Autogramm Renault Mégane E-Tech Electric Angriff auf den ID.3

Volkswagens Top-Elektroauto ID.3 bekommt einen Rivalen: den Renault Mégane E-Tech Electric. Der punktet mit einem behaglicheren Innenraum und Dynamik. Manche anderen Fakten lassen zu wünschen übrig.
Renault Mégane E-Tech Electric: Im Boden steckt eine Batterie mit 60 kWh

Renault Mégane E-Tech Electric: Im Boden steckt eine Batterie mit 60 kWh

Foto: Germain Hazard / DPPI Media / Renault

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Der erste Eindruck: Ein Hingucker. Große Räder, knackiges Heck, kurze Überhänge – der elektrische Mégane ist gut proportioniert.

Das sagt der Hersteller: Der Mégane E-Tech Electric ist das erste vollelektrische Auto von Renault, das auf der neu entwickelten Konzernplattform CMF-EV steht. Die Franzosen haben sich bei der Karosseriewahl für eine Steilheckversion (Hatchback) entschieden. Der Mégane fährt mit 4,21 Meter Länge im sogenannten C-Segment. Diese Klasse zählt in Europa zu den wichtigsten Fahrzeugkategorien. VW hat dort sein meistverkauftes E-Auto ID.3 positioniert, Cupra schickte jüngst den Born an den Start. Etwa ein Jahrzehnt lang belegte einzig Nissan mit dem Leaf dieses Segment.

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Renault Mégane E-Tech Electric: Knackige Proportionen

Foto: Germain Hazard / DPPI Media / Renault

Der Mégane soll kein Feigenblatt für Renault sein, sondern hohe Stückzahlen machen. Legt man die über 10.000 Leute zugrunde, die in den ersten vier Wochen ihr Kaufinteresse auf der Renault-Seite bekundet haben sollen, könnte das Kalkül aufgehen. »Wir wollen die Menschen dazu bringen, umzusteigen«, sagt Luca de Meo. Der Renault-Vorstandschef, zuvor Boss von Seat/Cupra, ist sich sicher, mit dem Mégane die richtige Mischung aus Größe, Design, Funktionalität und Reichweite ins Rennen zu schicken. »Im Mégane E-Tech Electric steckt unser Know-how aus über 400.000 E-Autos, die zusammen mehr als zehn Milliarden Kilometer zurückgelegt haben«, so de Meo.

Bis 2025 will der französische Konzern zehn Elektromodelle auf die Straße bringen. 2030 soll die Elektroquote in Europa dann bei 90 Prozent liegen. Gezeigt wurde bereits die Studie eines elektrischen Kleinwagens als Hommage an den legendären R5. Die Serienversion wird, zum Frust vieler Fans, erst 2024 kommen – und dann den Zoe ablösen. Auch einen R4 will Renault als Stromer neu auflegen.

Das ist uns aufgefallen: Schon die ersten Kilometer im Mégane E-Tech Electric zeigen, dass Renault sein Hatchback-Modell in Richtung Fahrspaß getrimmt hat. »Unser Konzept lautete, einen ›GTI‹ unter den E-Autos zu schaffen, sportlich und emotional«, sagt Chefingenieur Oliver Brosse. Davon profitiert die Fahrdynamik. Bedingt durch die große Batterie liegt der Schwerpunkt des E-Mégane neun Zentimeter tiefer als beim Verbrenner-Pendant. Zusammen mit der sehr direkt ausgelegten Lenkung ergibt sich in engen Kurven fast ein Go-Kart-Gefühl.

Zudem zählt der Mégane mit 1624 Kilogramm in seiner Klasse zu den Leichtgewichten, wiegt gut 150 Kilogramm weniger als der VW ID.3. Klar, dass dies in Kombination mit der potenten E-Maschine (160 kW, 300 Newtonmeter) Wirkung entfaltet. Nur 7,4 Sekunden dauert der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100.

Innen hat Renault einen wertigeren Innenraum geschaffen als VW im ID.3 mit dessen Hartplastiklandschaft. Die Bedienung gibt kaum Rätsel auf – auch weil Renault Konnektivität und Infotainment zusammen mit Google entwickelt hat. Mégane-Fahrer und -Fahrerinnen können Google Maps nutzen, mit einwandfreier Kartendarstellung und Stauanzeigen, dazu Google Play (Musik) und Google Assist (lockere Unterhaltung). Befehle wie »Hey, Google, schalte bitte die Sitzheizung ein« oder »Hey, Google, zeig mir die Ladestationen entlang der Route« setzt das System unverzüglich um.

