Mini Clubman D Hip zum Streichelzoo

Kein Mensch bei Mini kommt auf die Idee, das Auto als Kombi zu bezeichnen. Doch egal wie man den Clubman nennt: Erst in dieser verlängerten Version wird aus dem britisch-bayerischen Kleinwagen ein rundum brauchbarer Pkw.

Menschen, die wahrscheinlich sogar im Bett Sonnenbrille tragen und sich ausschließlich von Latte Macchiato ernähren - also sehr coole Menschen -, gucken. Und sie wenden auch dann den Blick nicht ab, als erst ein Kleinkind und dann ein Kindersitz zum Vorschein kommen. Es muss wohl am Clubman liegen: Denn anders als der normale Mini, an den man sich in Szenevierteln längst gewöhnt hat, zieht das um 24 Zentimeter verlängerte Modell Clubman durchaus noch die Blicke auf sich.

Das liegt einerseits an seiner äußeren Erscheinung, die durch Zweifarbigkeit und - aufgrund des Längenwachstums - eine leichte Dissonanz in den Proportionen auffällt. Und es liegt an der Gestaltung der Beifahrerseite, die nach dem Einparken voll im Blickfeld der Straßencafe-Belegschaften ist. Rechtsseitig gibt es nämlich nicht nur eine herkömmliche Beifahrertür, sondern noch eine zweite Klappe, die hinten angeschlagen ist und so zusätzlich eine rund 30 Zentimeter breiten Durchstieg in den Fond des Wagens eröffnet.

Das klingt nach Effekthascherei, ist aber im realen Autoleben sehr praktisch. Denn erst durch die Extratür auf der rechten Seite wird der Mini, der in seiner Standardversion kaum mehr als ein Zweisitzer ist, zum immer noch sehr kompakten Auto, dessen Rückbank jedoch tatsächlich genutzt werden kann. Dank der "Clubdoor" genannten Zusatzöffnung erreichen nun auch Erwachsene die Sitze in der zweiten Reihe ohne absurde Verrenkungen. Und - wichtig für Hipster mit Fortpflanzungsabsichten - das Auto taugt nun auch als Babytransporter. Erst die Clubdoor macht es möglich, Babyschale oder Kindersitz ohne Blessuren am teuren Blech im Fond zu bugsieren und den Knirps ohne Fremdkontakt ins Sitzchen zu befördern.

Wunschkunden aus der Trendsport- und Partygeneration

Mini spricht natürlich viel lieber von Trendsportgerätschaften, Partyhoppern oder ganz vielen Shoppingtaschen, die dank der Clubdoor nun ganz easy eingeladen werden können - Familien oder Kinder kommen in der kultig-kreativen Kunstwelt der Marketingleute nicht vor. Doch in der Realität ist es so: Mit dem Modell Clubman, der zumindest schon die halbe Strecke zum echten Kombi zurückgelegt hat, wird die Marke Mini erstmals auch für Menschen mit Nachwuchs interessant. Der Kreis der potentiellen Kundschaft wurde also immens erweitert.

Das Platzangebot im Innenraum ist natürlich immer noch arg begrenzt, aber doch ausreichend. Zumal auch der Kofferraum, der durch zwei originelle Flügeltüren am Heck - sogenannte Split-Doors - zugänglich wird, gewachsen ist. Statt einem Volumen von 160 bis 680 Liter wie beim Standardmodell bietet der Clubman ein Fassungsvermögen von 260 bis 930 Liter. Auch das ist ein brauchbares Maß für zum Beispiel junge Eltern: Die Kinderkarre sowie die Extratasche mit Windeln und Spielzeug können jetzt problemlos eingeladen werden. Unverändert blieben die Zutaten, die aus dem Mini unter BMW-Regie ein Mode-Auto gemacht haben: Das poppige Design innen wie außen, das knackige Fahrgefühl und die ausufernden Möglichkeiten, den Wagen ganz nach dem eigenen Geschmack auszustatten.

Viel Dekoration, leider nicht ganz so viel Ergonomie

Bleiben wir zunächst bei der Optik: Damit nur ja keiner das neue Heck übersieht, sind die Türpfosten links und rechts stets farblich abgesetzt, was nicht unbedingt elegant aussieht, aber auf jeden Fall auffällt. Das gilt für manche Details des Mini - vor allem an der Armaturentafel. Schalter, Lenkstockhebel und Riesentacho wirken auf den ersten Blick zwar witzig und erfreulich anders als gewohnt, doch sobald sich die "Sieh-mal-einer-an"-Reaktion gelegt hat, fallen sie vorwiegend durch ihre Unzulänglichkeiten in der täglichen Nutzung auf. Der Tacho samt des integrierten Bildschirms ist schlecht ablesbar, und die zentralen Kipphebelchen sind zwar hübsch, aber fummelig (niemand sucht dort die elektrischen Fensterheber).

Manches ist sicher Gewöhnungssache, doch kaum gewöhnen wird man sich an das eklatante Geräuschniveau des Dieselmotors, mit dem unser Testauto bestückt war. Die Maschine an sich ist ein munteres und passendes Triebwerk für den Clubman, doch das Gebrumm wird einem schnell lästig. Auch nicht die feine englische Art ist die Fahrwerksabstimmung, denn der Wagen rappelt über ruppigen Asphalt, als säße man in einem Rennauto. Hallo, hört das jemand: Nicht jeder Mini-Fahrer hat automatisch eine Rennlizenz, und nicht jede Straße wird im Mini automatisch zur Rennstrecke.

Im Alltag ist der offizielle Verbrauch kaum zu erreichen

Erfreulich hingegen ist der offizielle Durchschnittsverbrauch von 4,1 Liter Diesel je 100 Kilometer, was einen CO2-Ausstoß von 109 Gramm je Kilometer entspricht. In der Praxis meldete der Bordcomputer zwar nach mehr als 300 Kilometern (rund die Hälfte davon auf der Autobahn) bei ganz normaler Fahrweise 6,7 Liter. Das ist dann schon wieder recht happig.

Das Wort passt übrigens auch zur Preisgestaltung, die den Mini Clubman endgültig als In-Gefährt ausweist. Das empfehlenswerte Automatikgetriebe kostet 1540 Euro extra, Metallic-Lack wird mit 400 Euro berechnet, ein dunkler Dachhimmel mit 160 Euro, die Klimaanlage mit 960, die Einparkhilfe kostet 310 Euro und Nebenscheinwerfer 130 Euro. Das geht so über viele Seiten der Mini-Preisliste, so dass am Ende der nicht mehr ganz so kleine Mini Clubman zu vergleichsweise Maxi-Preisen an die Kundschaft geht. Da darf man dann auch erwarten, dass die Leute gucken.

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