Alltag im Elektroauto Stress mit Strom

Läuft ja wieder mal bestens. Fetter Range Rover steht auf Elektroparkplatz. So liebe ich das. Die Batterie meines BMW i3 zeigt nur noch wenige Kilometer Reichweite an. Für den Weg aus der Stadt nach Hause bräuchte ich aber dringend Strom. Was tun? Ganz ehrlich: Am liebsten würde ich dem Fahrer einen Zettel unter den Wischer klemmen. Aufschrift: "Ignorant". Es ginge natürlich noch ein paar Stufen härter auf der nach oben offenen Beleidigungsskala. Aber das wäre nicht zitierfähig.
Viele der Autos auf den ausschließlich für E-Autos und Plug-in-Hybride ausgewiesenen Parkflächen stehen absichtlich dort, das unterstelle ich jetzt einfach mal. Frei nach dem Motto "Die paar Ökos sollen sich nicht so anstellen". Erstaunlich ist dabei die äußerst niedrige Hemmschwelle, die bei dieser Art von Fremdparken an den Tag gelegt wird. Dieselbe Person würde dies vermutlich niemals bei einer Parkfläche für Behinderte machen - aus Respekt. Zudem würde das Ticket hier 35 Euro kosten. Beim E-Parkplatz sind es nur zehn Euro.
Können Falschparker einfach abgeschleppt werden?
- Wenn Fahrer von Elektroautos ihren Handlungsspielraum ausschöpfen und in dieser Situation die Polizei informieren, wird es teuer, weil diese in der Regel dann den Abschleppdienst ruft. Das passiert immer öfter. Polizisten sind vereinzelt bereits genervt, E-Mobil-Eigner, die Falschparker melden, werden mitunter als Öko-Denunzianten bezeichnet.
- In Sachen Abschleppen gibt es allerdings Grenzen. Stichwort: Verhältnismäßigkeit. Befindet sich in unmittelbarer Nähe eine weitere Ladesäule, die einen Platz frei hat, lassen beispielweise die Beamten in München den Falschparker nicht an den Haken nehmen. Ein Ticket gibt es aber auf jeden Fall.

Falschparker blockiert eine Ladesäule
Foto: MIchael SpechtIst das Tanken für E-Autos an öffentlichen Ladesäulen kostenlos?
Seit Sommer 2015 gestattet das Elektromobilitätsgesetz EmoG, E-Fahrzeugen Sonderrechte zu erteilen. Allerdings wird dies nicht bundesweit einheitlich gehandhabt, sondern von jeder Stadt oder Gemeinde in Eigenregie umgesetzt. Das bedeutet, jede Kommune kann selbst entscheiden, ob E-Fahrer Vergünstigungen in Anspruch nehmen können oder eben nicht.
- Mit gutem Beispiel voran geht Hamburg. E-Autos und Plug-in-Hybride dürfen öffentlichen Parkraum tagsüber (die Stadt spricht von "Bewirtschaftungszeitraum") kostenfrei für zwei Stunden nutzen. Parkscheibe aufs Armaturenbrett legen genügt. Mir selbst hat dies schon das eine oder andere Mal den mahnenden Zeigefinger selbsternannter Blockwarte eingebracht: "Hallo, Sie da, erst einmal bezahlen!"
- Voraussetzung für das kostenlose Parken ist der Buchstabe E im Nummernschild. Fehlt dieser - es besteht kein behördlicher Zwang, sein Elektroauto mit einem E-Kennzeichen zu versehen -, klemmt schnell ein Ticket unterm Wischerblatt. Auch dann, wenn zweifelsfrei erkennbar ist, dass es sich um ein Elektroauto handelt, wie dies zum Beispiel beim Tesla Model S, BMW i3 oder Renault Zoe der Fall ist. Auch Stuttgart und Neuss gestatten E-Autobesitzern das freie Parken. Berlin und München dagegen gewähren Stromern keinerlei Bonus.
Dürfen Autos mit Verbrennungsmotor zu bestimmten Uhrzeiten an E-Ladesäulen parken?

Parkplatz für E-Autos und Plug-in-Hybride
Foto: MIchael SpechtAn Ladesäulen dürfen Autos mit Verbrennungsmotoren auch außerhalb des Bewirtschaftungszeitraumes (meist 20 bis 9 Uhr) nicht stehen. E-Autos ist das hingegen erlaubt, sogar nachts. Hamburg verlangt nicht einmal, dass während des Parkens die Batterie geladen wird. Dazu heißt es von der Polizei: "Für die Stellplätze an Ladesäulen im öffentlichen Verkehrsraum in Hamburg gilt: Es handelt sich verkehrsrechtlich um gewöhnliche Parkplätze, die einer bestimmten Nutzergruppe (hier: E-Kfz) vorbehalten sind. Die Ladesäule spielt hierbei keine Rolle. Laden ist also nicht erforderlich, dürfte für versierte Nutzer von reinen E-Kfz jedoch eine Selbstverständlichkeit sein."
München hingegen verlangt ausdrücklich, dass E-Autos, die parken, auch laden (man achte auf das Schild mit dem Auto, aus dem ein Stecker hängt). Maximal vier Stunden Ladezeit ist erlaubt. Diese bayerische Regel macht die Parkplatzsuche für Elektroautos unnötig schwer. Denn es gibt Ladesäulen, zu der die eigene Chipkarte keinen Zugang hat, die Klappe für den Stecker bleibt dann verschlossen. Dieses Problem löst sich zunehmend auf. Immer mehr Stromnetzanbieter schließen sich diesbezüglich zusammen oder kooperieren mit den Autoherstellern.

Autor Michael Specht mit seinem BMW i3
Foto: Michael SpechtDürfen E-Autofahrer die Busspur benutzen?
Flott durch die City, vorbei am Stau und cool die Bus- oder Taxi-Spur benutzen? Was in Norwegen für Fahrer von Elektroautos seit Jahren zum Alltag gehört, bleibt bei uns auch weiterhin Utopie. Den Kommunen ist das Thema zu heikel. Auch die norwegische Regierung rudert zurück, weil mittlerweile zu viele Stromer auf den Busspuren unterwegs sind. Wer heute mit seinem E-Mobil in der Rushhour auf der Busspur fahren will, muss einen Beifahrer an Bord haben.
Weniger Elektroautos werden dadurch nicht gekauft. Die Quote hat in Norwegen jüngst unglaubliche 46 Prozent erreicht. Allein in diesem Halbjahr wurden in dem skandinavischen Land 35.788 Stromer neu zugelassen. Allerdings: Wer denkt, die Norweger wären über die Maße besorgt um reine Luft und würden nur deshalb Elektroautos kaufen, irrt.
Der finanzielle Zuschuss vom Staat in Form von Steuererleichterungen dürfte eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Wenn ein Elektro-Golf in der Anschaffung nicht mehr kostet als ein normaler Golf oder ein Tesla Model S nur so viel wie ein Opel Insignia, fällt die Wahl natürlich leicht. Zumal Strom buchstäblich im Überfluss vorhanden ist. Er wird in Norwegen fast ausschließlich über Wasserkraft gewonnen.
Im Video: Smartcars und intelligente Helfer