Sieben Tage mit dem Toyota Prius "Wie jetzt, Hybrid?"

Toyota Prius: Antrieb im Duett
Erster Tag: Gleich auf die Autobahn
Es ist kalt, klar und sonnig. Ein guter Tag, um auf der Autobahn gut 400 Kilometer zurückzulegen. Ob es auch für den Toyota Prius ein guter Tag wird, steht noch nicht fest. Es heißt ja, Hybridautos bräuchten das unstete Stop-and-Go des Stadtverkehrs, um ihre technischen Besonderheiten ausspielen und in Spritersparnis umsetzen zu können.
Jetzt dagegen geht es sehr lange und sehr zügig geradeaus. Der Eindruck nach den ersten 50 Kilometern: Man sitzt gut, das Auto fährt ausgesprochen leise und auch die Grafiken auf dem Bordmonitor sind inzwischen durchschaut; die lassen sich per Tastendruck am Lenkrad abrufen und informieren zum Beispiel minutengenau über Verbrauchswerte, die Effizienz des momentanen Fahrstils oder über die jeweiligen Kraft- und Energieflüsse des Hybridsystems.
Autobahnfahren mit dem Prius ist absolut okay - wenn es mal besonders hurtig gehen soll, drückt man die Taste "Power Mode" auf der Armaturentafel, dann erwacht der Racer im Sparmobil. A propos sparen: Am Ziel meldet der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 5,5 Liter und ein Durchschnittstempo von 106 km/h. Wer solche Werte zu deuten weiß, erkennt, dass es auch für den Prius ein richtig guter Tag war.
Zweiter Tag: Lawinengefahr!
Es hat geschneit. Während der Räumarbeiten am Auto fällt einem das ungewöhnliche Design sozusagen plastisch auf. Mit einem cW-Wert von 0,25 ist der Prius ein extrem windschlüpfiges Auto, was man schon daran merkt, dass der Schnee - an der richtigen Stelle angeschoben - in kleinen Lawinen von der Karosserie rutscht, ohne sich in Mulden oder Knicken zu sammeln.
Dritter Tag: Rückwärtsgang mit eingebautem Nerv-Wecker
Unterwegs mit der Familie, die Kindersitze sind installiert, und im Innenraum kommt dennoch kein Gefühl der Enge auf. Der Wagen ist gut geschnitten, im glattflächigen Kofferraum (445 Liter Fassungsvermögen) ist reichlich Platz fürs Gepäck. Die Lüftung arbeitet wirkungsvoll, die Heizung lässt sich nicht lange bitten. Es sind keine Beanstandungen aus dem Fond zu hören - das ist schon mal ein gutes Zeichen.
Am Abend dann das Fiasko. Die Kleinen sind auf der Rückfahrt eingeschlummert, und direkt vor der Haustür ist eine Lücke frei. Nach dem Einlegen des Rückwärtsgangs zum Rangieren aber wird es lebhaft - ein nervtötender Fiepton, der offenbar daran erinnern soll, dass man rückwärts fährt, weckt die Knirpse und geht im allgemeinen Geplärre unter. Lieber Herr Ingenieur, der sich diesen Schwachsinn ausgedacht hat: zur Strafe sollten Sie drei Monate lang den Rückwärtsgang des Prius testen.
Vierter Tag: Erklärbedürftiges Auto
Eine gute Bekannte fährt mit. Sie steigt hinten ein und lobt sogleich den Bezugsstoff, mit dem die Sitze standardmäßig überzogen sind. Stimmt, das Zeug sieht ordentlich aus und fühlt sich angenehm an. Schließlich fragt sie, was das denn überhaupt für ein Auto sei.
Ich sage es ihr und füge hinzu, es habe einen Hybridantrieb. 'Wie jetzt, Hybrid?' tönt es von hinten. Die nächsten 20 Minuten werden ziemlich unterhaltsam und enden mit einer Schleichfahrt im EV-Modus; dann fährt der Wagen bis Tempo 45 rein elektrisch und nahezu lautlos. Die gute Frau wird in den nächsten Tagen einiges zu erzählen haben.
Fünfter Tag: Öko-Autos werden angehupt
Der ganz normale Berufsverkehrswahnsinn. Ich fahre zurückhaltend und regelkonform, was einige andere - offenkundig mit eingebauter Vorfahrt und durchgetretenem Wichtig-Pedal - auf die Palme bringt. Warum ist es so, dass die Hupschwelle gegenüber Fahrern in erkennbaren Öko-Autos wie dem Toyota Prius offenbar niedriger liegt?
Sechster Tag: Prius-Golf, 1:0
Heute wird nicht gefahren, jedoch entspinnt sich im Büro eine Diskussion über das Für und Wider des Hybridantriebs. Als dem Prius angeblich überlegenes Auto wird der VW Golf Blue Motion in Stellung gebracht. Der kostet rund 3000 Euro weniger, wiegt 130 Kilogramm weniger und verbraucht offziell sogar nur 3,8 Liter je 100 Kilometer - Diesel allerdings.
Beim CO2-Ausstoß punktet dennoch der Prius mit 89 zu 99 Gramm je Kilometer, bei den Stickoxiden ist das Hybridauto gegenüber dem Dieselmodell gar um das Zwanzigfache sauberer. Und - aber das ist keine ökologische Kategorie - um ein Vielfaches cooler ist der Prius auch.
Siebter Tag: Durchschnittsverbrauch über fünf Litern
Der Abschied naht. Der Bordcomputer meldet nun einen Durchschnittsverbrauch von 5,6 Liter während der letzten sieben Tage. Ein Traumwert ist das nicht, aber offenbar das Beste, was mit einem Großserienauto dieses Kalibers derzeit zu erzielen ist.
Von Toyota kommt passenderweise gerade die Meldung, dass in der anstehenden närrischen Zeit auch Volker Wagner, der Präsident des Bund Deutscher Karneval e.V., einen Prius als Dienstwagen gestellt bekommt. "Auch wir können uns der Verantwortung nicht verschließen", sagt der Ober-Spaßvogel.
Unser Tipp, falls nach der achten Prunksitzung Körper und Geist schon erschlafft sind und die Lider zufallen: Einfach kurz den Rückwärtsgang einlegen.