Schönes Ding: DeSoto Adventurer II Good Lack

Die Automobilgeschichte ist voll von irren Studien, die erst begeisterten und dann verschwanden. Diesmal: ein ungeheuer langes Auto, dem 30 Farbschichten einen magischen Glanz verliehen.
Vom italienischen Designhaus Ghia stammt die Form, von der ehemaligen Chrysler-Konzernmarke DeSoto die Technik. Der Adventurer II gilt als eines der schönsten Konzeptfahrzeuge überhaupt.

Vom italienischen Designhaus Ghia stammt die Form, von der ehemaligen Chrysler-Konzernmarke DeSoto die Technik. Der Adventurer II gilt als eines der schönsten Konzeptfahrzeuge überhaupt.

Foto: Barrett-Jackson Auctions

1953 war kein gutes Jahr für den US-amerikanischen Autokonzern Chrysler. Die Verkaufszahlen sackten um fast ein Drittel ab, unter Kunden und Kfz-Kennern galt das Langweilerdesign der Fahrzeuge als Hauptgrund für die Misere. Und dann hatte Hauptkonkurrent General Motors auch noch die Corvette auf den Markt gebracht – einen Sportwagen mit berauschendem Styling. Es musste dringend etwas passieren.

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De Soto Adventurer II: Zisch und weg

Foto: Barrett-Jackson Auctions

Und Chrysler (mit den Marken Plymouth, Dodge, DeSoto, Chrysler) reagierte. Unter anderem suchten die Verantwortlichen Unterstützung beim italienischen Designstudio Ghia aus Turin. Binnen weniger Monate formten Luigi Segre und Giovanni Savonuzzi auf dem Chassis eines DeSoto Imperial S-19 ein Auto, das bis heute immer wieder in »Die zehn schönsten Autostudien aller Zeiten«-Rankings auftaucht: den DeSoto Adventurer II.

Das himbeerrote Einzelstück (30 Lackschichten sorgen für einen beinahe magischen Glanz) erstreckt sich über 5,44 Meter, ist aber lediglich 1,41 Meter hoch. Eine Karosserie wie ein dicker, roter Strich. Ohne Stoßstangen, ohne Schnörkel, ohne Heckflossen – doch mit der Ausstrahlung eines Flugobjekts auf Rädern. Die Passagierkabine des Zweisitzers duckt sich auf dem Rumpf, im Innenraum gibt es schwarz-rote Ledersitze, ein verchromtes Cockpit und ein großes Dreispeichenlenkrad mit hölzernem Kranz.

Das raffinierteste Detail des Wagens jedoch ist die elektrisch versenkbare Heckscheibe. Auf Knopfdruck verschwindet sie unter dem Kofferraumdeckel, was für eine luftige Kabine sorgt, in der es Berichten zufolge allerdings längst nicht so zugig und laut ist wie in einem Cabrio. Eine geniale Idee, die jedoch nie in Serie ging.

Dem König missfiel die Sitzposition

Unterm betörenden Blech steckte Großserientechnik aus den Chrysler-Regalen. Etwa der 4,5-Liter-V8-Hemi-Motor mit einer Leistung von 170 PS, die Zweigang-Automatik, die Servolenkung oder die hydraulische Trommelbremsanlage. Es wäre also möglich gewesen, ein Auto wie den Adventurer II in größeren Stückzahlen zu bauen, doch dazu kam es nicht. Was DeSoto lediglich übernahm, war der Name des Konzeptmodells: Zwischen 1956 und 1960 fertigte die Marke die Baureihe Adventurer in diversen Karosserievarianten, ein typisches US-Familienauto dieser Zeit.

Die Studie Adventurer II hatte da ihre Aufgabe bereits erfüllt: Sie wurde ab 1954 drei Jahre lang auf zahlreichen Messen und Autoshows gezeigt, um die Designkompetenz von Chrysler zu demonstrieren. So auch 1956 in Brüssel, wo sie die Aufmerksamkeit des marokkanischen Königs Mohammed V. erregte. Auf so eine Gelegenheit hatte Chrysler gewartet und verkaufte das Unikat für 20.000 US-Dollar an einen Autohändler in Casablanca, der es wiederum an den König weitervermitteln wollte. Doch aus dem Deal wurde nichts: Der Monarch gab den Wagen nach nur einer Woche zurück, angeblich weil ihm die Sitzposition zu niedrig war.

Zuschlag bei 1,43 Millionen US-Dollar

Wenig später erwarb ein US-Diplomat in Marokko den Wagen, verschiffte ihn in die USA, wo er mehrfach den Besitzer wechselte und schließlich – rundum restauriert und mit weniger als 15.000 Meilen (gut 24.000 Kilometer) auf dem Zähler – im Januar 2012 bei der Barrett-Jackson-Auktion in Scottsdale, Arizona, angeboten wurde. Der Hammer fiel bei 1,43 Millionen US-Dollar.

Der aktuelle Besitzer des Autos fährt den Wagen so gut wie nie. Doch einfach weggeschlossen ist er auch nicht. Im Gegenteil: Diese Ikone des legendären »Supersonic«-Looks von Ghia aus den Fünfzigerjahren steht als Dauerleihgabe im »Gateway Auto Museum« in Grand Junction, Colorado. Ein italienisch-amerikanischer Autotraum, der heute erst recht so wirkt, als sei er gerade erst aus einem anderen Universum gelandet.

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