Autogramm Land Rover Defender Works V8
Gebrauchtwagen ab Werk. 169.000 Euro
Der Defender ist für Land Rover so etwas wie der Golf für VW. Weil der Nachfolger auf sich warten lässt, verkaufen die Briten nun aufgemöbelte Gebrauchtwagen - und lassen sich die teuer bezahlen.
Der erste Eindruck: Der Alte ist zurück. Weil das neue Modell des Defender noch in der Entwicklung ist, hat Land Rover Gebrauchtautos zurückgekauft und diese aufgemöbelt.
Das sagt der Hersteller: Der Defender und mit ihm die Marke Land Rover sind gerade 70 Jahre alt geworden, doch die Neuauflage des legendären Geländewagens ist auch drei Jahre nach Produktionsende noch nicht in Sicht. Deshalb sprangen jetzt die Experten von Land Rover Classic ein und legten zum runden Geburtstag eine V8-Sonderserie auf. "Das passt hervorragend", sagt Tim Hannig, Chef der Oldtimer-Sparte bei Jaguar und Land Rover. "Zur Feier des Tages können wir eine Version präsentieren, die das volle Potenzial des Defender ausschöpft - ein Modell, das dank seines unverwechselbaren Designs immer noch häufig mit der Marke gleichgesetzt wird."
Neu sei die Idee eines Defender mit V8 allerdings nicht, räumt Hannig ein. "Darüber haben wir schon 2014 diskutiert, als der Wagen noch im Werk Solihull vom Band lief." Schon damals habe sich eine hohe Nachfrage nach einem leistungsstarken Modell abgezeichnet. Kein Wunder: Wie etwa die Mercedes G-Klasse war auch der Defender da schon längst kein Arbeitsgerät mehr, sondern ein Spielzeugauto für große Jungs mit Geld.
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Das ist uns aufgefallen: Zwar gibt es kaum einen Geländewagen, der im Gelände so viel kann wie der Defender, und das Jubiläumsmodell mit den grobstolligen Reifen käme vielleicht sogar noch ein bisschen weiter. Doch die 18-Zoll-Felgen mit Diamant-Finish sind viel zu elegant, als dass man ihre Makellosigkeit im Geröll riskieren sollte. Schonend behandeln sollte man auch das feine Leder auf Konsolen und Sitzen. Mit diesen Luxusdetails wird der Defender zu einem SUV für Selbstdarsteller und fährt plötzlich in einer Liga mit Autos wie dem Bentley Bentayga, dem Porsche Cayenne Turbo oder den AMG-Varianten der verschiedenen Mercedes-SUVs.
Zugang zu diesem elitären Club verschafft er sich nicht zuletzt durch einen exklusiven Antrieb. Schließlich haben die Briten den asthmatischen Diesel mit zuletzt 122 PS rausgeworfen und stattdessen ihren famosen 5,0-Liter-Achtzylinder eingebaut. Der hat zwar in diesem Fall - anders als bei Range Rover & Co. - keinen Kompressor kommt aber trotzdem auf 405 PS Leistung und 515 Nm Drehmoment und macht dieses Auto zum stärksten Defender, der je die Werkshallen verlassen hat.
Trotz des fetten V8-Motors kann der Defender mit den erlesenen Konkurrenten in der Fahrwertung nicht mithalten. Doch wer den normalen Defender kennt, kommt sich in diesem Modell vor wie in einem Formel-1-Auto. Während man sich bislang in gut 15 Sekunden auf Tempo 100 zitterte, erreicht man das Landstraßenlimit jetzt in atemberaubenden 5,6 Sekunden. Und anstatt im Kampf mit dem Gegenwind nach einer gefühlten Ewigkeit bei Tempo 145 frustriert zu verharren, stürmt der Defender jetzt vehement los - sicherheitshalber regelt Land Rover den Wagen bei 171 km/h ab. Ein Tempo übrigens, das sich im Defender anfühlt, als durchstoße man gleich die Schallmauer.
Das Klassik-Team von Land Rover hat nicht nur einen neuen Motor samt moderner Achtgang-Automatik eingebaut, sondern den Wagen auch sonst wieder fit gemacht. Es gibt also ein sogenanntes Handling-Kit mit neuen Dämpfern, Federn und Stabilisatoren sowie stärkere Bremsen und eine neue justierte Lenkung, sodass man den Wagen auch jenseits der Schrittgeschwindigkeit endlich zielsicher über eine enge Straße führen kann. Zudem prangt in dem mit Leder ausgeschlagenen Cockpit jetzt sogar ein halbwegs modernes Nachrüst-Navigationssystem.
