Hoher Verbrauch
Der Boom der Plug-in-Hybride ist eine schlechte Nachricht für das Klima
In Deutschland wurden 2019 deutlich mehr Plug-in-Hybride verkauft. Staatliche Prämien machen die Fahrzeuge attraktiv. Ihr Klimanutzen ist allerdings umstritten.
Plug-in-Hybride erlebten 2019 einen Boom, werden künftig jedoch wohl von E-Autos verdrängt werden
Foto: Jan Woitas/ dpa
197,6 Prozent - so stark stieg die Zahl der neu zugelassenen Plug-in-Hybride im Dezember 2019, verglichen mit dem Vorjahresmonat. Statt 1875 verzeichnete das Kraftfahrt-Bundesamt 5580 Neuzulassungen. Im November war der Anstieg sogar noch beeindruckender: Von 2004 auf 6334 Fahrzeuge - ein Plus von 216,1 Prozent. Damit übertrafen die Plug-in-Hybride die Zulassungen reiner Elektroautos zum Jahresende deutlich. Denn die Anzahl neuer Pkw mit E-Antrieb stieg im Dezember im Vergleich zum Vorjahresmonat "nur" um 49,8 Prozent.
Diese Bilanz dürfte vor allem die Hersteller freuen, bei Umweltschützern jedoch für Frust sorgen. Denn die Teilzeitstromer gelten als ökologisches Feigenblatt. Sie verbrauchen in den genormten Tests zwar kaum Kraftstoff und stoßen deshalb nur äußerst wenig CO2 aus - dieser Vorteil existiert bei einem Plug-in-Hybrid jedoch nur auf dem Papier: Einer Untersuchung der britischen Beratungsfirma The Miles Consultancy zufolge lag der Verbrauch von 1500 Plug-in-Hybriden bei sechs Litern auf 100 Kilometer - anstatt der im Schnitt versprochenen zwei.
Dienstwagenregelung wird zum Problem
Der Grund für den Unterschied war so simpel wie einleuchtend: Die Fahrer haben die Batterie selten oder nie geladen, denn es handelte sich dabei um Firmenwagen, für die meist Tankkarten ausgestellt werden. "Die Ladekabel liegen cellophanverpackt im Kofferraum, während Firma und Angestellte an Tankstellen ein und aus gehen und den zusätzlichen Kraftstoff bezahlen", sagte The-Miles-Chef Paul Hollick der BBC. Das gleiche Schicksal dürfte auch den neu zugelassenen deutschen Steckerhybriden drohen - denn auch sie sind vor allem Dienstwagen.
So stieg der Anteil der Firmenwagen an den neu zugelassenen Plug-in-Hybriden nach Angaben des Center of Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen von 23 Prozent im letzten Quartal des Jahres 2018 auf 51,2 Prozent im Oktober und November des Jahres 2019. Das zeigen laut CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer auch die besonders oft zugelassenen Modelle: "Die elektrifizierte Mercedes E-Klasse, der BMW 330e und die Plug-in-Version des Audi Q5 treiben die Zulassungszahlen stark in die Höhe" - also die Plug-in-Varianten beliebter Dienstwagen.
Die aufladbaren Hybride sind für Firmen besonders attraktiv, sofern sie eine elektrische Mindestreichweite von 40 Kilometern haben - denn dann fallen sie unter die günstigere 0,5-Prozent-Regelung der Dienstwagenbesteuerung. Die Plug-in-Hybride könnten so zur subventionierten CO2-Falle werden. Denn Fahrer von Dienstwagen legen oft lange Strecken zurück, die weit über die rein elektrische Reichweite hinausgehen. Dann steigt der Verbrauch jedoch drastisch, da der Verbrenner das Gewicht des Hybridsystems mitschleppen muss.
Tesla und VW als Gewinner
Dieses Problem werde den Plug-ins jedoch zum Verhängnis werden, sagt CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer: "Der hohe Realverbrauch der Plug-in-Hybride wird weiter diskutiert werden und das Image der Fahrzeuge schädigen." Der steigende Anteil an Plug-in-Hybriden sei deshalb ein Übergangsphänomen, das nach fünf Jahren wieder enden werde. Das hat Dudenhöffer zufolge einen einfachen Grund: "Reine Elektroautos werden nach vier bis fünf Jahren günstiger und sind in höheren Stückzahlen verfügbar." Außerdem werden sie durch die höhere Kaufprämie stärker Marktanteile gewinnen als die Plug-ins. "In fünf Jahren", so Dudenhöffer, "spricht kaum jemand mehr über den Plug-in-Hybrid, da er zu teuer ist und zu viel Sprit verbraucht."
Die Fahrer der Plug-in-Hybride werden Dudenhöffer zufolge deshalb auf reine Elektroautos umschwenken. So seien auch aktuelle Elektroautos einem Plug-in-Hybrid in jeder Hinsicht überlegen. Ein deutscher Hersteller hat dem CAR-Leiter zufolge mit seiner Elektrostrategie deshalb alles richtig gemacht: VW. An den übrigen Herstellern könnte dieser Trend dagegen sprichwörtlich vorbeifahren - in Form eines Konkurrenten: "Tesla wird seine Position als Elektro-Marktführer in Deutschland ausbauen können", prophezeit Dudenhöffer.