Elektro-Moped Elmoto Schwäbisches Stadt-Stromerle

Pedelecs sind Fahrräder mit Elektromotoren - leider sahen sie bisher meistens aus wie vom Orthopäden verschrieben. Zwei Stuttgarter Designer beweisen jetzt mit dem schnittigen Strom-Moped Elmoto, dass Öko-Zweiräder Stil haben und Spaß machen können.

Zugegeben: Ganz legal ist es nicht, mit Oliver Seme auf dem Kleinkraftrad über den Stuttgarter Schlossplatz zu brettern. Doch am Elmoto scheint sich keiner der Passanten in der Fußgängerzone zu stören. Beim Stopp an einem der In-Cafés wird der motorisierte Eindringling eher freundlich und neugierig beäugt: "Ja, das isch ja schick. Aber habt ihr kein Motorle?", fragt eine Frau mit Einkaufstüten und Kinderwagen im Schlepptau.

Natürlich hat das Gefährt einen Motor, erklärt Seme geduldig, aber eben kein konventionelles Verbrennungsaggregat: Das Elmoto, das aussieht wie eine Kreuzung aus Mountainbike und Motocrosser, säuselt wie eine Nähmaschine und wird von einem Akku und einem Elektromotor in der hinteren Radnabe angetrieben. Auch Seme, einer der Erfinder, hat noch Schwierigkeiten, seine Kreation einzuordnen: "Also ein richtiges Pedelec ist es definitiv nicht, aber auch kein Moped."

Aus Italien, wie ein anderer Betrachter zu wissen glaubt, stammt das Elmoto jedenfalls nicht: "Wir verbauen aus Kostengründen natürlich Technikteile und Batterien aus China und Taiwan", erklärt Oliver Seme. Aber die Idee, das Niemandsland zwischen Fahrrad, Elektroroller und Moped neu zu besetzen, komme ganz klar aus dem Ländle: "Alles schwäbisch!"

Zu gewagt für den Stromriesen

Genauer gesagt: aus der Stuttgarter Innenstadt. Dort sitzt im achten Stock eines Bürohochhauses die Design-Schmiede IPDD. "Wir haben vor ein paar Jahren einem großen Energieversorger vorgeschlagen, langfristige Stromverträge so ähnlich wie im Mobilfunkgeschäft mit einem coolen Produkt zu koppeln. Also kostenloses Fahrzeug statt kostenloses Handy", sagt Stefan Lippert, einer der Chefs von IPDD und die zweite treibende Kraft hinter dem Elmoto. Die Idee wurde abgelehnt. Lippert, ein im Süden eingebürgerter Norddeutscher, und Seme, den auch als IT- und Management-Consultant arbeitet, fingen an, das Fahrzeug auf eigene Rechnung zu entwickeln.

"Anfang 2008 hatten wir uns schon auf den Elektroantrieb festgelegt, sind aber noch ganz anderen Vorstellungen nachgegangen. Die ersten Entwürfe haben nach voll verkleideter Ducati gerochen", erinnert sich Lippert. Doch der kühlen Analyse der technischen Beschränkungen und einer klaren Definition möglicher Zielgruppen fiel nicht nur die Verkleidung zum Opfer: "Wir mussten radikal abspecken, weil wir drei Prämissen erfüllen wollten", sagt Lippert. "Das Elmoto sollte erstens möglichst leicht sein, dann möglichst charmant daher kommen und sich vor allem ohne zusätzlichen Führerschein so einfach wie ein Fahrrad bedienen lassen."

Das Stuttgarter Profi-Tüftler-Team, inzwischen auf ein halbes Dutzend Mitarbeiter angewachsen, hat sein Ziel erreicht: Das Elmoto wiegt fahrbereit gerade einmal 50 Kilogramm. Der Akku wird hinter einer Plastikverschalung versteckt. Und der Prototyp, der zurzeit mit geringen Modifikationen im nahen Balingen in Serie montiert wird, fährt sich flott und leicht wie ein Mountainbike.

Der Lithium-Ionen-Batterieblock liefert bis zu zwei KW. Damit überwindet das Bike problem- und emissionsfrei die Höhenunterschiede, die in Stuttgart gang und gäbe sind. 65 Kilometer weit reicht eine Akku-Ladung bei gedrosseltem Tempo 45 (dem Versicherungskennzeichen und der Fahrerlaubnis L1E geschuldet), dann muss das Elmoto wieder für ein paar Stunden an die Steckdose. Kosten auf hundert Kilometer: je nach Strompreis um die 50 Eurocent.

Stilsicher abfahren zum Bäcker

"Klar ist das Elmoto auf die Ökozielgruppe zugeschnitten", skizziert Lippert sein Marketing-Konzept. "Und Elektro-Flitzer sind für die Fahrt zum Bäcker, die kurzen Wege ins Büro oder fürs Cruisen in die Innenstadt von den Kosten her nun mal erste Wahl." Aber ein Fahrzeug muss, das betont er immer wieder, auch Spaß machen und Emotionen bei den hippen Urbanisten wecken: "Wir wollen der rollende iPod oder der Smart auf zwei Rädern werden für die First Movers und die Väter, die erst zahlen, und sich dann von ihren Jungs das coole Spielzeug leihen."

Cool ist beim Elmoto allemal der Stil- und Komponentenmix: ein leichter Alu-Rahmen, hochwertige Mountainbike-Armaturen, Hydraulikscheiben-Bremsen von Magura, eine Gabel von Marzocchi, Doppel-Ölfederbeine hinten, spezielle Bereifung von Schwalbe - gelabelt werden die Teile in der ausgelieferten Version allerdings allesamt unter der Marke Elmoto. "Also das Beste aus den zwei Welten Mountainbike und Moped, damit kriegen wir die Leute", hofft Lippert.

Lippert und Seme konnten sich im vergangenen Herbst der Nachfragen von kaufwilligen Interessenten und potentiellen Investoren kaum erwehren. Mit der Finanzkrise hat sich der Wind gedreht. "Die Taschen sind wie zugenäht", sagt Lippert. "Keiner will zurzeit ins Risiko gehen." So steckt inzwischen fast ausschließlich privates Geld der Firmengründer im Elmoto. Seme gibt zu Protokoll, dass sie bis dato "der Gegenwert von drei netten Einfamilienhäusern" versenkt hätten. Die Schlaglöcher auf der Finanzierungsstrecke, die das Elmoto bisher zurückgelegte, haben auch die Auslieferung verzögert. Geplant war der März, inzwischen ist Ende Juni aktuell. "Wir ziehen das jetzt durch", gibt Seme fast trotzig zu Protokoll. "Dieses Jahr wollen wir noch hundert Stück verkaufen, 2010 soll es eine vierstellige Zahl werden."

Damit das klappt, wollen Lippert und Seme beim Verkauf einen besonderen Weg einschlagen: über den Fahrradhandel. "Das Elmoto ist das logische Aufsteigermodell im Fahrradladen, wo für ein handgefertigtes Rad schon 3000 bis 4000 Euro auf den Tisch gelegt werden", sagt er.

Zudem sei man mit diesem Vertriebskanal näher in der Innenstadt - wo das Elmoto für Furore sorgen soll. Klar wolle man auch Motorradhändler beliefern, die in der Regel aber weit ab vom Schuss im Industriegebiet sitzen: "Und wenn man ehrlich ist - der hart gesottene Motorradkunde, für den ist das Elmoto im besten Fall eine Zweitfahrzeug."

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