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Fahrbericht Jaguar F-Pace: Gut zu fahren, schlecht zu bedienen

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Fahrbericht Jaguar F-Pace Bedienung!

Von einem Auto aus Großbritannien darf man Schrulligkeiten erwarten. Der Jaguar F-Pace hat einige davon - leider an den völlig falschen Stellen.

Über Autos aus England mag man spotten, aber - my gosh! - was hat Jaguar schon für schöne Fahrzeuge gebaut! Zum Beispiel die lässige Eleganz eines XJ 40 in British Racing Green. Daneben wirken 5er-BMW und Mercedes S-Klasse piefig. Leider sind die Formen der Jaguar-Limousinen zuletzt etwas beliebig geworden. Und damit sind wir auch schon beim ersten SUV der Marke, dem F-Pace.

Um es mal so zu sagen: Ein Jaguar S-Type war in Sachen Autodesign noch ein großer Wurf. Der F-Pace? Ist nur ein Großer.

Für einen SUV sieht er vergleichsweise gut aus, aber hier liegt die Messlatte nun mal niedrig. An Beispielen wie dem Audi Q5 oder dem Porsche Macan lassen sich die verzweifelten Versuche der Hersteller ablesen, einen coolen Geländewagen zu formen. Oder um es mit den Worten eines britischen Autofans zu sagen: "Es ist einfach, einen hässlichen SUV zu bauen."

Das führt zu der Frage, ob es überhaupt nötig war, dass Jaguar jetzt auch einen SUV baut. Die einfache Antwort: It's the economy, stupid! Warum sollten Unternehmen ihren Kunden vorenthalten, was diese haben wollen? Solche theoretischen Diskussionen bringen einen Fahrbericht sowieso nicht weiter, schauen wir also lieber, was der Wagen in der Praxis zu bieten hat. Da wird es dann kompliziert.

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Fahrbericht Jaguar F-Pace: Gut zu fahren, schlecht zu bedienen

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Beim F-Pace ist es nämlich so: Der Wagen mag für traditionspflichtige Jaguar-Snobs auf den ersten Blick ein Sündenfall sein - in Wahrheit bietet er aber genau das, was Liebhaber englischer Fahrzeuge angeblich so sehr schätzen: Schrulligkeit. Allerdings nicht von der liebenswerten Sorte, sondern von der nervigen.

Wo war doch gleich der Fensterheber?

Um im F-Pace die Fenster zu öffnen, muss man zum Beispiel erst einmal die Schalter suchen. In der Mittelkonsole wird man sie nicht finden, auch nicht beim Türgriff, dort sind Tasten für die Memoryfunktion der Sitzeinstellung untergebracht. Stattdessen sind sie auf dem Fensterrahmen versteckt, der ziemlich hoch liegt. Will man die Knöpfe drücken, muss man also umständlich nach oben greifen. Die hohe Seitenlinie führt außerdem dazu, dass man sich im Parkhaus fast den Arm bricht, um bei der Einfahrt ein Ticket zu ziehen.

Das klingt zunächst mal nach Luxusproblemen. Aber durch den hohen Türrahmen fühlt man sich gleichzeitig auch eingeengt und hat - wie überhaupt nach allen Richtungen - keine gute Übersicht auf die Straße. Und die Platzierung der Fensterhebertasten ist nur eines von vielen Beispielen, wie sehr es dem F-Pace an Bedienkomfort mangelt.

Das Armaturenbrett ist zwar fast frei von Knöpfen - aber diese wurden einfach auf dem Lenkrad verteilt. Mehr als ein Dutzend davon gibt es im Volant-Kranz. Sich in diesem Wirrwarr zurechtzufinden, ist schier unmöglich.

Stürzt sich das Wappentier hier vor Wut auf die Knöpfe?

Stürzt sich das Wappentier hier vor Wut auf die Knöpfe?

