Schönes Ding: Alfa Romeo Iguana Brutale Eleganz

Die Giugiaro-Studie wurde 1969 beim Autosalon in Turin erstmals gezeigt, das Design beeinflusste die Supersportwagen der kommenden Jahre entscheidend
Foto: LaPresse / Spada / Museo Storico Alfa RomeoDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Die Kalkulation war schiefgelaufen. 50 Exemplare des 33 Stradale wollte Alfa Romeo bauen und verkaufen, doch nur für ein Dutzend Fahrzeuge fanden sich Interessenten. Es blieben also reichlich Teile übrig. Glücklicherweise überließen die Alfa-Verantwortlichen die Reste nicht dem Rostfraß in einer Ecke des Werks, sondern verwerteten sie auf kreative Weise weiter: Fünf komplette Chassis wurden an die großen Designhäuser in der Umgebung verteilt — eines davon landete bei Italdesign.

Alfa Romeo Iguana: Cooler Keil
Die Firma in Moncalieri bei Turin war erst im Jahr zuvor von Giorgetto Giugiaro und Aldo Mantovani gegründet worden. Mantovani war zuvor zwanzig Jahre lang Produktionsleiter bei Fiat, Giugiaro hatte bis dato als Designer bei Bertone und Ghia Karriere gemacht. Nun wollte das Duo das eigene Unternehmen als Design- und Entwicklungshaus für die Autoindustrie etablieren – da kam die Chance, ein Alfa-33-Stradale-Chassis neu einzukleiden, wie gerufen.
Beim Autosalon in Turin im Herbst 1969 wurde der Wagen erstmals präsentiert. Prompt hatte die Szene einen neuen Star. Die keilförmige, schnörkellose und konzentrierte Fiberglas-Karosserie des Autos war die optische Antithese zum muskulös-sehnigen Original von Alfa Romeo wie auch zu den Interpretationen anderer Designhäuser, so dem Alfa 33/2 Coupé Stradale von Pininfarina.
Der Name des Unikats, Iguana, ist das italienische Wort für Leguan. Und ähnlich wie die exotischen Schuppenechsen schillerte auch der Karosseriekörper des Mittelmotor-Sportwagens. Denn Italdesign hatte die Außenhaut mit einer spezielle »Metal-Flake«-Lackierung überzogen. Teilweise war auch blanker, gebürsteter Stahl zu sehen (A- und B-Säulen sowie am Dachrahmen). Insgesamt erweckte der lediglich 1,05 Meter hohe Zweisitzer damit einen rohen, geheimnisvollen Eindruck. Giugiaro setzte diesen Effekt rund zehn Jahre später noch einmal ein: Beim Design des DeLorean DMC-12, der auch sonst dem Alfa Iguana formal durchaus nahekam.
Grau in grau – und ein knallroter Teppich
Die Show mit den silbrigen Oberflächen setzte sich im Innenraum fort, wo die Sitze mit einem glänzend grauen Stoff bezogen waren. Dazu kamen Mittelkonsole, Lenkrad, Cockpit und Instrumententafel in Dunkelgrau und Schwarz sowie, als knalliger Kontrast, feuerroter Teppichboden in den beiden Fußräumen. Eine weitere Auffälligkeit des Interieurs war das Cockpit, das wie ein breiter Streifen auf der Lenksäule balancierte, denn in ihm waren nebeneinander insgesamt acht analoge Rundinstrumente aufgereiht.
Ursprünglich war hinter den Sitzen der von Alfa Romeos Rennsportabteilung entwickelte 2-Liter-V8-Motor aus dem 33 Stradale verbaut, ein Triebwerk mit zwei Liter Hubraum und 230 PS Leistung, das den Wagen rund 260 km/h schnell machte. Irgendwann jedoch – über den genauen Zeitpunkt oder die Gründe gibt es keine näheren Angaben – wurde der Originalmotor ersetzt durch einen 2,6-Liter-V8, wie er im Alfa Romeo Montreal (gebaut von 1970 bis 1977) zum Einsatz kam.
In dieser Konfiguration steht der Alfa Romeo Iguana heute im Museo Storico des italienischen Autoherstellers in Arese. Das Auto blieb ein Unikat, die Grundform jedoch prägte in den folgenden Jahren zahlreiche von Italdesign Giugiaro entworfene Fahrzeuge. Etwa die beiden Maserati-Sportwagen Bora und Merak, die 1972 erschienen, oder den erwähnten DeLorean DMC-12. Insofern war der Alfa Iguana weit mehr als eine Fingerübung eines damals noch jungen Designstudios.