Fiat 500 F, Baujahr 1970 Großer Mann mit kleinem Auto

Ist das nicht unbequem für einen 1,90-Meter-Mann in so einem kleinen Cinquecento? Diese Frage bekommt SPIEGEL-ONLINE-Leser Joachim Buch häufig zu hören, wenn er im Sommer mit seinem roten Fiat 500 F, Baujahr 1970, unterwegs ist. Doch mit geöffnetem Fenster ist es sogar recht kommod.

Nahezu jeder Autobesitzer fühlt sich mit seinem Fahrzeug auf besondere Weise verbunden. Bei SPIEGEL ONLINE stellen Leser ihr persönliches Lieblingsmodell und ihre persönlichen Erlebnisse mit dem Gefährt vor. Diesmal berichtet Joachim Buch über seinen Fiat 500 F, Baujahr 1970.

Der Kauf meines Fiat 500 war recht spontan. Ich erinnerte mich an meine vielen Italienreisen in meiner Kindheit, an Ferien in Lido di Pomposa, Cattolica und Rimini, und daran, dass ich schon als Knabe von vier Jahren die kleinen Fiats als witzig empfunden hatte. Weil ich gerade einen lukrativen Auftrag abgeschlossen hatte, war auch ein bisschen Geld in der Haushaltskasse übrig. Also setzte ich eine Anzeige in eine Oldtimer-Zeitschrift: "Suche alltagsfähigen Fiat 500, nicht restaurationsbedürftig, wenn möglich rot." Das war alles.

Vier Offerten landeten in meiner Mailbox - sehr unterschiedliche Fahrzeuge aus allen Teilen der Republik. So befand sich unter den Angeboten ein getunter 500er im Abarth-Look mit unsinnig viel PS und dem horrenden Preis von 10.000 Euro. Das sympathischste Angebot mit Bildern und einer detaillierten Beschreibung kam aus der Gegend um Cuxhaven.

Nun liegen Stuttgart und Cuxhaven ja nicht eben einen Steinwurf beieinander. Ich ließ mir weitere Bilder schicken, bis ich mich entschied. Bald reiste ich mit meiner Freundin im Zug einmal quer durch die Republik. Das Wägelchen übertraf meine Erwartungen, und seine Vergangenheit war bis ins kleinste dokumentiert, sogar ein alter Prospekt mit Farbkarte lag dabei.

Warum wolle er denn so ein tolles Stück loswerden, wunderte ich mich. Darauf der Verkäufer: "Wir wandern nach Schweden aus, und auf den dortigen Schotterpisten würde sich das Auto nicht wohlfühlen." Und wenn er es schon hergäbe, dann nur in kundige und liebevolle Hände. Als ich erzählte, dass in meinen Beständen noch eine alte Vespa 200 und eine Moto-Guzzi California II seien, waren seine Bedenken endgültig zerstreut.

Kinder winken, Erwachsene kommen ins Plaudern

Die Fahrt zurück nach Stuttgart - bei bestem Wetter und mit geöffnetem Faltdach - war ein Quell reinster Freude. Kinder winkten uns aus den Fenstern der klimatisierten Familientransporter zu, und ich tuckerte entspannt auf der rechten Spur gen Süden, immer gewahr, dass ich mit meinen 21 PS sozusagen am Ende der automobilen Nahrungskette stand. Im Alltag fuhr ich derzeit einen 290 PS starken Mercedes E420T - was für ein himmelweiter Unterschied!

Daheim wurde der Kleine flugs umgemeldet und fungiert seither als zweites Sommer-Alltagsauto für die kürzeren Strecken. Es ist faszinierend, wie viel in den Winzling hineingeht. Selbst kleinere Touren zum lokalen Wertstoffhof macht er ohne Probleme mit. Für diese Fahrten kalkuliere ich grundsätzlich mehr Zeit ein, denn meist entwickelt sich dort ein Gespräch mit Phrasen wie "Jaja, damals waren die Autos noch nicht so überfrachtet", "das war noch Qualität", "da kann man noch was selber dran machen." Oder ich höre die Frage "passen Sie als 1,90-Mann da überhaupt rein?" Ja, erwidere ich dann geduldig. Ich passe rein. Und zwar erstaunlich gut.

Verständlicherweise ist die Sitzposition nicht vergleichbar mit einem modernen Kleinwagen, vor allem wegen der geringen Breite. Die italienischen Konstrukteure haben damals einfach einkalkuliert, dass man eh den Ellbogen zum Fenster raushängen lassen wird, da fällt das mit der fehlenden Breite nicht auf.

Choke und andere Seltsamkeiten

Auch sonst passt alles wunderbar. Die Bedienelemente brauchen keine Beschriftung - die drei kann man sich gerade noch merken: Licht, Scheibenwischer und Warnblinker. Wer den Führerschein allerdings erst in den vergangenen Jahren erworben hat, dürfte den Fiat ohne Einweisung nicht gestartet bekommen. Der Anlasserhebel samt Choke sitzt nämlich zwischen den Sitzen bei der Handbremse.

Der Choke bedarf einer gefühlvollen Dosierung - sonst säuft der Motor ab. Auch die Heizung für kühlere Witterung ist nicht dort, wo man sie vermutet. Man greift zwischen die Sitze nach hinten - und da sitzt dann der Hebel für die Heizung. Da diese eher symbolischen Wert hat, genügen auch zwei Stellungen: An und Aus.

Der Zweizylinder ist eine uralte Konstruktion und hat im Fiat 126 Bambino und in den ersten Panda-Baureihen bis fast in die heutige Zeit überlebt. Er tuckert fröhlich vor sich hin, wenn man die Motorhaube hinten aufklappt, hat man alles vor sich - reparierbar bis in die letzte Schraube. Auch der Vorbesitzer des Fiat, mit dem ich immer noch in Kontakt stehe, kann von den Oldies nicht lassen: Er fährt in Schweden zwischenzeitlich einen alten Post-Volvo von 1965.

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