
Restaurierung von Hemingways Cabrio: Ein altes Auto und mehr
Restaurierung von Hemingways Cabrio American Beauty
Sogar in Havanna hatte dieser Scheunenfund für helle Aufregung gesorgt. Dabei wimmelt es auf Kuba nur so von amerikanischen Straßenkreuzern aus den Fünfzigern und Sechzigern. Aber der 1955er Chrysler New Yorker Convertible, der vor drei Jahren wie aus dem Nichts auftauchte, war nicht irgendein Exemplar. Das Cabrio gehörte einer Legende: Ernest Hemingway.
Leider befindet sich das Fahrzeug in einem desolaten Zustand: von außen ziemlich abgeblättert und innen völlig leer.
Der Literaturnobelpreisträger Hemingway verließ die Insel 1960. Er litt damals unter schweren Depressionen, 1961 setzte er seinem Leben mit einer Schrotflinte ein Ende. Bis heute gilt er aber nicht nur als genialer Schriftsteller, sondern auch als Inbegriff von Männlichkeit und Abenteuerlust. Er knallte in Afrika Elefanten ab, soff in Paris eine ganze verlorene Generation unter den Tisch, kämpfte im spanischen Bürgerkrieg und hatte unzählige Affären. Da passt das protzige Cabrio wunderbar ins Bild. Seine Bewunderer wollen den 1955er Chrysler deshalb wieder zum Glänzen bringen.
"Hutch" packt mit an
David Soul ist einer dieser Bewunderer. Die meisten Menschen kennen den 69-Jährigen noch als TV-Held Detective Sergeant Ken "Hutch" Hutchinson aus der Siebziger-Jahre-Serie "Starsky & Hutch".
"Von Autos habe ich keine Ahnung", räumt David Soul ganz ehrlich ein. Trotzdem ließ er sich von Ada Rosa Alfonso Rosales für die Restaurierung begeistern. Mit der Direktorin des Hemingway-Museums pflegt er eine Freundschaft, seit sie ihn vor einigen Jahren das erste Mal in der Finca La Virgia empfing. Das ehemalige Hemingway-Wohnhaus im Südosten Havannas beherbergt nun öffentlich zugängliche Ausstellungsräume.
Rosales führte Soul bei einem Besuch im vergangenen Jahr zu einem Bretterverschlag unweit der Finca. Dort zeigte sie ihm das Auto samt der Versicherungspapiere, die beweisen, dass der Chrysler wirklich dem Schriftsteller gehörte. Als Hemingway die Insel verließ, ging der Wagen demnach in den Besitz seines Arztes über, der ihn später seinem Sohn vermachte. Mehrere Jahrzehnte galt der Chrysler dann als verschollen, ehe er schließlich in der Garage eines gewissen Leopoldo Nuñez Gutiérrez wieder zum Vorschein kam.
Die genauen Umstände der Entdeckung sind immer noch ein Rätsel. Ebenso ist unklar, warum der automobile Schatz so lange dem Rost überlassen wurde. "Zuerst war ich über den Zustand des Wagens entsetzt", erzählt Soul, "dann habe ich kurz überlegt und schließlich zugesagt." Trotz seiner mangelnden Fachkenntnis ist er genau der richtige Mann für die Aufgabe. Denn es gibt da ein paar Probleme bei der Restaurierung von Hemingways Cabrio.
"Ein Geschenk des Himmels"
Um das Auto instand zu setzen, werden Originalteile benötigt. Viele Originalteile. "Wir haben die Karosserie", sagt David Soul, "aber sonst fehlt praktisch alles." Vom Verdeck über das Lenkrad bis hin zu fast sämtlichen Teilen, die den Wagen zum Laufen bringen. Auf Kuba können die Puzzlestücke nicht aufgetrieben werden, höchstens in den USA. Aber selbst dort sind sie selten, weil von der Cabrio-Variante des Chrysler New Yorker nur 946 Exemplare gebaut wurden. Und als wäre die Sache nicht verzwickt genug, verhängte Nordamerika vor 53 Jahren gegen Kuba auch noch ein Handelsembargo: Aus den USA dürfen seitdem keine Produkte auf die Insel geschickt werden.
Aber David Soul scheint für alles eine Lösung zu haben. Er ist zwar US-Bürger, lebt jedoch in London und besitzt einen britischen Pass. Damit darf er so viele Kisten nach Kuba schicken, wie er möchte. Er schaffte es, die Experten des Oldtimer-Magazins "Practical Classics" für das Projekt zu begeistern. Sie spüren für ihn jetzt die Originalteile auf. Und er hat einen Sponsor für das Projekt an Land gezogen, einen Anbieter von Autoversicherungen. Ada Rosa Alfonso Rosales nennt Soul ein "Geschenk des Himmels".
Der Schauspieler hat aber auch ein eigenes Interesse daran, dass sich der Aufwand lohnt: Er produziert eine Filmdokumentation über den Wiederbelebungsprozess des Klassikers, und darin soll es um mehr gehen als die Restaurierung eines alten Autos mit berühmtem Vorbesitzer. "Die Aufpolierung dieses Fahrzeugs ist ein Symbol für den wirtschaftlichen Wandel, den Kuba gerade durchläuft", sagt er.
So wie der Chrysler nun mit fremder Unterstützung aufgebaut wird, meint Soul, öffnet sich die Insel für Investoren aus dem Ausland. "Der Tourismus wird vorangetrieben, Hotels und Straßen werden errichtet, Gelder fließen in den Ausbau der Energieversorgung und der Landwirtschaft." Er spürt eine Aufbruchstimmung bei den Kubanern, und diesen Optimismus will er durch seinen Film über das ehrgeizige Restaurierungsprojekt sichtbar machen. "Cuban Soul" lautet der Titel.
Einen Filmtrailer gibt es bereits. David Soul - der mit weißem Bart und wuchtiger Statur dem späten Hemingway ein bisschen ähnelt - schaut darin entsetzt auf die Überreste des Cabrios, das in einem Bretterverschlag in Havanna vor sich hingerostet hat. Glaubt er an ein Happy End? "Mit Hemingways Chrysler wird es nun ständig bergauf gehen", sagt er mit großer Überzeugung. Dann fügt er hinzu: "Und das Gleiche gilt für die Entwicklung Kubas."