Autogramm Jaguar XF Sportbrake Das Ersatzmodell

Auch Jaguar schwimmt mit seinen Typen F-, E- und i-Pace erfolgreich auf der SUV-Welle. Umso überraschender ist da das Comeback des Kombimodells XF Sportbrake. Der Witz bei dem Wagen: Er ist der bessere SUV.

Der erste Eindruck: Das Auto sieht von hinten beinahe besser aus als von vorn.

Das sagt der Hersteller: "Eigentlich hätte es dieses Modell gar nicht geben sollen", sagt Jaguar-Projektleiter Alan Hill. Nur in England und Deutschland lassen sich Kombis im großen Stil verkaufen. Hill weiter: "Außerdem hatten wir erwartet, dass viele bisherige Sportbrake-Käufer lieber ein SUV wollen und deshalb auf den F-Pace umsteigen würden." Doch der Anteil der Kombimodelle sei langsamer gefallen als erwartet und habe Jaguar zum Umdenken gezwungen, erklärt der Projekteiter.

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn der Sportbrake ist nicht ein SUV- sondern auch ein Limousinen-Ersatz: Das Modell XF droht seit dem Erscheinen des ersten Jaguar-SUV vollends in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. In Deutschland stehen den 2267 Neuzulassungen für den F-Pace im ersten Halbjahr 2017 lediglich 921 Anmeldungen für den XF gegenüber. Da kommt der Kombi gerade recht, um die Produktion besser auszulasten.

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Das ist uns aufgefallen: Im Grunde ist der XF Sportbrake der bessere SUV. Erst recht, wenn man das Auto so nutzt, wie es die Hochglanzbroschüren der Hersteller gerne vorgaukeln. "Aktive Freizeitsportler" und "Outdoorliebhaber" jedenfalls werden Fahrräder, Surfbretter oder Ski lieber in die Dachbox auf einem 1,50 Meter hohen Kombi packen, als die Gerätschaften mindestens 1,65 Meter auf einen SUV wie den F-Pace zu wuchten. Und Hinterbänkler sitzen im Kombi allemal komfortabler als im SUV, weil sie durch größere Türen einsteigen, mehr Kopffreiheit genießen und im XF auch zudem unterm aktuell größten Panoramadach

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Jaguar XF Sportbrake: Entscheidend ist, was hinten reinpasst

Foto: Jaguar

der Autowelt chauffiert werden.

Auch der Fahrer ist im Kombi besser dran. Denn die höhere Sitzposition und die bessere Übersicht in einem SUV bezahlt man immer mit Einschränkungen beim Fahrspaß. Im neuen Jaguar-Kombi ist man der Straße buchstäblich näher als in einem höhergelegten Modell und hat ein besseres Gefühl für die Fahrbahn.

Auf die Errungenschaften aus dem SUV F-Pace muss man dabei trotzdem nicht verzichten. Das gilt für den optionalen Allradantrieb genauso wie für die gehobene Ausstattung. Der XF Sportbrake hat ein digitales Cockpit mit animierten Instrumenten und großem Touchscreen samt eigenem App-Store, es gibt ein Heer von Assistenzsystemen bis hin zu einem neuen Müdigkeitswarner, im Angebot ist außerdem eine Gestensteuerung für das Rollo vor dem Panoramadach sowie für die Heckklappe.

Als erste Pkw-Baureihe von Jaguar bekommt er außerdem den sogenannten Activity Key: Wer will, kann damit die Schlüsselgewalt auf ein wasserdichtes, stoßfestes Armband übertragen und den ebenso klobigen wie empfindlichen Zündschlüssel im Auto lassen - vor allem die Kernzielgruppe der Freizeitsportler dürfte das goutieren.

Den Vergleich mit seinem SUV-Zwilling muss der XF Sportbrake also nicht scheuen, doch im Konkurrenzvergleich tut sich der Wagen schwer. Der Audi A6 Avant wirkt trotz seines mittlerweile hohen Alters innen wertiger, der BMW 5er Touring ist schlauer und sportlicher und das T-Modell der Mercedes E-Klasse bietet mehr Platz. Und alle drei sind variabler, etwa aufgrund einer etwas steileren und deshalb ladefreundlichen Stellung der Rücksitzlehnen oder einer Mulde im Wagenboden, in der die Kofferraumabdeckung verschwindet, wenn man sie nicht braucht. Auf diese Lösung beim BMW 5er Touring ist Projektleiter Hill aufrichtig neidisch - im XF wäre das jedoch schlicht zu aufwendig und teuer gewesen.

Die ausgefeilte Ausstattung der Platzhirsche hat auch einen Nachteil: Man sieht die deutschen Kombis an jeder Ecke, mit dem XF Sportbrake hingegen hebt man sich ab.

Das muss man wissen: Bestellen kann man den XF Sportbrake seit ein paar Wochen, ausgeliefert wird das Auto ab Oktober. Die Preise beginnen bei 43.960 Euro und liegen damit etwa 2500 Euro über denen der Limousine. Angeboten wird der Kombi mit fünf Motorisierungen, die weniger der aktuellen Stimmungslage als den Anforderungen der Flottenkunden gerecht werden. Denn es gibt nur einen Benziner, einen 2-Liter-Turbo-Vierzylinder mit 250 PS, und gleich vier Diesel von 163 bis 300 PS.

Das werden wir nicht vergessen: Wie detailversessen und gleichzeitig schlampig die Entwickler bei diesem Auto gearbeitet haben. Dass man die elektrische Anhängerkupplung vom Touchscreen im Cockpit aus hervorsurren lassen kann, ist großes Kino. Dass es für individuell gekennzeichnete Schalter im Kombi nicht gereicht hat, ist um so peinlicher: Der vordere Schalter zur Betätigung der Heckklappe zeigt eine Limousine, der Schalter in der Klappe selbst einen SUV.

Hersteller:Jaguar
Typ:XF Sportbrake (2017)
Karosserie:Kombi
Motor:Vierzylinder-Turbodiesel
Getriebe:Achtgang-Automatik
Antrieb:Allrad
Hubraum:1.999 ccm
Leistung PS:240 PS
Leistung kW:177 kW
Drehmoment:500 Nm
Von 0 auf 100:6,7 Sek.
Höchstgeschw.:241 km/h
Verbrauch (ECE):5,5 Liter
CO2-Ausstoß:144 g/km
Kofferraum:565 Liter
umgebaut:1.700 Liter
Gewicht:1.805 kg
Maße:4995 / 1987 / 1496
Preis:58.460 €

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