
Elektroauto Mia L Playmobil für Große
Wann haben Sie zuletzt mit einem Plastikauto gespielt? Wahrscheinlich ist das schon geraume Zeit her. Aber wenn es nach dem ehemaligen VW-Designchef Murat Günak geht, dann werden sich bald auch Erwachsene wieder mit einer Art Playmobil beschäftigen - allerdings ein paar Nummern größer. Mia heißt das Auto, das Günak jetzt betreut. Es handelt sich um einen ebenso winzigen wie witzigen Elektro-Wagen, der zum Jahresende in den Handel kommen soll. 19.500 Euro soll das Basismodell kosten und damit zum ersten Mal Elektromobilität für eine größere Kundengruppe erreichbar machen. Immerhin ist das Auto kaum mehr als halb so teuer wie ein Mitsubishi i-Miev, der nicht viel größer ist und nur geringfügig bessere Fahrleistungen bietet.
Mit einem Playmobil-Auto hat das Modell Mia nicht nur die rostfreie, unverwüstliche und leichte Kunststoff-Karosserie gemein, die hier freilich über einen stabilen Rahmen aus Stahl gespannt ist. Sondern es ist vor allem das schlichte und gerade Spielzeugdesign, das einem aus jeder Perspektive ein Lächeln ins Gesicht zaubert: Schon die stilisierte Blüte als Markenlogo, die sich auch an den Türöffnern und an der Fernbedienung wiederfindet, weckt Sympathie. Dazu ist das gesamte Design frei von jeder Aggression und allem Statusdenken: Mia ist nett, aber nicht niedlich. Das Fahrzeug schaut mit Glubschaugenscheinwerfern auf die Straße und macht sich mit 2,87 Metern Länge und 1,64 Metern Breite so klein, dass es fast in jede Parklücke passt. Zumal der Wagen mit einem Wendekreis von 8,50 Metern ziemlich handlich ausfällt.
Obwohl deutlich kürzer als ein Mini oder ein VW Fox, ist der Mia innen recht geräumig - vor allem in der gestreckten L-Version. Die kostet 24.500 Euro und damit 1000 Euro mehr als das etwas besser ausgestattete Grundmodell. Dafür wächst die Länge auf 3,19 Meter und drinnen haben zwei von drei Hinterbänklern mehr Beinfreiheit als in einer S-Klasse von Mercedes. Das liegt an der eigenwilligen Bestuhlung: Weil der Fahrer alleine in der Mitte der ersten Reihe sitzt, kann man links und rechts hinter ihm gemütlich lümmeln und wie auf einem Logenplatz die Beine ausstrecken. Der hintere Mittelsitz dagegen taugt höchstens für ein Kleinkind, ist dafür aber besonders sicher, wie die Entwickler betonen.
Die ungewöhnliche Fahrerposition schafft reichlich Freiraum
Ähnlich viel Freiraum wie die Fondpassagiere genießt man als Fahrer. Zwar muss man beim Einsteigen erst einmal über die verkleideten Streben im Wagenboden klettern und die Füße in den engen Schacht unter dem Lenkrad fädeln, doch wenn man erst einmal sitzt, gibt es Platz ohne Ende. Wo man in anderen Kleinwagen schnell auf Tuchfühlung mit dem Beifahrer oder der Seitenscheibe gerät, muss man hier fast die Arme ausstrecken, wenn man die Schiebefenster öffnen will.
Dazu gibt es ein schlichtes, übersichtliches Cockpit, ganz wenige, allesamt selbsterklärende Schalter und ein Ambiente, das bei den Serienmodellen etwas hochwertiger und farbenfroher werden soll, als bei dem noch etwas tristen Prototypen, mit dem wir auf Testfahrt waren. Die Sicht ist nach vorn und zur Seite prima, nur nach hinten miserabel. "Dafür gibt es ja zwei Außenspiegel", sagt Verkaufsleiter Carsten Leichsenring.
Wie das Sitzkonzept ist auch die Art des Zustiegs neu. Statt raumgreifenden Klapp- gibt es Schiebetüren, die zudem mit großen Aussparungen im Boden und im Dach kombiniert sind. "Das spart nicht nur Platz in engen Parklücken. Man steht auch beim Ein- und Aussteigen eher im als vor dem Auto", sagt Leichsenring. Praktisches Detail: Weil der Fahrer in der Mitte sitzt, kann er wahlweise rechts oder links aussteigen.
Ein 24-PS-Elektromotor sorgt für moderates Vorwärtskommen
Bei so vielen frischen Ideen gerät der Antrieb fast in Vergessenheit. Und er ist tatsächlich auch nicht die starke Seite des Mia. Zwar fährt der Wagen elektrisch und damit auf der Höhe der Zeit. Aber mit seinen 24 PS liefert er einfach zu wenig Temperament, um Fahrspaß aufkommen zu lassen. Obwohl lediglich zwischen 700 und 800 Kilo schwer, kommt das Plastikmobil eher mühsam in Fahrt und lässt den Sportsgeist vieler anderen E-Autos vermissen. Was die Höchstgeschwindigkeit betrifft (110 Km/h), kann der Kleine mit seine Klasse zumindest mithalten. Aber so schnell will man mit dem Mia ohnehin nicht so gerne fahren.
Dafür reicht der Lithium-Eisen-Phosphat-Akku mit 8 kWh im Wagenboden für 80 bis 90 Kilometer Fahrstrecke. Wer weiter fahren möchte, drückt die Eco-Taste, klemmt damit Nebenverbraucher wie Radio oder Lüftung ab und limitiert das Tempo auf 60 km/h. Oder man zahlt 4300 Euro Aufpreis für eine 12 kWh-Batterie, die den Aktionsradius auf 120 bis 130 Kilometer ausdehnt. Danach muss das E-Mobil allerdings an die Steckdose, je nach Akku-Größe zwischen drei und fünf Stunden.
Für Günak ist der Mia nicht das erste Elektroauto seit dem Abschied von VW. Vor einigen Jahren sorgte er bereits mit dem Schweizer Projekt Mindset für Furore, doch in Fahrt kam das ambitionierte Auto nie so recht. Diesmal ist der Designer ungleich zuversichtlicher. Mit Partnern wie dem Pharmaunternehmer Edwin Kohl und dem Essener Energieberater Conenergy gibt es Kapital und Know-how, und seit der Übernahme der Elektroautosparte des französischen Karosseriebauers Heuliez ist auch die Produktion gesichert. Derzeit laufen in Cerizay im Westen Frankreichs die letzten Vorbereitungen, damit dort künftig bis zu 10.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band laufen können. Was Günak besonders optimistisch stimmt, ist das Echo auf den Wagen: In Deutschland sind schon ein paar hundert Mia-Modelle verkauft.