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Leider wirkt auch das große Display im Armaturenbrett nur auf den ersten Blick übersichtlich. Zwar werden alle Infotainmentfunktionen in großen bunten Kacheln aufgereiht, doch je tiefer man in die Menüs vordringt, desto mehr gleichen sie einem Labyrinth. Schlimmstes Beispiel: Um die Zielführung des Navigationssystems zu starten, kann man die richtige Taste nur erraten.

Platz ist genug da - und Power auch

Die Zumutung bei der Bedienführung ist auch deshalb so enttäuschend, weil sie den eigentlich soliden Auftritt des F-Pace vermiest. Denn Technik und Platzangebot sind bei dem SUV im Grunde überzeugend: Der V6-Dieselmotor mit 300 PS hat mit den rund zwei Tonnen Fahrzeuggewicht erwartungsgemäß kein Problem. Allerdings klingt er dabei zuweilen etwas aufdringlich brummig.

Kurven schafft der F-Pace schaukelfrei. Das ist nicht bei jedem Auto dieser Bauart so, trotzdem will auch in diesem SUV keine Begeisterung beim Fahren aufkommen: Die hohe Sitzposition ist zwar angenehm und der Nachwuchs ohne tiefe Verbeugungen auf dem Kindersitz verstaut - aber diese Vorteile sind mit einer knackigen Straßenlage einfach nicht zu vereinen. Spritzig ist anders.

Die vom Hersteller angegebenen 6,0 Liter Verbrauch auf hundert Kilometer sind natürlich illusorisch - der von uns gefahrene Durchschnittswert von 8,5 Litern kann sich für ein Auto dieser Größe und Motorisierung trotzdem sehen lassen. Was ebenfalls für die Alltagstauglichkeit spricht: Das Kofferraumvolumen und die Beinfreiheit auf der Rückbank sind so gut, wie man es von einem knapp 4,70 Meter langen Auto erwarten darf.

Und es gibt nicht nur nervige Schrullen: Der F-Pace hat etwas zu bieten, das ungefähr die Ausmaße einer großen runden Pastillendose hat und automatisch auf der Mittelkonsole hochfährt, sobald man den Wagen startet: den Drehregler für die Gangwahl. Kennt man schon seit Längerem von Jaguar, wirkt aber immer wieder herrlich umständlich.

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Unser Testwagen war mit vielen Extras ausgestattet; die Sonne schien durch ein verglastes Dach, außerdem regelte das Auto dank Sensoren automatisch die Geschwindigkeit und gleichzeitig den Abstand zum Vordermann. Sinnlos, die Liste der Sonderausstattungen ganz aufzuführen - machen wir es lieber kurz: Inklusive der rund 66.000 Euro Grundkosten standen unterm Strich rund 88.000 Euro.

Das ist ein hoher Preis, aber für Autos dieser Klasse nicht übertrieben. Das wirklich Ärgerliche daran ist, dass der F-Pace es seinen Insassen so schwer macht, sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen. An der Bedienfreundlichkeit ihrer Autos scheitern zwar viele Hersteller, aber nur wenige so grandios wie Jaguar.

Der F-Pace reiht sich also in eine Reihe mit SUVs wie dem Porsche Macan oder dem Maserati Levante ein - eigentlich markenfremd, aber gebaut, um abzusahnen. Wie bereits erwähnt: Daran ist nichts auszusetzen. Wer ein bisschen Haltung wahren möchte und es gern britisch mag, sollte dem F-Pace aber einen Range Rover vorziehen.

Hersteller:Jaguar
Typ:F-Pace 30d Portfolio
Karosserie:SUV
Motor:V6-Twinturbo-Diesel
Getriebe:Achtgang-Automatik
Antrieb:Allrad
Hubraum:2.993 ccm
Leistung PS:300 PS
Leistung kW:221 kW
Drehmoment:700 Nm
Von 0 auf 100:6,2 Sek.
Höchstgeschw.:241 km/h
Verbrauch (ECE):6 Liter
CO2-Ausstoß:159 g/km
Kraftstoff:Diesel
Kofferraum:650 Liter
umgebaut:1.861 Liter
Gewicht:1.884 kg
Maße:4731 / 1936 / 1652
Preis:66.300 €
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