Ford Kuga Geländewagen auf Kölsch

Es geht doch: Ford hat sich nach mehreren verlorenen Jahren erfolgreich aus dem Schlamassel gezogen. Jetzt hat der Hersteller sogar wieder Zeit für Nischenmodelle wie den Kuga. Eine Ausfahrt im ersten Geländewagen aus Köln zeigt: Das Warten hat sich gelohnt.

Es war bisweilen ziemlich stressig, doch es musste sein: In nur zwei Jahren hat Ford in Europa beinahe die gesamte Modellpalette ausgetauscht und acht neue Autos vorgestellt. "Statt früher 5,4 beträgt das Durchschnittsalter der Flotte in den Autohäusern jetzt 2,9 Jahre. Eine jüngere Palette gibt es sonst nirgends in Europa", behauptet Marketing- und Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann. Statt Schulden wie in den USA macht Ford hierzulande wieder Gewinne, der Marktanteil wächst. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten lagen die Kölner in der Europa-Wertung im März 2008 sogar wieder vor dem Erzrivalen VW.

Gründe für den Erfolg sind eine frischere Designsprache, besserer Qualität und spürbare Fortschritte beider Technik. Der Tenor in Köln: Endlich sind wir nicht mehr beliebig. Kein Auto dokumentiert das besser als der neue Kuga, mit dem Ford ab Juni zu Preisen ab 26.500 Euro reichlich spät auf den Trend zum kompakten Geländewagen reagiert.

Das Warten aber war nicht umsonst. Der Kuga gibt den Charakterdarsteller unter den Kompakt-SUVs, er ist längst nicht so langweilig wie der VW Tiguan und keineswegs so unharmonisch zusammengeschustert wie der Opel Antara. Wo die Konkurrenten den leisen Auftritt suchen, hat Ford-Stylingchef Martin Smith das so genannte Kinetic Design weiter geschärft und dem Kuga ein unverwechselbares Aussehen gegeben.

Flankiert von Scheinwerfern so groß wie Straßenlaternen saugt der kölsche Jung durch gleich zwei Kühlergrills Luft ein. Die Flanke mit weit ausgestellten Radläufen und einer markanten Sicke ist muskulös wie bei einem Sportwagen, und die Silhouette sucht beinahe die Nähe zum Coupé. Obwohl der Köln entworfene und in Saarlouis gebaute Kuga das deutscheste aller aktuellen Ford-Modelle ist, habe er nichts Teutonisches, sagt Stackmann.

Die Eigenständigkeit spiegelt sich auch im Innenraum wieder, wo die Verwandtschaft zu den Modellen Focus und C-Max allerdings deutlicher wird. Bei der Materialauswahl haben die Entwickler noch einmal zugelegt, feinere Kunststoffe und schöne Oberflächen ausgewählt und einige farbliche Experimenten bis hinein ins Gurtschloss gewagt. Zudem gibt es erstmals eine 220-Volt-Steckdose sowie auf Wunsch ein Navigationssystem inklusive mit Rückfahrkamera.

Dennoch:Ganz so solide wie der VW Tiguan wirkt der 4,44 Meter lange und 1,68 Meter hohe Kuga nicht - aber dafür eben auch nicht so verstaubt. Zur Steigerung des aufgrund von 2,69 Metern Radstand ohnehin schon ordentlichen Raumgefühls gibt es auf Wunsch ein Panorama-Dach, für gute Übersicht sorgt die hohe Sitzposition und für den höheren Alltagsnutzen eine besonders breite Klappe als Zugang zum 410 Liter großen Kofferraum. Das Heckfenster kann übrigens auch separat geöffnet werden.

Im Gelände muss man einstecken können

So sportlich wie er aussieht, fährt er auch. Vor allem ausgelegt auf Landstraßen und Autobahnen ist der Geländewagen trotz seines höheren Schwerpunkts und des größeren Gewichts beinahe so handlich und berechenbar wie der Kompaktwagen Focus. Stramm aber trotzdem komfortabel abgestimmt, lässt er sich mit dem kleinen Finger durch Kurven zirkeln als wäre er ein kompaktes Coupé. Die Quittung dafür bekommt man allerdings bei den seltenen Ausflügen ins Gelände, wo Bodenwellen recht hart durchschlagen und man manchen Stein direkt im Steiß spürt.

Dass es für den Kuga vorerst nur eine einzigen Motorisierung gibt, wundert einen nur bis zur ersten Fahrt. Danach hat sich die Frage nach einer Alternative erübrigt. Denn der Diesel ist in diesem Segment nicht nur das meistgefragte Aggregat, er passt auch ideal zum Charakter des Fahrzeug. Ungewöhnlich leise und kultiviert macht der 136 PS starke Zweiliter dem Kuga mit 320 Nm gewaltig Dampf. Zwar reichen knappe elf Sekunden für den Standardsprint auf Tempo100 und eine Spitzengeschwindigkeit knapp über 180 nicht für ein Sportabzeichen.

Doch reagiert der Motor sehr spontan, hängt gut am Gas und harmoniert perfekt mit der Sechsgangschaltung. Und ein Verbrauch von 6,4 Litern macht den Kuga zum sparsamsten Allradler in diesem Segment. "Dieses Auto kann man auch ohne schlechtes Gewissen genießen", sagt Stackmann. Trotzdem wird es bis Ende des Jahres auch einen Benzinmotor geben. Dafür übernimmt Ford den 2,5 Liter großen Turbo aus dem Focus ST, der im Kuga auf 200 PS taxiert wird.

Das Gefühl der Unverwundbarkeit im SUV

Zum Erfolgrezept für die kleinen Geländewagen, die in Deutschland im letzten Jahr um 17 Prozent zugelegt haben und 2008 noch einmal 35 Prozent Plus machen sollen, zählt für Stackmann neben der hohen Sitzposition und dem Gefühl der Unverwundbarkeit auch die Erfüllung eines kleinen Traumes, der in jedem von uns stecke.

"Ich könnte, wenn ich wollte", analysiert er die Gefühlswelt verhinderter Weltenbummler, deren Aktionsradius normalerweise schon am ersten Waldweg endet. Damit sie diesen Traum auch im Kuga träumen können, rüsten die Kölner den Wagen für 2000 Euro Aufpreis mit einer so genannten Haldex-Kupplung aus, die den Kuga von Fronttriebler zum Allradler macht. Je nach Untergrund leitet sie bis zu 50 Prozent der Kraft an die Hinterachse und garantiert so sorgenfreie Fahrt auf verscheiten Landstraßen, schlammigen Feldwegen und der Wiese hinterm Ponyhof.

Zwar werde es wohl auch ein paar Auf- und Umsteiger aus hauseigenen Modellen geben, sagt Stackmann. Doch 60 Prozent der Kuga-Kunden wolle man von anderen Marken gewinnen. Schließlich sei die Welt voll von gelangweilten SUV-Besitzern, die jahrelang japanische Fabrikate fahren mussten. Den spitz kalkulierten Preis hält der Vertriebsexperte dabei für eine Nebensache. Wichtiger seien die neue Identität der Marke, die Fahrdynamik und das Design "Den Kuga kauft man nicht, weil er wenig kostet. Sondern den kauft man, weil er einfach eine scharfe Kiste ist."

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