Opel Insignia Auto mit Abi

"Das erste Auto, das denkt" – so wirbt Opel für das neuen Mittelklasse-Modell Insignia. Noch nie war ein Wagen aus Rüsselsheim so schick, so vollgepackt mit Hightech – und so existenziell für die Marke. Ausgerechnet das Schicksals-Auto tritt mitten in der Krise an.

Adaptives Flex-Ride-Fahrwerk, variabler Allradantrieb, Frontscheinwerfer die sich an Wetterverhältnisse und Fahrsituation anpassen oder das Kamerasystem Opel-Eye, das die Fahrspur kontrolliert und Verkehrsschilder lesen kann – der neue Insignia lässt sich mit Hightech spicken wie noch kein Opel-Modell zuvor. Die schlauen Systeme kosten zwar alle Aufpreis, doch dass sie überhaupt in einem Auto dieses Typs angeboten werden, ist schon eine Besonderheit. Opel-Chef Hans Demant spricht von "technologischen Richtwerten", mit denen der Insignia deutsche Ingenieurskunst demonstriere.

Designt, entwickelt und gebaut wurde und wird das neue Auto am Opel-Stammsitz in Rüsselsheim. Der Wagen ist der erste einer Runderneuerung, aus der innerhalb der nächsten drei Jahre zwanzig frische Fahrzeuge hervorgehen sollen. "Uns hat eine Markenlokomotive gefehlt", sagt Vertriebs- und Marketingchef Thomas Owsianski, "mit dem Insignia ist die jetzt endlich da."

Die Erwartungen an das Auto sind enorm – vielleicht sind sie sogar zu hoch. Im nächsten Jahr wolle man "mindestens 35.000" Insignia-Modelle in Deutschland verkaufen, erklärt Owsianski. Das wäre beinahe das Doppelte, als zuletzt vom Vorgängermodell Vectra abgesetzt wurden. Woher die Kunden kommen sollen? Owsianski: "Wir rechnen damit, dass etwa ein Drittel der Käufer von anderen Marken zu Opel wechseln werden."

Blüht durch die Krise die Mittelklasse neu auf?

Überhaupt erwartet Opel, dass das zuletzt schrumpfende Marktsegment der Mittelklasse insgesamt wieder wächst. Die Kalkulation geht so: ehemalige Fahrer von dicken SUV-Modellen oder Großraumlimousinen würden künftig wieder zu einem vernünftigen Automaß zurückkehren. Da komme ein sportlich-frisches Angebot wie der Insignia gerade recht, glauben die Opel-Verantwortlichen. Zumal es drei Karosserietypen gibt: ab dem Verkaufsstart am 22. November Viertürer und Fünftürer und im März nächsten Jahres dann das Kombi-Modell namens Sports Tourer.

Die Preisgestaltung ist moderat. 22.700 Euro kostet die billigste Limousine, 23.090 die günstigste Fließheck-Variante und ab 23.990 Euro wird der Sports Tourer zu haben sein. Zunächst stehen sieben Motoren zur Wahl – vier Benziner und drei Diesel mit Leistungen zwischen 110 und 260 PS, die allesamt nach Euro-5-Norm zertifiziert sind; im Januar sollen ein 180-PS-Benziner und ein 190-PS-Diesel das Sortiment ergänzen. Zudem wird im nächsten Jahr eine Eco-Flex-Sparvariante erwartet, deren CO2-Ausstoß unter 140 g/km liegen soll.

Die erste Testfahrt absolvierte SPIEGEL ONLINE im Fünftürer mit dem nagelneuen 2-Liter-Benzindirekteinspritzer-Turbomotor, der komplett aus Aluminium gefertigt ist und erstaunlich ruhig läuft. 220 PS, ein Durchschnittsverbrauch von 9,6 Litern und ein CO2-Ausstoß von 225 g/km (ohne Automatik 8,9 Liter und 208 Gramm) sind die Eckdaten des druckvollen Triebwerks, das allemal genug Schmalz hat, um das Auto flink zu bewegen. Und auch sehr leise, was auch ein Verdienst des feinen Fahrwerks und des geringen Luftwiderstands (0,27 cW) ist. Kein anderes Auto dieser Klasse flutscht geschmeidiger durch den Wind.

Nicht mehr gewollt, sondern gekonnt anders

Mit dem Insignia beginnt auch eine Neuorientierung des Opel-Designs. Statt, wie es bislang immer mal wieder vorkam, die Modelle gewollt anders zu formen, sieht der Insignia gekonnt anders aus. Die moderne, klare Form fällt durch ihre ruhige Präsenz ins Auge – und durch einige hübsche Details, die den Wagen deutlich von Konkurrenzmodellen absetzen. Vor allem auch im Innenraum zeigt der große Opel eine neue Qualität.

Ein typisches optisches Merkmal des Wagens ist ein Bumerang-artiger Schwung, die Opel-Kreativen sprechen lieber von einer Sichel, die zuhauf am und im Auto auftaucht. Zum Beispiel ist das LED-Tagfahrlicht so geformt, an den Flanken erkennt man diese Linienführung, am Schalthebel, an den Türinnengriffen, an der Mittelkonsole und am Lenkrad. Platz gibt es reichlich im 4,83 Meter langen Auto, nur für groß gewachsene Passagiere im Fond wird es nach oben hin eng. Das Kofferraumvolumen des Stufenhecks lässt sich von 500 Liter durch umlegen der Rücksitzlehnen auf 1010 erweitern (Fünftürer 520 bis 1465 Liter).

"Ein Markenbild, das nicht mehr zu den Autos passt"

Während Opel den Insignia derzeit den Autojournalisten in Salzburg vorstellt, finden in Rüsselsheim die Workshops für die Händler statt. "Mehr als 6000 Teilnehmer werden dort das neue Auto kennenlernen", freut sich Owsianski. Das erste Echo sei hervorragend, und es gebe auch schon "mehr als 1000 Kundenbestellungen". Der Vertriebschef führt das unter anderem darauf zurück, dass der Insignia die Interessenten durchaus überrasche. "Viele Menschen haben ja noch immer ein Markenbild von Opel, das überhaupt nicht mehr zu unseren Produkten passt." Will heißen: Die Autos sind längst viel besser als das Image.

Jetzt ist Geduld gefragt, denn bis ein neuer Wagen seine Breitenwirkung entfaltet und auf die gesamte Marke abfärbt, dauert es. Und in diesem Fall vielleicht noch länger, denn der Insignia tritt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt an, da der europäischen Kundschaft der Sinn nach allem Möglichen steht – nur nicht nach einem Neuwagenkauf. Finanzkrise heißt das Stichwort. Die Opel-Leute trösten sich mit Galgenhumor: Es sei vermutlich nicht die schlechteste Geldanlage, das Ersparte jetzt in einen neuen Insignia zu stecken. Die Restwerte seien schließlich ausgezeichnet.

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