sind, rollt in Weiß-Blau-Rot mit goldenen Drahtspeichenrädern und Bremssätteln vom Band im Werk Spandau.
Dank des Zubehörprogramms von BMW kann das Motorrad erheblich teurer werden. Wer das Touring-Paket mit elektronischem Fahrwerk Dynamic ESA, Keyless Ride, Tempomat und LED-Zusatzscheinwerfer bucht, zahlt 2000 Euro extra. Ordert man das Dynamikpaket mit Tagfahrlicht, Schaltassistent Pro, Zusatzfahrmodi sowie LED-Blinkern dazu, werden weitere 990 Euro fällig.
Summa summarum kann der Gesamtpreis für eine voll ausgestattete 1250 GS in der HP-Version schnell über 24.000 Euro springen - und dann fehlen noch die Reisekoffer.
Das werden wir nicht vergessen: Die BMW 1250 GS Adventure ist für Fahrer, die mit ihr umzugehen wissen, jeden Euro wert. Stecken doch mehr als 30 Jahre Entwicklungsarbeit und erfolgreiche Optimierung darin.
Anm. d. Red: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, der Motor der 1250 GS Adventure lasse sich nicht mit gezogener Kupplung und eingelegtem Gang starten. Diese Darstellung trifft für die in Serie produzierten Modelle nicht zu - es handelte sich lediglich um eine Fehlfunktion der Testmaschine. Wir haben den Text entsprechend korrigiert.