Was manchem fehlen dürfte, ist ein Head-up-Display, wie es im C-Segment häufiger zu sehen ist. »Wir finden, dass beide Bildschirme ausreichend übersichtliche Informationen liefern«, sagt Designchef Laurens van den Acker.

Das muss man wissen: 60 kWh an Kapazität konnten die Ingenieure im Boden des Mégane maximal unterbringen, deutlich weniger als VW im ID.3 (maximal 77 kWh). So schafft der Franzose nach WLTP nur 470 Kilometer Reichweite (VW: bis zu 550 km). Renault gibt als Normverbrauch 16,1 kWh/100 km an. Auf unserer Testfahrt, einem Mix aus städtischem Verkehr, Landstraße und Autobahn, verbrauchten wir 19,4 kWh/100 km. Der Akku wäre also nach gut 300 Kilometer leer. Immerhin: Muss unterwegs geladen werden, lässt sich die Batterie mit einer DC-Leistung von 130 kW füllen. Das ist ähnlich wie beim ID.3, dessen Batteriemanagement bis 125 kW ausgelegt ist.

Beim Testfahrzeug handelte es sich um die Topversion. Dennoch spendiert Renault dieser Variante ab Werk nur ein einphasiges Ladegerät. Mit dem lässt sich der Akku zu Hause an der 11-kW-Wallbox nur mit 3,7 kW laden. Ein vollständiges Laden dauert somit über zwölf Stunden – alles andere als zeitgemäß. Immerhin: Einen dreiphasigen Lader gibt es geben Aufpreis.

Die Motorleistung des Einstiegs-Mégane beträgt 96 kW, seine Batteriekapazität ist mit 40 kWh um ein Drittel geringer. Das Basismodell sollte anfangs sogar ganz ohne DC-Schnellladefunktion auskommen. »Der Käufer oder die Käuferin hätte so keine Chance, mit dem Auto auch einmal längere Strecken zu fahren«, sagt Stefan Bratzel, Direktor am Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach. Man will das Auto eben vor allem gegenüber Volkswagen so günstig wie möglich einpreisen. Kürzlich aber hat Renault bekannt gegeben, dieses Manko zum Marktstart doch aus der Welt zu räumen. Also ist auch für den Basis-Mégane eine CCS-Steckdose erhältlich. Autoexperte Bratzel empfiehlt, dieses Extra unbedingt zu nehmen, möchte man eines Tages seinen Mégane weiterverkaufen. »Ansonsten dürfte es schwierig werden, in drei oder vier Jahren jemanden zu finden, der sich ein Elektroauto noch ohne die Schnellladefunktion zulegen will.«

Das werden wir nicht vergessen: Den gut versteckten kleinen Schalter hinter der Lenkradspeiche, mit dem das Radio bedient wird. Solch ein Hebel befindet sich bei Renault dort seit Generationen. In den nächsten Modellen soll es ihn allerdings nicht mehr geben. Endlich, heißt es bei Renault hinter vorgehaltener Hand. Der Entwickler, auf den diese Erfindung zurückgeht, geht demnach in Rente.

Hersteller:

Renault

Typ:

Mégane E-Tech Electric

Karosserie:

Fünftüriger Kompaktwagen

Motor:

E-Maschine

Getriebe:

Eingang-Automatik

Antrieb:

Frontantrieb

Leistung:

160 kW/218 PS

Drehmoment

300 Nm

Von 0 auf 100:

7,4 s

Höchstgeschwindigkeit:

160 km/h

Batteriekapazität:

60 kWh

Reichweite:

470 km

Verbrauch:

16,1 kWh /100 km

CO₂-Ausstoß:

0 g/km

Leergewicht:

1624 kg

Kofferraumvolumen:

440 l

Länge / Breite / Höhe (in mm):

4210 / 1780 / 1500

Preis:

k.A.

Michael Specht ist freier Autor und wurde bei seiner Recherche von Renault unterstützt. Die Berichterstattung erfolgt davon unabhängig.

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