
Autogramm Jaguar i-Pace: Stille Macht
Jaguar i-Pace Jagd auf Model X
Der erste Eindruck: Stromlinie.
Das sagt der Hersteller: "Puh!" Technikvorstand Wolfgang Ziebart stöhnt, wenn er zurückblickt. Seit er am Elektroauto i-Pace gearbeitet hat, war kaum Zeit zum Luftholen. "Wir haben das Projekt i-Pace in nur vier Jahren umgesetzt, vom ersten Gedanken bis zum Start der Serienfertigung", sagt Ziebart und freut sich, dass seine vermeintlich kleine Firma vor Audi, BMW und Mercedes ins Rennen gegen Tesla geht. "Manchmal ist eine geringere Größe ein großer Vorteil", sagt der Jaguar-Land-Rover-Manager. Der i-Pace ist dennoch kein Schnellschuss, denn die Briten entwickelten eine völlig neue Plattform, die sich komplett von den konventionellen Modellen abnabelt. "Nur so konnten wir sicherstellen, dass wir das meiste aus der neuen Technologie herausholen konnten", sagt Ziebart.
Das ist uns aufgefallen: Der i-Pace sieht nicht nur von außen erfrischend neu und anders aus, sondern macht auch innen einen Sprung. Schon die Modelle F-Type und F-Pace sind moderne Autos. Aber der i-Pace geht mit digitalem Cockpit, zwei großen Touchscreens und faszinierenden Dreh-Drück-Schaltern für die Klimaregelung noch mal einen Schritt weiter und lässt die muffige Lack-und-Leder-Atmosphäre Londoner Herrenklubs vollends hinter sich.
Vor allem überrascht er mit viel Platz auf allen Plätzen. Weil der Antrieb weniger Raum einnimmt als ein Verbrenner, weil die Achsen ungewöhnlich weit auseinander stehen und weil die Kabine insgesamt weit nach vorne in den früheren Motorraum gerückt ist, geht es im i-Pace so geräumig zu wie in einem Auto einer höheren Klasse. "Außen XF, innen XJ", beschreibt Ziebart das Raumgefühl. Nur dass der i-Pace ein Crossover ist, eine Art sportlicher SUV mit höherer Sitzposition, in den man bequemer einsteigen und aus dem man besser hinausschauen kann. Auch der Kofferraum ist stattlich: 656 Liter fasst das Gepäckabteil bei normaler Bestuhlung und lässt sich auf bis zu 1453 Liter erweitern. Da sind die 27 Liter vorn unterm Bug oder Ablagen wie das 10,5 Liter große Mittelkonsolenfach noch gar nicht mitgerechnet.
Auch in konventionellen Kategorien weiß der Jaguar zu überzeugen - zum Beispiel bei der Fahrdynamik. Weil die 696 Nm Drehmoment der beiden E-Motoren jederzeit abgerufen werden können, beschleunigt der Stromer wie ein Sportwagen. Und weil die Kraft rasend schnell zwischen den beiden Achsen verteilt werden kann, was die Agilität fördert, fühlt sich der i-Pace trotz 2,2 Tonnen Gewicht selbst auf einer kurvigen Landstraße überraschend leicht und handlich an.
Das Spitzentempo liegt bei 200 km/h, was mit Blick auf die Reichweite nur vernünftig ist. Die Reichweite nämlich schmilzt mit steigendem Tempo schneller. Und wenn man einmal gesehen hat, wie rasant der Balken im Display schon bei Tempo 130 auf der Autobahn abbaut, will man gar nicht wissen, wie viel von den vielleicht 300 bis 350 realistischen Kilometern mit voll geladener Batterie nach einem Sprint mit mehr als 200 Sachen noch übrig sind.
Das muss man wissen: Der i-Pace ist wie eine Art Skateboard konstruiert. Die aus 432 Zellen gefertigte Batterie mit einer Kapazität von 90 kWh steckt als große Tafel unter dem Wagenboden, und an jeder der beiden weit auseinandergerückten Achsen arbeitet ein Elektromotor. Zusammen kommen die beiden Stromer auf 400 PS Leistung und 696 Nm Drehmoment und beschleunigen den i-Pace in 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Auf dem Prüfstand reicht der Strom für 480 Kilometer. Jaguar versucht, mit einer intelligenten Navigation, einer verbrauchsoptimierten Klimasteuerung und der Möglichkeit, das Auto schon an der Steckdose zu konditionieren, möglichst viel von diesem Wert in die Praxis zu retten, heißt: Ist beispielsweise die Klimaanlage vor dem Losfahren auf 20 Grad programmiert, kommt die Energie für die Kühlung noch aus dem Stromnetz statt aus der Batterie des Fahrzeugs.
Sind die Akkus leer, kann man am Schnelllader mit 100 kW in 40 Minuten bis zu 80 Prozent nachladen, und bei 50 kW sind 80 Prozent in 80 Minuten drin. Zu Hause dagegen braucht man Geduld: Über Nacht sind laut Jaguar selbst mit Wallbox nicht viel mehr als 200 Kilometer Reichweite rauszuholen.
Um den Kunden den Umstieg leichter zu machen, bieten die Briten neben solchen Wallboxen für die Heimgarage auch eine Partnerschaft mit dem Netzwerkbetreiber Plugsurfing an. Der hat in Deutschland rund 11.000 Ladesäulen, die man als i-Pace-Kunde mit Abo jeweils die erste halbe Stunde kostenlos nutzen darf.
Bestellungen für den i-Pace, der ab 77.850 Euro kostet, nimmt Jaguar bereits seit dem Frühjahr entgegen, ausgeliefert wird ab August. Weil die Briten beim Auftragsfertiger Magna in Graz angeblich lediglich 20.000 Autos im Jahr bestellt haben, müssen Spätentschlossene ein wenig warten: In Deutschland beträgt die Lieferzeit derzeit sieben Monate.
Das werden wir nicht vergessen: Dass man die Kopfstützen und das Lenkrad von Hand einstellen muss, wo doch sonst alles elektrisch funktioniert. Und bei aller Liebe zu Drähten, die bei einem Elektroauto dazugehören: In der Frontscheibe muss man sie nun wirklich nicht mehr haben. Denn obwohl sie im Winter für freien Blick sorgen, trüben sie sonst die Sicht.
Hersteller: | Jaguar |
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Typ: | i-Pace |
Karosserie: | SUV |
Motor: | zwei E-Maschinen |
Getriebe: | stufenlose Automatik |
Antrieb: | Allrad |
Leistung PS (E-Motor): | 400 PS |
Leistung kW (E-Motor): | 294 kW |
Drehmoment (E-Motor): | 696 Nm |
Von 0 auf 100: | 4,8 Sek. |
Höchstgeschw.: | 200 km/h |
Kofferraum: | 656 Liter |
umgebaut: | 1.453 Liter |
Gewicht: | 2.208 kg |
Maße: | 4682 / 1895 / 1565 |
Preis: | 77.850 € |