
Seat Mii Ecofuel: Kompakter Gasbrenner
Fahrbericht Seat Mii Ecofuel Billiger als Busfahren
Wenn man sein Lebtag Benzin oder Diesel getankt hat, ist der erste Besuch einer Erdgas-Tanksäule durchaus aufregend. Wenn der Rüssel einrastet, die Dichtungen klacken und dann ein leises Brummen darauf hindeutet, dass die beiden stählernen Erdgastanks im Heck des Wagens mit einem Druck von 200 bar befüllt werden. Schon beim zweiten Mal ist es nichts Besonderes mehr. Nur die Freude über das billige Autofahren bleibt. Zuletzt erlebten wir die im Seat Mii Ecofuel, dem kleinsten Erdgasauto der spanischen VW-Tochter.
Der Seat Mii Ecofuel - ein Kleinwagen mit vier Sitzplätzen, 68 PS starkem Dreizylindermotor und fröhlich-schlichter Optik - wurde gemeinsam mit den baugleichen Typen VW Eco-Up und Skoda Citigo CNG Gesamtsieger der aktuellen Auto-Umweltliste des ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) . Er ist ein prima Stadtwagen, lässt sich problemlos als Familienauto nutzen, sofern man nicht Kinder und Gepäck gleichzeitig transportieren möchte, und bietet dank der Erdgasoption einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 79 Gramm je Kilometer. Auf diesen Wert kommt beispielsweise auch der Toyota Yaris Hybrid, allerdings mit aufwendigerer und teurerer Technik.
Überschaubare Veränderungen
Die Modifikationen, um aus dem konventionellen, rein benzingetriebenen Seat Mii ein Auto zu machen, das mit Benzin und Erdgas läuft, sind vergleichsweise gering. Sie bestehen aus zwei stählernen Gastanks im Unterboden des Autos die insgesamt 72 Liter fassen, was elf Kilogramm Erdgas entspricht; dazu kommt noch ein Zehn-Liter-Benzintank. Der normale Ein-Liter-Dreizylinder-Motor des Mii erhält eine andere Motorsteuerung, veränderte Kolben, gehärtete Ventile und Ventilsitze, eine modifzierte Nockenwelle und ein etwas anderes Abgassystem. Und natürlich gibt es zwei Kraftstoffversorgungen - die für Benzin und jene für Erdgas.
Im Gebrauch des Autos wird nur an drei Stellen erkennbar, dass der Wagen sowohl mit Erdgas als auch Benzin fahren kann: an der kombinierten Erdgas-Benzin-Tankanzeige im Cockpit, am um 38 Liter auf nun 213 Liter Fassungsvermögen geschrumpften Kofferraum und natürlich an den beiden unterschiedlichen Einfüllstutzen hinter der Tankklappe.
Der wichtigste Unterschied für die meisten Kunden dürfte jedoch der Preis sein. Der billigste Mii Ecofuel kostet 12.160 Euro, der vergleichbare Benziner Mii mit 75 PS kostet 10.210 Euro. Macht 1950 Euro Preisunterschied. Legt man den offiziellen Durchschnittsverbrauch zugrunde, kosten 100 Kilometer im Benziner etwa 7,20 Euro, im Erdgas-Modell rund 3,40 Euro - das ist billiger als Busfahren. Nach cirka 50.000 Kilometern hat sich der Anschaffungspreis amortisiert.
So lässt sich tonnenweise CO2 einsparen
Das ist die ökonomische Seite. Die ökologische sieht so aus: Nach 50.000 Kilometern hat der Benziner 1,45 Tonnen mehr CO2 in die Luft geblasen als die Ecofuel-Variante. Natürlich unter der Voraussetzung, dass man den Mii auch wirklich mit Erdgas fährt, und nicht ständig auf den Benzin-Nottank zurückgreift, der eigentlich nur als eiserne Reserve gedacht ist.
Fahrerisch spürt man keinen Unterschied, wenn der Wagen mit Erdgas oder Benzin läuft. Außer vielleicht, dass der Klang im Erdgasbetrieb ein wenig rauer und rotziger ist. Leistungsvermögen und Drehmomentkurve jedoch sind identisch. Und auch der Normverbrauch scheint bei der Angabe für den Erdgasbetrieb realistischer zu sein, als man das von herkömmlichen Diesel- oder Benziner-Autos gewohnt ist. Offiziell nämlich kommt der Mii Ecofuel mit 2,9 Kilogramm je 100 Kilometer aus, unser Testwagen benötigte 3,04 Kilogramm - eine Abweichung, die tolerierbar ist, zumal wir zu viert im Wagen unterwegs waren.
Der Seat Mii ist ein schlichtes, konsequent funktionales Auto. Mit einfachen Griffen und Tasten, einem klar gegliederten Cockpit, durchschnittlichen Sitzen und dem Hang zu Minimallösungen. Die schmale Abdeckung über dem Kofferräumchen zum Beispiel klappt nicht, wie sonst oft üblich, an kleinen Schnüren mit dem Heckdeckel nach oben, sondern bleibt einfach liegen - was das Einladen über die hohe und breite Ladekante nicht eben vereinfacht. Allerdings lässt sich der Deckel von Hand in einer senkrechten Stellung arretieren - und das ist völlig in Ordnung angesichts des grassierenden Automatisierungswahns mit elektrischen Heckklappen, die sogar auf Fußbewegungen reagieren.
In Italien ist die Erdgas-Variante der Bestseller
Mit dem Erdgas-Kleinwagen punktet Seat vor allem in Italien, wo mehr als 60 Prozent aller Mii-Modelle mit Ecofuel-Antrieb verkauft werden; auch Schweden, Österreich, Holland, Belgien und die Schweiz seien wichtige Märkte, heißt es. In Deutschland ist die Erdgas-Begeisterung noch überschaubar. Etwa 79.000 Erdgas-Pkw sind hierzulande unterwegs, neu zugelassen wurden im vergangenen Jahr knapp 8000 Autos - und damit deutlich mehr als solche mit Flüssiggas- (6257) oder Elektroantrieb (6051).
Noch ein kleines Extra zum Ende: Die Erdgas-Autos sind die einzigen Seat-Modelle, die standardmäßig mit randvollen Tanks ausgeliefert werden. Denn für abschließende Drucktests muss das Erdgas-System komplett befüllt werden - und so kommt es dann auch beim Händler an.