Schönes Ding: AC Propulsion Tzero Das Elektroauto, das Elon Musk die Augen öffnete

Die Automobilgeschichte ist voll von irren Studien, die erst begeisterten und dann verschwanden. Diesmal: der AC Propulsion Tzero. Ohne den fast vergessenen Elektroauto-Prototyp gäbe es womöglich Tesla gar nicht.
Im Januar 1997 debütierte der AC Propulsion Tzero auf der Autoshow in Los Angeles

Im Januar 1997 debütierte der AC Propulsion Tzero auf der Autoshow in Los Angeles

Foto: Pete Gruber

Dass Elon Musk gern im Mittelpunkt steht, ist bekannt. Er hat aber offenbar auch ein Gespür dafür, wann Wahrhaftigkeit angebracht ist. In einem Tweet vom 9. Dezember 2018 teilte er mit, dass der Elektro-Sportwagen Tzero (gesprochen: "ti-siero") »die Inspiration für den Tesla Roadster« gewesen sei. »Ohne diesen Prototypen würde es Tesla nicht geben, zumindest hätte es sehr viel länger gedauert«, twitterte Musk.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Tzero? Auch wenn kaum jemand das kecke Gefährt kennt, von dem lediglich drei Prototypen gebaut wurden — es ist tatsächlich die Keimzelle aller modernen Elektroautos.

Auf die Bühne der Autowelt rollte der in Handarbeit gefertigte Wagen erstmals im Januar 1997 bei der Autoshow in Los Angeles. Der Zweisitzer hatte vor allem den Zweck, einen neuen Elektroantrieb der kalifornischen Firma AC Propulsion, bekannt zu machen. Das 1992 gegründete Unternehmen aus San Dimas entwickelte schon damals Elektronikkomponenten für die Autoindustrie.

Fotostrecke

AC Propulsion Tzero — der erste Impuls

Foto: Pete Gruber

Aufsehen erregte der Elektrozweisitzer allerdings erst drei Jahre später. Da trat der Tzero zu Viertelmeile-Sprintduellen (circa 400 Meter) gegen einen Ferrari F355, eine Corvette C5 und einen Porsche Carrera 4 an — und gewann jeweils überlegen. Ein mickriger Elektrowagen blamiert drei Supersportwagen! Eine E-Maschine mit 160 kW ließ brachiale Sechs- und Achtzylinder-Verbrenner alt aussehen! Irgendwas musste dran sein an dieser neuen Elektroantriebstechnik. Der Tzero kombinierte Leichtbau, Hightech, Fahrspaß und Dynamik — und das nahezu lautlos und ohne Abgase. War das womöglich viel mehr als nur ein Technikdemonstrator einer kleinen Firma am Rand von Los Angeles?

Wie Tesla ins Rollen kam

Wiederum drei Jahre später, 2003, löste der Tzero jenen Impuls aus, der die Autowelt grundlegend verändern sollte. In aller Kürze geht die Geschichte so: Martin Eberhard, ein zu diesem Zeitpunkt 43 Jahre alter Elektroingenieur und Computerunternehmer aus Kalifornien, erfuhr von dem Auto. Weil er auch mitbekam, dass AC Propulsion keine Serienproduktion des Wagens plante, nahm er die Sache selbst in die Hand: Gemeinsam mit Marc Tarpenning gründete der die Firma Tesla.

Der Rest der Story ist hinlänglich bekannt. Mehrere Investoren, darunter Elon Musk, stiegen bei Tesla ein. Eberhard musste das Unternehmen Ende 2007 verlassen, Musk übernahm an seiner Stelle die Kontrolle. Derweil ging die Saat des Tzero auf. Auf seiner technischen Basis entstand der Tesla Roadster, der 2007 vorgestellt wurde und den Grundstein für das aktuell wertvollste Automobilunternehmen der Welt darstellte.

»Ursprung moderner E-Antriebe«

»Auf einer Tesla-Investorenkonferenz Anfang 2017 hörte ich zum ersten Mal vom Tzero. Elon Musk sprach damals von der Rolle, die das Auto und die Firma AC Propulsion in den ersten Jahren für Tesla spielten«, erinnert sich Pete Gruber, den der SPIEGEL via Email kontaktierte. Der deutschstämmige US-Unternehmer betreibt in Phoenix im US-Staat Arizona die Gruber Motor Company (GMC), die sich auf die Instandhaltung und Reparatur von Tesla-Modellen spezialisiert hat. Als während der Onlinekonferenz mit Musk ein Bild des knallgelben Tzero eingeblendet wurde, war Grubers Neugier geweckt und er machte sich auf die Suche.

Und tatsächlich fand er einen Tzero-Besitzer, der bereit war, das Auto zu verkaufen. Fortan fuhr Gruber, neben Tesla Roadster, auch Tzero. Und seine Mitarbeiter, spezialisiert auf digitale Tesla-Antriebstechnik und Lithium-Ionen-Batteriepakete, konnten nun deren Ursprung kennenlernen: einen analogen Elektroantrieb, gespeist von insgesamt 28 Blei-Säure-Batterien. Erst im letzten der drei Prototypen ersetzte AC Propulsion die Blei-Säure-Akkus durch insgesamt 6800 Lithium-Ionen-Laptopbatterien, wie sie später auch im Tesla Roadster zum Einsatz kamen.

»Tzero war seiner Zeit weit voraus«

»Der Tzero war seiner Zeit weit voraus«, berichtet Gruber. »Ein Elektroauto mit dieser Leistungsentfaltung, dieser Reichweite und diesem Fahrgefühl gab es bis dahin nicht. Auch ein Rekuperationssystem war beim Tzero an Bord, es ließ sich sogar stufenlos einstellen — was später beim Tesla Roadster nicht mehr möglich war.« Auch das Grundkonzept nahm der Tzero vorweg, nämlich einen elektrischen Antriebsstrang in einen Leichtbau-Sportwagenrahmen zu integrieren. AC Propulsion entschied sich damals für den Kit-Car-Roadster Piontek Sportech, Tesla nutzte später den Lotus Elise als Basis für den Tesla Roadster.

Gruber hatte mit dem Tzero viel vor. Auftritte bei Autoshows, Aktionen mit Elektroautofans, Promotion für sein Unternehmen. Doch schon nach wenigen Wochen gingen diese Pläne buchstäblich in Flammen auf: In der Halle von GMC brach bei Arbeiten an einer Tesla-Batterie am 5. Mai 2017 ein Feuer aus, bei dem sieben Tesla Roadster, drei weitere Elektrofahrzeuge und der Tzero zerstört wurden.

»Soweit ich informiert bin, war unser Tzero das einzige noch funktionsfähige der insgesamt drei handgefertigten Exemplare«, sagt Gruber heute. Zu den beiden verbliebenen Tzero-Modellen gibt es widersprüchliche Angaben, was ihren Aufenthaltsort und Zustand betrifft. Für Gruber war durch den Brand das spezielle Fahrgefühl des Elektropioniers unwiederbringlich verloren — die Erinnerung an den »Ur-Tesla« lebt weiter.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren