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Renault Koleos: Einfach zu schlicht

Foto: Tom Grünweg

Renault Koleos Grau in grau

Machmal ist die Welt gerecht: Seit drei Jahren will Renault mit einem ziemlich lieblos umdekorierten Modell der Tochtermarke Samsung auf der SUV-Welle mitschwimmen - die Käufer quittieren die Mogelpackung mit ausgeprägtem Desinteresse. Daran wird wohl auch das neue Modell nichts ändern.

Für Marktforscher sind SUV-Modelle das Größte. Die Verkaufsaussichten - blendend. Irgendwann hatten das auch die Damen und Herren in der Renault-Zentrale in Boulogne-Billancourt verstanden. Ein SUV musste her! Dass der französische Hersteller in seiner jüngeren Geschichte noch nie einen Geländewagen gebaut und nur wenig Erfahrung mit Allradantrieb hatte, konnte höchstens ein Minimalhindernis auf dem Weg zu reißenden Absatzzahlen sein.

Oder doch nicht? Weil es möglichst schnell und billig gehen sollte mit dem Renault-SUV, lag der Griff ins Portfolio der Tochtermarke Samsung nah: Aus deren Geländewagen QM5 wurde vor drei Jahren der Kompakt-SUV Renault Koleos. Und zwar so: Die Franzosen tauschten die Typenschilder und Markenlogos aus und installierten ein europataugliches Infotainment-System - fertig war die Blechlaube.

Doch die Kunden sprangen auf den Etikettenschwindel nicht an. Während zum Beispiel Marktführer VW im vergangenen Jahr allein in Deutschland 45.662 Tiguan verkaufte, glückten Renault gerade einmal 2149 Koleos-Zulassungen.

Insofern erscheint es nur konsequent, dass die jüngste Modellpflege des Koleos dürftig ausfällt. In ein Auto, mit dem man nicht viel verdient, wird auch nicht viel investiert. Und warum sollte man ein Design auffrischen, das ohnehin keiner registriert? Immerhin gibt es für die aktuellen Typen einen neuen, verchromten Kühlergrill und LED-Blinkleuchten, doch auch die werden nichts daran ändern, dass der Koleos weiterhin der Unscheinbare bleibt. Auch im Innenraum gibt es nichts, was einem nach der Testfahrt in Erinnerung bleibt: Die Einrichtung, grau in grau gehalten, ist übersichtlich angerichtet und ordentlich verarbeitet - Durchschnitt also.

Immerhin: Die Dieselmotoren wurden etwas sparsamer

Neuerungen gibt es immerhin aus der Technik-Ecke zu vermelden. Die beiden 2-Liter-Dieselmotoren (150 und 173 PS) wurden durch Detailoptimierungen sparsamer und verbrauchen nun bis zu elf Prozent weniger Kraftstoff. Der 2,5 Liter große Benziner mit 171 PS Leistung hingegen blieb unangetastet.

Der stärkere der beiden Selbstzünder verfügt serienmäßig über Allradantrieb und passt ganz gut zu dem 1,7-Tonner. Der Vierzylinder läuft leise und kultiviert, tritt willig an und bringt den Koleos flott auf Touren: Tempo 100 erreicht die Fuhre in 9,9 Sekunden, maximal 191 km/h sind möglich. Der offizielle Durchschnittsverbrauch liegt bei 6,4 Liter, im Test allerdings waren es knapp zwei Liter mehr.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Koleos ist kein schlechtes Auto. Er ist so komfortabel und gemütlich abgestimmt, wie man es von den französischen Herstellern kennt und bei stundenlangen Fahrten auf der tempolimitierten Autoroute zu schätzen weiß. Das Auto ist zudem ordentlich ausgestattet, bietet genügend Platz für die Familie, und irgendwann hat man sogar das nervige Navigationssystem kapiert.

Warum einen Koleos kaufen, wenn es auch ein Scénic tut?

Andererseits: Nicht schlecht ist eben nicht gut genug. Und vor allem ersetzt es nicht das, was man Charakter nennt. Sieht man vom Allradantrieb ab, gibt es nichts, was der Koleos besser kann als der Kompaktvan Scénic - allerdings ist letzterer rund 10.000 Euro billiger. Und warum man für den Koleos einen Ford Kuga, einen BMW X3 oder gar einen VW Tiguan stehenlassen sollte, wird einem auch bei Renault niemand erklären können.

Auch bei den Franzosen sind offenbar nicht alle mit dem Koleos zufrieden. Am deutlichsten bringt das der neue Designchef Laurens van den Acker zum Ausdruck. Angesprochen auf derartig lustlose und uninspirierte Korea-Übernahmen, geht geradezu ein Schauder durch den Holländer. "Unter mir hätte es so etwas nicht gegeben", sagt er unmissverständlich. Im Falle des Koleos jedoch kam der Mann ein paar Jahre zu spät.

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