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Peugeot 208: Die neue Nummer kleiner

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Peugeot 208 Französische Revolution?

Peugeot ist momentan ein Problemfall. Der Gewinn sackt ab, die Marktanteile schmelzen dahin und die neue Liaison mit General Motors entfacht auch nicht gerade Euphorie. Ein neues Auto braucht die Marke, einen Bestseller wie ehedem der 205. Voilà, hier kommt der 208.

Kleine Autos, an die sich große Hoffnungen knüpfen, haben bei Peugeot Tradition. Als die Marke vor fast 30 Jahren den 205 lancierte, galt sie schon fast als erledigt. Doch der Typ schlug ein wie eine Bombe, wurde zum Inbegriff des modernen Kleinwagens und verkaufte sich mehr als fünf Millionen Mal. Von Pleite war angesichts dieses Erfolgs keine Rede mehr.

Im Prinzip muss sich dieses Wunder nun wiederholen. Denn auch wenn derzeit noch niemand von Pleite redet, in einer Krise steckt Peugeot ganz gewiss. Der Gewinn ist eingebrochen, die Marktanteile bröckeln und die Führungsrolle unter Europas Kleinwagen hat das bislang aktuelle Modell 207 längst eingebüßt. Das Nachfolgemodell 208 soll es richten, ab 21. April kommt es in den Handel. "Dieses Auto markiert für unsere Marke einen Wendepunkt", sagt Thomas Bauch, Peugeot-Chef in Deutschland. Der Neue soll die Kleinwagenverkäufe der französischen Marke von zuletzt rund 30.000 auf rund 40.000 in diesem Jahr katapultieren.

Der Wagen hat durchaus Heilsbringer-Potential. Erstens sieht er wirklich neu und frisch aus, und zweitens, das ist viel wichtiger, haben die Entwickler mit fast allen branchentypischen Regeln gebrochen, die normalerweise beim Generationenwechsel einer Pkw-Baureihe gelten. Zum Beispiel mit der Regel, dass das neue Modell immer einen Tick größer sein muss als das bisherige - der 208 schrumpfte gegenüber dem 207 um sieben Zentimeter. Auch das Gewicht sank. Je nach Variante wiegt der 208 zwischen 110 und 173 Kilogramm weniger als das Vorgängermodell. In einer Branche, in der man sonst um ein paar wenige Gramm ringt, sind das Welten.

Gegen den Trend agiert Peugeot auch bei der Positionierung des neuen Autos. Während alle anderen Kleinwagen-Hersteller versuchen, Männer zu umgarnen und daher abrücken von Soft-Image und Kindchenschema, will Peugeot explizit die Damenwelt erreichen. Das Modell 206 schaffte ehedem eine Frauenquote von 69 Prozent, zuletzt waren es beim Typ 207 nur noch 51 Prozent. Der Neue soll daher wieder ein Frauenauto werden.

Woran man sich gewöhnen muss, ist das niedrig platzierte Lenkrad

Als Fahrer spürt man die durchaus gravierenden Veränderungen jedoch kaum. Dass der Wagen kürzer geworden ist, fällt allenfalls beim Rangieren auf dem Parkplatz auf. Dass er abgespeckt hat, erfährt man eventuell in wirklich schnellen Kurven - und an der Tankstelle. Und dass er dank schlankerer Sitzlehnen fünf Zentimeter mehr Kniefreiheit im Fond und dazu noch 15 Liter mehr Fassungsvermögen für Gepäck bietet, liest man zwar im Datenblatt zum Wagen, doch im Auto kriegt man das kaum mit.

