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Autogramm Infiniti Q50: Nobody in Nadelstreifen

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Autogramm Infiniti Q50 Infiniwie?

In Deutschland ist die Nissan-Edel-Tochtermarke Infiniti weitgehend unbekannt, doch das soll sich ändern. Und die neue Limousine Q50 soll zeigen, wie - auch mit Hilfe von reichlich deutscher Technik.

Der erste Eindruck: Ein bisschen Mazda, etwa Lexus, eine Prise BMW und ein Hauch Maserati - eigenständig sieht der neue Infiniti Q50 nicht gerade aus. Aber in einer Klasse, die von Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse dominiert wird, ist er trotzdem unverwechselbar. Zumal die Designer die verschiedenen Einflüsse so kombiniert haben, dass ein elegantes Auto herausgekommen ist. Gut gemacht!

Das sagt der Hersteller: Der Q50 steht nach den Worten von Fintan Knight, der das Infiniti-Geschäft in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika leitet, für einen Neuanfang. Auch, weil er eine neue Designlinie vorgibt. "Und die strahlt, anders als bei den deutschen Wettbewerbern, nicht nur Präsenz, sondern auch Persönlichkeit aus." Außerdem soll das Auto eine technologische Offensive einläuten, die vor allem auf Software setzt. "Wir wollen immer einen Schritt weiter denken als viele andere", sagt Knight.

Obwohl erst 1989 gegründet, erfindet sich der Nissan-Ableger gerade neu. Mit dem Umzug nach Hongkong hat sich Infiniti nun auch auch geografisch vom Mutterkonzern abgenabelt. Jetzt soll der Aufschwung folgen: Der weltweite Absatz soll von aktuell 170.000 Autos pro Jahr binnen zehn Jahren auf 500.000 bis 600.000 wachsen.

Das ist uns aufgefallen: Der Q50 ist das weltweit erste Auto mit einer so genannten "by wire"-Lenkung. Sie überträgt den Lenkimpuls nicht mehr mit einer mechanischen, sondern einer elektronischen Verbindung an die Räder. Bei den von Infiniti vorbereiteten Übungen auf einem abgesperrten Gelände kann man die Vorzüge - was für ein Wunder - sofort spüren. Zum Beispiel, wie leicht sich mit ein paar Klicks das Lenkgefühl von ganz soft bis ganz hart variieren lässt. Oder wie gut die Elektronik Stöße und Vibrationen ausfiltert, so dass man selbst die übelste Rüttelstrecke schnurgerade hinter sich bringt.

Doch im echten Autoleben verschwimmen die Unterschiede - obwohl sich sogar Formel-1-Pilot Sebastian Vettel eigens einen Tag Zeit genommen hat, um das System abzustimmen. Wenn es wirklich drauf ankommt, fühlt man sich am Steuer jedenfalls von der Straße beinahe entkoppelt: Bei aggressiver Kurvenfahrt wirkt die Lenkung etwas synthetisch, und wenn sie beim unbeabsichtigten Spurwechsel korrigierend eingreift, dann viel zu soft. Da fragt man sich schon, weshalb die Ingenieure 15 Jahre lang an der Technik entwickelt haben - zumal das System wegen der mechanischen Rückfallebene und der dreifachen Elektronik-Absicherung auch noch schwerer und teurer ist als eine konventionelle Lenkung.

Das muss man wissen: Ab Mitte November steht der neue Q50 bei den bislang lediglich fünf Infiniti-Händlern in Deutschland, die für die Limousine Preise zwischen 34.350 und 53.856 Euro berechnen werden. Damit kostet der 4,79 Meter lange Wagen bei vergleichbarer Motorisierung etwa 1500 Euro weniger als ein BMW 3er.

Der wichtigste Motor ist ein neuer Vierzylinder-Diesel. Er hat 2,2 Liter Hubraum, kommt auf 170 PS und 400 Nm, schafft 230 km/h und verbraucht im Mittel 4,8 Liter. Damit liegt er auf einem Niveau mit der deutschen Konkurrenz. Kein Wunder - schließlich hat Infiniti den Selbstzünder im Verbund mit der siebenstufigen Automatik bei Mercedes eingekauft und nahezu unverändert im Q50 installiert. Und so hat das Auto einen gleich starken Antritt wie die C-Klasse, bewegt sich beim Überholen elastisch und hat auf der Autobahn einen langen Atem. Aber genau wie in der C-Klasse ist der Motor auch im Q50 sehr präsent: Sobald er auch nur ein bisschen schuften muss, knurrt es wütend aus dem Vorderwagen.

Alternativ gibt es den Q50 ab 52.356 Euro auch mit Hybridantrieb, dann auf Wunsch sogar mit Allradantrieb (plus 2500 Euro). Dafür kombiniert Infiniti einen 3,5 Liter großen V6-Motor und eine E-Maschine, die mit zwei Kupplungen in den Triebstrang integriert ist und so schnell einspringt, dass die Technik zurecht den Beinamen "Direct Response" trägt. Mit insgesamt 364 PS hat der Q50 Hybrid einen gewaltigen Punch. Das Auto beschleunigt in 5,1 Sekunden von 0 auf 100 und hat mit dem Limit von 250 km/h keine Mühe. Der Durchschnittsverbrauch beträgt 6,2 Liter - und bei betont sanftem Gaseinsatz fährt der Wagen ein paar hundert Meter rein elektrisch.

Das werden wir nicht vergessen: Das Cockpit mit gleich zwei ganz unterschiedlichen Touchscreens und die Liebe zum Detail, die Infiniti bei der Inneneinrichtung an den Tag legt. Der Drehknopf auf dem Mitteltunnel sieht aus wie das Zahlenschloss eines Tresors, der untere Bildschirm kann es mit jedem iPhone aufnehmen, die Grafik zwischen den Instrumenten erinnert an ein Computerspiel, und die Zierringe um Tacho und Drehzahlmesser gingen auch als Lunette einer Luxusuhr durch. Dazu gibt's jede Menge Klavierlack, mattiertes Chrom und Riffelblech.

Jedes Detail für sich genommen sieht gut aus, in Summe jedoch ist es einfach zuviel. Der Anspruch, es möglichst jedem recht zu machen, gipfelt in der Elektronik. Bei keinem anderen Auto, prahlen die Japaner, könne man so viele individuelle Einstellungen vornehmen: 96 Einstellmöglichkeiten für zehn Funktionen von der Lenkung bis zur Bildschirmanzeige gibt es. Ob die je ein Kunde nutzen wird, ist fraglich. Selbst der Produktmanager geriet bei der Aufzählung der Grundfunktionen schon nach der Hälfte ins Stocken.

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