Doch ist dieser Luxus-Defender keine Karikatur seiner selbst, sondern immer noch ein Original mit Ecken und Kanten. Das betrifft nicht nur die Karosserie, sondern vor allem den Charakter. Schwergängige Druckknöpfe an den Türen, Schiebefenster im Fond und ein sperriger Handbremshebel im Fußraum - das alles mag im Alltag nerven, gehört aber zum authentischen Defender-Erlebnis einfach dazu.
Das muss man wissen: Der Defender Works V8 ist eine Kleinserie, die vom Klassik-Team der Marke initiiert wurde. Dafür kauften die Oldtimerexperten maximal 150 ausrangierte Defender aus den letzten Produktionsjahren auf und rüsten sie um. Der fünf Liter große V8-Sauger und die achtstufige Automatik sind gesetzt, der Rest dagegen relativ flexibel: So kann man zwischen dem dreitürigen Defender 90 und dem 110er mit fünf Türen wählen und zum Beispiel acht unterschiedliche Farben bestellen. Order, Umbau und Auslieferung übernimmt Land Rover Classic in England und berechnet dafür je nach Modell und Ausführung ab umgerechnet 169.000 Euro.
Schon einmal, 1979, gab es einen Defender aus der Serie III mit einem 3,5 Liter großen Achtzylindermotor (91 PS Leistung) aus dem Rover-Regal; 1983 wurde dessen Leistung auf 115 und 1987 sogar auf 137 PS gesteigert. 1992 haben die Briten exklusiv für die USA einen Defender mit 3,9-Liter-Achtzylinder und 184 PS aufgelegt, und als 1998 der 50. Geburtstag anstand, wurde der mit einer Sonderserie samt 4,0-Liter-Motor und 194 PS gefeiert. Dann allerdings war 20 Jahre lang Schluss mit lustig.
Das werden wir nicht vergessen: Das verdutzte Gesicht des Schnösels im Range Rover, dem der Defender bei der Testfahrt munter davon fuhr - und zwar auf der Autobahn. Dass der Urvater der Marke im Gelände unschlagbar ist, daran ist die reiche Klientel in den schicken Luxus-SUV gewöhnt. Doch nun hängt der Dinosaurier die Mode-Allradler sogar auf Asphalt ab. Das gefällt nicht jedem.
11 BilderLand Rover Defender Works V8: Aus alt mach' neu
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Zum 70. Geburtstag des Land Rover Defender und damit auch der Marke Land Rover fehlt ein aktuelles Modell des Geländewagen-Urgesteins. Deshalb kauft das Unternehmen 150 Defender der letzten Serie auf und möbelt sie rundum auf - unter anderem mit einem V8 Motor. Verkauft werden die Autos als Sondermodell Works V8 ab 169.000 Euro.
Foto: Land Rover
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Man muss den speziellen Charme dieses Allrad-Urgesteins mögen - dann ist der Land Rover Defender vermutlich ein Traumauto mit außerordentlichen Offroad-Fähigkeiten.
Foto: Land Rover
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Der 5-Liter-V8-Motor macht ordentlich Dampf und beschleunigt den Land Rover Defender auf bis zu 171 km/h.
Foto: Land Rover
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Sportliche Sitze, ein neues Fahrwerk, eine überarbeitete Lenkung und sogar ein Nachrüst-Navigationssystem gehören zur Ausstattung des Jubiläumsmodells.
Foto: Land Rover
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Gebrauchtautos aufkaufen, im Werk aufhübschen und sie dann als limitierte Sonderserie für einen Batzen Geld losschlagen - auf diese Idee muss man erst einmal kommen.
Foto: Tom Grünweg
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Hübsch klassisch ist der Land Rover Defender anzuschauen, man sieht das an diesen Details an der vorderen linken Ecke des Autos.
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Aufgekauft und umgemodelt werden beide Defender-Varianten, die dreitürige Kurzversion (im Foto) ebenso wie die fünftürige Variante.
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Fünf Liter Hubraum und acht Zylinder - allerdings kein Kompressor wie in den Modellen von Range Rover -, das sind die Eckdaten des bulligen Motors, den der Geländewagen-Oldie eingepflanzt bekommt.
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Die Autos werden von der Klassik-Abteilung von Land Rover entkernt, neu aufbereitet und nach Kundenwunsch fertig gemacht.
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Der Defender Works V8 bietet eine eigenwillige Mischung aus aktueller Technik, erstaunlichen Fahrleistungen und einem fast schon nostalgischen Design.
Foto: Land Rover
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Ein Autotyp, mit dem man die nächsten Jahrzehnte durch dick und dünn kommt - jedenfalls sieht alles danach aus.