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Fahrbericht Porsche Panamera S E-Hybrid: Jetzt mal ganz sachte

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Fahrbericht Porsche Panamera S E-Hybrid Die Gasbremse

Zu diesem Auto wurde Porsche regelrecht verdonnert: Der Panamera S E-Hybrid ist eine 416-PS-Limousine - mit einer ausgeklügelten Spritspartechnik, die zu Schleichfahrten animiert.

Einen Augenblick lang sucht man rechts neben dem Lenkrad vergeblich nach dem Zündschloss, dann fällt es einem wieder ein: In einem Porsche sitzt der Starter ja traditionell links. Beim Panamera S E-Hybrid wird da keine Ausnahme gemacht. Geräuschfrei rollt die Limousine los - keine Überraschung bei einem Auto, das neben einem Verbrennungsmotor noch einen Elektroantrieb hat. Aber dann kommt der Moment, in dem man daran zweifelt, ob dieser Panamera wirklich ein Porsche ist.

Man gleitet also im dichten Verkehr auf der Autobahn elektrisch dahin, da tut sich die linke Spur auf. Der Panamera hat 416 PS. An die will man jetzt ran und senkt den rechten Fuß. Und dann ist da plötzlich dieser Widerstand. Ganz kurz nur, aber deutlich spürbar: Das Gaspedal stemmt sich gegen die Sohle. Ein Appell der Technik, doch bitte noch mal die Konsequenzen zu überdenken. Wenn du jetzt durchdrückst, signalisiert der Wagen, springt der Verbrennungsmotor an. Und dann verbrauchst du Kraftstoff. Überleg's dir also lieber noch mal.

Eine Ermahnung zum Spritsparen in einem Porsche? Dürfen die das?

Die Antwort lautet: Sie müssen. Denn der Panamera S E-Hybrid mag zwar am Porsche-Stammsitz in Zuffenhausen entwickelt worden sein - entscheidend geprägt haben ihn aber vor allem Bestimmungen aus Brüssel. Dort sitzt die EU-Kommission, und die haben den Autoherstellern im vergangenen Jahr strengere Auflagen für den Ausstoß von Abgasen gemacht. Um die zukünftigen Grenzwerte der Kohlendioxid-Emission zu erfüllen, ohne dabei den Markenkern zu verraten, musste sich auch Porsche was einfallen lassen.

Das Ergebnis lässt sich vereinfacht so zusammenfassen: Ein Sechszylinder mit drei Liter Hubraum, das ist der Spirit of Zuffenhausen - und das zögerliche Gaspedal ist made in Brüssel. Wobei der 333-PS-Verbrennungsmotor nicht mal von Porsche selbst stammt, sondern von Audi.

Dieser Porsche entschleunigt

Eine Fahrt in der Limousine hat trotzdem ihren ganz eigenen Charme. Und das fängt schon vor dem Einsteigen an. Betrachtet man den Panamera, kommt einem ein Buckelwal in den Sinn: Der sieht auch nicht gerade schön aus, beeindruckt aber durch schiere Größe. So ist es auch bei diesem Porsche. Fünf Meter lang, zwei Meter breit, zwei Tonnen schwer - zu Repräsentationszwecken ist der Wagen wie geschaffen. Unser Testwagen war weiß, seine Bremssättel giftgrün. Wegschauen ging nicht.

Während man sich an das Design des Panamera allerdings schnell gewöhnt hat, ist das Losfahren auch nach dem zehnten Mal verblüffend. Vorausgesetzt, der E-Hybrid hing lang genug an der Steckdose und die Batterie ist ausreichend aufgeladen, setzt er sich im sogenannten E-Modus völlig lautlos in Bewegung. Das funktioniert so gut, dass es zu peinlichen Situationen führen kann: Zum Beispiel, wenn der Nachbar die Einfahrt zum Parkplatz blockiert und sich seltsam lange Zeit lässt, um ein paar Schritte zur Seite zu gehen - nur um anschließend entschuldigend zu sagen: "Der Wagen ist so leise - ich dachte, Sie hätten den Motor abgewürgt."

Der E-Betrieb beschränkt sich aber nicht nur auf Schrittgeschwindigkeiten. Bis auf mehr als 130 km/h lässt sich der E-Hybrid allein durch den 70-kw-Elektromotor beschleunigen. Die maximale Reichweite von 36 Kilometern aus reiner Stromkraft ist dann allerdings utopisch. Mit etwas Disziplin sind rund 30 Kilometer ohne Hilfe des Verbrenners aber durchaus drin.

Und das ist vielleicht die größte Leistung der Ingenieure aus Zuffenhausen: Dass sie es geschafft haben, einen Porsche zu bauen, bei dem man nicht ständig das Versprechen der 416 PS einfordert. Man ertappt sich stattdessen dabei, wie man bereitwillig dem widerspenstigen Gaspedal nachgibt. Beinahe verrückt - der Drehzahlmesser in diesem Porsche ist dann am faszinierendsten, wenn sich die Nadel nicht regt.

Die dunkle Seite der Macht

Ebenfalls verrückt: In einem Text über einen Porsche ernsthaft die Verbrauchswerte zu betrachten. Aber allein um die geht es im Grunde beim Panamera S E-Hybrid.

Mit vollgeladener Batterie benötigt er bestenfalls etwas mehr als 5,5 Liter Super, mit leerem Akku ungefähr das Doppelte. Das sind jedoch nicht die Zahlen, auf die es wirklich ankommt. Die Kundschaft wird weiterhin wenig daran interessiert sein, wie viel Kraftstoff der Wagen rausbläst - wer sich ein Auto für rund 110.000 Euro leistet, wird auch noch das nötige Geld für die Spritrechnung aufbringen; und wer in diesem Fahrzeugsegment den überzeugten Öko geben will, kauft sich einen Tesla.

Viel wichtiger sind stattdessen die 3,1 Liter (71 Gramm CO2 pro Kilometer), die der E-Hybrid laut Normzyklus verbraucht. Der Clou: Bei Hybridautos ist der im sogenannten NEFZ-Verfahren ermittelte Verbrauch noch realitätsferner als bei Benzinern oder Dieselautos. Sie profitieren davon, dass das Testverfahren zweimal durchgespielt wird - einmal unter der Annahme, dass die Strecke rein elektrisch und damit komplett emissionsfrei bewältigt wird, und einmal nur mit dem Verbrennermotor. Der dabei gemessene Ausstoß wird anschließend mit null CO2-Emission verrechnet. Das Ergebnis ist ein Fantasiewert.

Die Käufer werden sich im Panamera E-Hybrid trotzdem der Herausforderung stellen, so viele Kilometer wie möglich elektrisch zurückzulegen. Und wenn der Widerstand des Gaspedals ihnen auf den Keks geht, werden sie ihn einfach durchbrechen und die dunkle Seite der Macht (die erfahrungsgemäß immer die reizvollere ist) kennenlernen: Denn bei Vollgas wirkt der Hybridantrieb als zusätzliche Beschleunigung.

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