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Freunde von Autos: Die Lotus-Blüte

Foto: Luke Abiol

Radikale Flunder Fehlzündung programmiert

Er ist ein Kind der Siebziger - und er liebt die keilförmigen Autos dieser Zeit. Einen Ferrari Dino hat der Berliner Thomas Marecki schon, einen Lotus Esprit S1 lässt er gerade mit einem skurrilen Extra ausrüsten.
Von Kai Kolwitz

Am liebsten mag er es keilförmig, flach und radikal. Thomas Marecki ist von Autos fasziniert, so lange er denken kann, besonders von den Designentwürfen der Hersteller in den Siebzigern. "Mich haben diese Concept Cars begeistert, seitdem ich als Kind Autoquartett gespielt habe", beschreibt Marecki seine Vorliebe für die Zukunftsvisionen der Kreativen.

Marecki ist Jahrgang 1972 und selbst ein visueller Mensch: Graffitisprayer, Schriftenentwickler, studierter Grafikdesigner, Künstler. Unter dem Namen Marok schafft Marecki Bilder und Installationen, die oft mit dem Thema Mobilität zu tun haben. Der Gestalter hat Objekte aus Autoscheiben und Verkehrschildern gemacht, Radarfotos zu Collagen montiert oder die Verpackung eines "Deadly Utility Truck" als Kinderspielzeug gelayoutet - ein böser Laster für den Kriegseinsatz.

Als Resultat seiner wahren Autoliebe aber parkt in der Garage des Designers ein blauer Ferrari Dino 308 GT4. Ein Bertone-Entwurf aus den Siebzigern, der all das vereint, was der Gestalter an Autos mag. "Nach dem Wagen habe ich zwei Jahre lang gesucht - selbst in der Schweiz und in Italien. Von denen gibt's nicht mehr so viele", erinnert sich der Berliner.

"Nicht noch ein Spritsäufer"

Jetzt hat der Ferrari Gesellschaft bekommen. Mareckis neues Fortbewegungsmittel, das noch restauriert und umgebaut werden muss, stammt ebenfalls aus den Siebzigern - und es soll ähnlich spektakulär werden wie der Ferrari: ein Lotus Esprit S1, mit ganz besonderen Fähigkeiten.

Der Lotus ist das Auto, das sich in dem James-Bond-Film "Der Spion, der mich liebte" per Knopfdruck in ein U-Boot verwandeln ließ. Mareckis Wagen wird das am Ende wohl nicht können. Aber im Serienzustand wird auch der Berliner das Auto nicht belassen - er ist gerade dabei, den Wagen auf Elektroantrieb umzubauen.

"Erst war es nur eine Idee, aber dann fängt man an, sich Informationen zu besorgen", beschreibt Marecki seine Motivation. "Ich wollte so einen Wagen schon immer haben, weil mir die Form gefällt. Aber ich wollte mir nicht noch einen Spritsäufer hinstellen." Ein elektrischer Antrieb passt gut zu den Linien des Modells, findet er. Außerdem wird ein E-Motor den Lotus fast lautlos dahingleiten lassen.

Vorfreude auf Burn-outs

In den USA existiert eine Szene für solche Umbauten, Firmen wie Netgain haben sich auf Nachrüstmotoren für E-Autos spezialisiert. Den passenden, wenn auch verlebten Lotus fand er via Internet in einer Scheune in Texas. Anschließend galt es vor allem - nach viel Blecharbeit - den 140-PS-Vierzylinder des Lotus auszubauen, den E-Motor in den Wagen einzupassen, mit der restlichen Kraftübertragung zu verbinden, eine Steuerung einzuweben und Einbauorte für die Akkus zu finden.

"Mein Mechaniker und ich haben uns dafür entschieden, das Getriebe im Wagen zu lassen", erklärt Marecki: "Der Elektromotor könnte den Wagen zwar auch ohne Getriebe antreiben, aber für uns macht es den Umbau leichter, weil wir weniger ändern müssen." Kleiner Nebeneffekt: Dank des hohen Drehmoments, das solche Antriebe haben, werden im ersten Gang spektakuläre Burn-outs drin sein.

Der eigentliche Antrieb ist mittlerweile im Wagen eingebaut, Steuergerät und Akkus sollen in einigen Wochen folgen. Wenn der Lotus fertig umgerüstet ist, hofft Marecki auf rund 300 Kilometer Reichweite. Doch für ihn ist das nicht das Entscheidende: "Der Wagen ist ein Prototyp, da geht es mir erst einmal nicht um Wirtschaftlichkeit oder Reichweite. Ich bin froh, wenn er fährt."

Bausatz mit elektronischen Fehlzündungen

Außerdem wollen Marecki und sein befreundeter Kfz-Mechaniker zeigen, dass solche Projekte möglich sind. Und weniger kompliziert, als man denken sollte. 30.000 Euro haben sie sich als Kostenlimit gesetzt - inklusive Lotus, das wäre weniger, als zum Beispiel ein elektrischer Opel Ampera als Neuwagen kostet.

Und nicht zuletzt ist der Elektro-Lotus Kunst. Bereits als halbfertiger Umbau wurde er bei der Ausstellung "Garage Grit" in der Eindhovener Galerie MU gezeigt, die Marecki kuratierte und in der sich alles um Autos und Fortbewegung drehte.

Selbst wenn der Lotus in den nächsten Monaten komplett umgebaut ist, wird er ein Kunstobjekt bleiben. Gemeinsam mit dem österreichischen Produzenten und DJ Patrick Pulsinger hat Marecki zehn Sounds für den elektrischen Lotus entwickelt, die sich auf Knopfdruck umschalten lassen: "Ein paar der Sounds sind musikalisch, ein paar auch technoid", sagt er. "Und bei einigen haben wir Fehler eingebaut, eine Art elektronische Fehlzündung." Mit zunehmender Beschleunigung des Autos werden auch die Töne lauter.

Im Berliner Stadtverkehr wird man den Wagen eher selten sehen. Denn zwar mag Marecki den Stadtring bei Nacht. Aber sonst gilt: "Man kommt ja meist nur bis zum nächsten Stau. Eigentlich fahre ich hier lieber Fahrrad."

Ein Porträt über Thomas Marecki ist ebenfalls bei "Freunde von Freunden" erschienen. Den Text finden Sie hier. 

Freunde von Autos
Foto: Corbis

Es gibt Menschen, die haben mit ihrem Auto ein größeres Ziel im Blick als nur den Weg von A nach B: eine Weltreise zum Beispiel, bei der aus dem einfachen Pkw ein zuverlässiger Partner wird. Sie wollen ihr Fahrzeug umbauen, zerlegen, bewahren. Was diese Menschen teilen: Sie sind Freunde von Autos. In einer losen Serie stellt SPIEGEL ONLINE Männer und Frauen mit ganz besonderen "Beziehungskisten" vor. Freunde von Autos ist eine Kooperation mit "Freunde von Freunden" , einer internationalen Agentur in Berlin, die Kreative aus Kultur und Kunst porträtiert.

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