
Oldtimer-Sammler Manfred Wolf: Begleiter aus Blech
Oldtimer-Sammler Manfred Wolf Schmutzig, schmutzig, Tralalala!
Wenn es etwas gibt, das die Autoleidenschaft von Manfred Wolf illustriert, dann ist das wohl: die Wand. Die Wand ist ein Hochregal in einer Industriehalle irgendwo im Hessischen. Auf drei Ebenen sind dort mehr als ein Dutzend Klassiker eingelagert. Ein Cord aus den Dreißigerjahren, ein rares Mercedes Ponton Cabrio, Citroën SM und vor allem Citroën DS, das futuristisch geschwungene Modell, das "Göttin" genannt wird, in diversen Varianten und Baujahren.
Allerdings warten hier keine perfekt restaurierten Schmuckstücke auf die nächste Ausfahrt ins Grüne, das passt zur pragmatischen Art der Aufbewahrung: Die Zustandsnoten der Preziosen dürften irgendwo zwischen Drei minus und glatter Sechs liegen. Rostbraun ist die beherrschende Farbe. Optisches Highlight ist ein Citroën, der mehrere Jahre auf einem verwahrlosten Grundstück verbracht hat und der aussieht, als habe er einem Obdachlosen eine Weile als Nachtquartier gedient. "400 Euro hab ich für den gezahlt", sagt Wolf mit Blick auf die gelbe Grotte. Er zeigt auf ein Fahrwerksteil, das im Auto liegt: "Das Ding alleine wär schon das Doppelte wert."
Durch den Alltag rollt Wolf abwechselnd im DS-Kombi, im Citroën SM, im Fünfzigerjahre-Plymouth, in einem 1962er Jaguar E-Type oder in einem betörend schönen Citroën-DS-Cabrio - und zwar sommers wie winters. Einen modernen Wagen besitzt er nicht. Auch bei seinen Alltagsfahrzeugen setzt sich seine pragmatische Gebrauchtwagen-Attitüde fort: "Den Jaguar habe ich seit Ende der Achtziger, der war damals ja noch nicht so was Besonderes wie heute", beschreibt der Eigner. "Ich habe ihn mir allerdings nur leisten können, weil der größte Teil des Kaufpreises damit verrechnet wurde, dass ich einem Arzt seine Praxis gestaltet habe." Wolf ist Produktdesigner von Beruf.
Das ganz private Schrauberparadies
Gerade ist Wolf mit dem Citroën SM unterwegs, einfach deshalb, weil der zur Zeit am besten läuft, auch wenn sich an diversen Karosserieteilen Korrosionsspuren finden. Auf Oldtimer-Treffen hört Wolf deswegen gelegentlich spitze Bemerkungen. Aber der Mittfünfziger hält seine Autos auf der Straße, teilweise seit Jahrzehnten.
Technik fasziniert den Hessen, seit er denken kann. Wolfs Glück war, dass er zwischen den Maschinen der elterlichen Metallwaren-Fabrik aufwuchs und deshalb schon früh mit professionellem Equipment schrauben konnte. In dem Gebäude baute er ab den Achtzigerjahren gemeinsam mit einem Kompagnon seine eigene Firma Serien.Lighting auf, die heute Designer-Leuchten in die ganze Welt exportiert und zum Beispiel das Frankfurter Städel-Museum oder den Hollywood-Film "The Cloud Atlas" ausgestattet hat.
Die alte Fabrik ist noch immer Firmensitz und fühlt sich alles andere als Etepetete an - was nicht zuletzt daran liegt, dass Wolf hier auch seine Autos repariert. Es gibt eine alte Hebebühne, im Keller stehen Drehbank, Hydraulikpresse und Sandstrahlkabine, sogar Pulverbeschichten kann der Schrauber hier in Eigenregie.
Die perfekte Work-Schraub-Balance
"Ich habe mir auferlegt, dass ich nicht vor 17 Uhr aus dem Büro in die Werkstatt verschwinde - geschraubt wird allerdings vor allem am Wochenende", beschreibt Wolf seine persönliche Work-Life-Balance. Und: "Die Autos haben sich eher so angesammelt." Vieles von dem, was heute teuer gehandelt wird, hat Wolf gekauft, bevor der Hype um die Autos losging. In einem verborgenen Winkel etwa steht ein Chapron-Cabrio, eine Art heiliger Gral für Fans des Citroën DS. An dem Wagen war viel zu schweißen, doch langsam wächst er wieder zusammen. "Den habe ich damals für 17.000 Mark gekauft", erinnert sich der Restaurator. "Dafür haben mich alle ausgelacht, aber ich wusste, dass die Fahrgestellnummer allein bald so viel wert sein würde."
Wolf ist ein absoluter Überzeugungstäter. Im Sommer hat er seiner Tochter einen Land Rover aus den Siebzigerjahren fertig gemacht. Vor Kurzem ist er mit einem Freund in einem alten Citroën DS von Kapstadt bis Namibia gefahren. Er kann lange darüber reden, wie man im Süden von Afrika noch heil ans Etappenziel kommt, wenn einem unterwegs die Benzinpumpe oder die Hydraulik versagen, zur Not eben mit einem Kanister auf dem Dach. "Seit 35 Jahren habe ich jetzt alte Autos", sagt Wolf in weicher hessischer Färbung. "Und es war verdammt selten so, dass ich nicht mehr weiterfahren konnte.
Die Wand übrigens, darauf legt er Wert, die gehört nur zum Teil ihm, da sind einige Wagen von Freunden mit eingelagert. Aber es gibt es auch noch ein paar Schuppen und einen Keller, in dem sich Unmengen DS-Teile stapeln. Und zum Abschied hat Wolf noch einen Vorschlag: "Wollen wir nicht noch eben zu den Motorrädern gehen? Mit denen hat die Sache damals ja angefangen."
Ein Porträt über Manfred Wolf ist ebenfalls bei "Freunde von Freunden" erschienen. Den Text finden Sie hier.

SPIEGEL ONLINE stellt Männer und Frauen mit ganz besonderen "Beziehungskisten" vor - Menschen, die mit ihrem Auto ein größeres Ziel im Blick haben als nur den Weg von A nach B. Sie sind "Freunde von Autos". In Kooperation mit dem internationalen Interviewmagazin "Freunde von Freunden" zeigen wir Porträts zeitgenössischer Autokultur.