
Parlamentskreis "Automobiles Kulturgut": Hilfe für die Alten
Parlamentskreis "Automobiles Kulturgut" "Oldtimer sind nicht nur ein Hobby für Reiche"

Der fraktionsübergreifende Parlamentskreis "Automobiles Kulturgut" wurde 2009 gegründet. Seit Mai 2014 ist der Braunschweiger CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller Vorsitzender des Gremiums. Der 44-Jährige war unter anderem einige Jahre Inhaber der Markenrechte des Autoherstellers Borgward.
SPIEGEL ONLINE: Herr Müller, warum braucht der Bundestag einen Parlamentskreis für Oldtimerfans?
Müller: Das Thema Oldtimer ist zugegebenermaßen ein wenig randständig. Aber es fasziniert immer mehr Menschen. Und es ist nicht nur ein Hobby für Reiche. Es gibt viele, die zum Beispiel einen Kadett B von 1970 großartig finden, weil sie als Kind darin chauffiert wurden und jetzt selbst damit fahren möchten. Außerdem ist daraus mittlerweile ein nennenswerter Wirtschaftsfaktor entstanden - Werkstätten, Versicherungen und das klassische Handwerk wie Sattler und Karosseriebauer profitieren davon.
SPIEGEL ONLINE: Ist dieser Parlamentskreis eine reine Männer-Clique oder gehören ihm auch Frauen an?
Müller: An den Sitzungen, die zwei- bis viermal im Jahr stattfinden, nehmen rund 50 Personen teil: Politiker, Leute aus der Wirtschaft und Verbänden sowie aus der Oldtimerszene. Darunter sind auch Frauen, zum Beispiel die Bundestagsmitglieder Gabriele Groneberg oder Sylvia Jörrißen.
SPIEGEL ONLINE: Um was geht es in diesen Sitzungen?
Müller: Ein Beispiel: Derzeit sorgt in der Schrauberszene eine EU-Definition für Verwirrung, wonach Oldtimer Fahrzeuge sind, die selten oder nie auf öffentlichen Straßen bewegt werden. Aber wir können Entwarnung geben: Bei der EU-Richtlinie geht es nur um Oldtimer, die von regelmäßigen Hauptuntersuchungen ausgenommen sind. Also Fahrzeuge mit rotem 07-Kennzeichen, die sporadisch mal am Wochenende gefahren werden. Die Fahrzeuge, die mit H-Kennzeichen zugelassen sind, fallen nicht unter diese Definition.
SPIEGEL ONLINE: Welches Ziel verfolgt ihr Parlamentskreis noch?
Müller: Uns beschäftigt die Frage: Wie gehen wir eigentlich mit klassischen Lkw und Bauschmaschinen um? Es gibt nur einen sehr geringen Bestand an diesen Fahrzeugen, deshalb ist zum Beispiel das geltende Sonntagsfahrverbot für Oldtimerlaster kaum zu rechtfertigen. Die Besitzer fahren zwei-, dreimal im Jahr zu einem Treffen mit ihren Fahrzeugen, die natürlich wesentlich langsamer als moderne Lkw sind. Die werden damit samstags und unter der Woche auf die Autobahnen gezwungen. Das muss nicht sein.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es vielleicht bald zu viele Oldies auf den Straßen? Mittlerweile sind Massenfahrzeuge wie der Mercedes 190 oder der VW Golf II reif für das H-Kennzeichen.
Müller: Die Anzahl der Fahrzeuge mit H-Zulassung nimmt tatsächlich zu. Vor allem die Zahl der klassischen Fahrzeugen der Sechziger- und Siebzigerjahre steigt, viele wurden aus den Niederlanden, USA, Großbritannien, Italien, Frankreich importiert. Der Zuwachs bei den Youngtimern aus den Achtzigern ist dagegen moderat. Es ist also nicht so, dass Gebrauchsfahrzeuge überaltern und aus Steuergründen noch einmal ein H-Kennzeichen drübergebügelt bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Welche Oldtimer fahren Sie persönlich?
Müller: Unter anderem eine Ente von 1973 mit 23 PS. Aus erster Hand und absolut original, nicht restauriert. Das Einzige, was ich da ersetzt habe, war neulich der Auspuff. Der war nach 51.000 Kilometern und 41 Jahren einfach hin.
SPIEGEL ONLINE: Kann man mit 23 PS heute noch guten Gewissens auf die Autobahn?
Müller: Bei einer Ausfahrt wurde ich auf der Autobahn von Braunschweig nach Harzburg mal von einem Porsche 911 mit etwa 280 km/h überholt. Ich war mit der Ente so ungefähr 70, 80 km/h schnell. Das war schon sehr erschreckend. Aber ansonsten sind Oldtimer in der Regel alltagstauglich.