Was man jedoch sofort bemerkt, ist das neue Layout des Cockpits. Das Lenkrad ist erkennbar kleiner geworden und so weit nach unten gerückt, dass man jetzt nicht mehr durch, sondern über den Lenkradkranz hinweg auf die Ziffernblätter blickt. Diese Anordnung soll ein teures Head-Up-Display überflüssig machen und das Interieur zudem sportlicher wirken lassen. Daran muss man sich erst gewöhnen: Zunächst ist man versucht, den Sitz tiefer einzustellen. Doch je länger man unterwegs ist, desto angenehmer wird die Position. Und mit dem kleinen Volant fast zwischen den Knien wirkt das Auto tatsächlich handlicher als es eigentlich ist - man fühlt sich erinnert an Autoscooter auf dem Rummelplatz.

Acht Motorisierungen - und es werden noch mehr

Schon zum Verkaufsstart bietet Peugeot eine ungewöhnlich breite Auswahl an Motorisierungen an - und da ist der angekündigte GTI mit etwa 200 PS noch gar nicht mitgerechnet. Es stehen also fünf Benziner und drei Dieselvarianten zur Wahl, die ein Leistungsspektrum von 68 bis 156 PS abdecken; der kleinste Diesel ist mit 3,4 Liter je 100 Kilometer zufrieden.

Der Stolz der Ingenieure jedoch ist der neue Dreizylinder-Benziner, den es mit 1,0 oder 1,2 Liter Hubraum gibt. Die schwächere Variante verbraucht 4,3 Liter je 100 Kilometer. Zudem ist die Maschine um 25 Kilo leichter und hat 30 Prozent weniger innere Reibung als ein vergleichbarer Vierzylinder.

Wir waren mit 1,2-Liter-Dreizylinder unterwegs und haben ihn als durchaus munteren Gesellen erlebt, der jedoch - typisch Dreizylinder - ziemlich rau rasselt. Wer die Drehzahl hoch und den Gasfuß flach hält, der kommt flott voran, Sportlichkeit sollte man jedoch angesichts von 82 PS und 118 Nm nicht erwarten. Das Beschleunigen aus dem Stand auf Tempo 100 dauert 12,2 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 175 km/h. Wem das nicht reicht, für den gibt es auch einen Benziner mit 156 PS und 240 Nm, der in 7,5 Sekunden auf 100 km/h sprintet und 215 km/h schnell wird.

Im Labyrinth des Bedienmenüs

So mutig und modern der 208 konzipiert ist, ein paar Schwachstellen gibt es doch. Dass den meisten Benzinern der sechste Gang fehlt und allen eine Start-Stopp-Automatik, wirkt knickerig, ebenso die dünne Auswahl an Assistenz- und Komfortsystemen. Und auch die Materialauswahl ist nur auf den ersten Blick hübsch und phantasievoll; wer genau schaut und fühlt merkt schnell, dass billiger Allerweltskunststoff zum Einsatz kommt. Am meisten nervt der große Touchscreen in der Armaturentafel. Mag sein, dass der Bildschirm viele einzelne Knöpfe überflüssig macht und zahlreiche Geräte bündelt. Und als Plattform für Apps wie einen Benzinpreis-Vergleich oder eine Parkhaus-Suche ist er sicher auch geeignet. Doch dass die Zieleingabe fürs Navigationssystem während der Fahrt blockiert ist, stört ebenso wie die verschachtelten Menüs und die bockige Bedienoberfläche, die längst nicht auf jeden Fingerzeig reagiert.

Vermutlich werden diese Details dem Erfolg des 208 nicht schaden. Denn, und das ist wesentlich im Segment der Kleinwagen, auch die Peugeot-Kaufleute haben umgedacht. Wie das Auto ist nämlich auch dessen Preis geschrumpft. Das billigste Modell (es wird ab Herbst angeboten), werde 11.600 Euro kosten, sagt Bauch - das sind 700 Euro weniger als zuletzt. Bei den Dieseltypen ist der Unterschied noch größer, die neuen Preise liegen beinahe 2000 Euro unter denen des Vorgängermodells. Diesem Argument lässt sich in der Kleinwagenklasse kaum was entgegen setzen.

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