
Ford Bronco Ranger XLT: Baby you can drive my car
Ford Bronco Ranger XLT Meine Eltern, der Dinosaurier und ich
Es ging abwärts mit unserem Geländewagen, zweieinhalb Tonnen rutschten quer einen Hang hinunter. Mein Vater am Steuer, meine Mutter auf dem Beifahrersitz. Ich war damals auch schon dabei, aber nur in Mamas Bauch, sie war mit mir seit wenigen Monaten schwanger.
"Halt sofort an und lass mich raus!", schrie Mama meinen Vater an.

Oldtimerfahrer haben (fast) alle etwas gemeinsam, fand Margret Meincken bei ihrer Arbeit als Motorjournalistin heraus: Die Liebe zum alten Blech entstand schon in der Kindheit, oft geprägt durch die Eltern.
Bei Meincken war es nicht anders. Ihre Automacke entwickelte sich noch im Mutterleib bei einer Tour mit dem Ford Bronco ihres Vaters.
Von prägenden Erlebnissen mit der ersten motorisierten Liebe erzählt sie regelmäßig für SPIEGEL ONLINE in unserer Serie "Im Rückspiegel".
Er brachte das Ungetüm zum Stehen. Meine Mutter stieg aus, an der linken Hand meine Schwester aus dem Auto zerrend, die rechte Hand um den schwangeren Bauch gelegt. Energisch schüttelte sie den Kopf. Sollte der Mann den matschigen Hang hinter Berau im Südschwarzwald doch alleine runterrutschen.
Dabei wollte mein Vater nur spielen. Mit seinem Ford Bronco Ranger XLT. Zwar ohne die originalen Stollenreifen, dafür mit Geländeuntersetzung. Ich mag damals nur so groß wie ein Monchhichi gewesen sein, doch offenbar bereits weit genug entwickelt, um den mächtigen V8 des Ford Bronco zu spüren.
Damals, im März 1980, wurde der Grundstein für meine Liebe zu V8-Motoren gelegt, da bin ich mir sicher.
An der Ampel gullerte das Ungetüm wie ein schnarchender Dinosaurier
Er war einer der letzten seiner Art: Der Ford Bronco Ranger XLT von 1978, der sogenannte Große Bronco auf Basis des Ford F-100, angetrieben von einem 6,6-Liter-V8 (400 cubic inch). Die Kraftübertragung erfolgte über eine Drei-Gang-Automatik. Serienmäßig war ein zuschaltbarer Allrad mit Vorderraddifferential an Bord, optional ein permanenter Allradantrieb. An der Hinterachse verzögerten Trommelbremsen, vorne bereits Scheibenbremsen. Zur Sonderausstattung des Ranger XLT zählten die rechteckigen Sealed-Beam-Scheinwerfer, dick verchromte Front- und Heckstoßfänger, eine Zierchromleiste um die Windschutzscheibe, größere Radläufe und in Chrom gefasste, runde Rückleuchten.

Ford Bronco Ranger XLT: Baby you can drive my car
Die Karosserie saß auf einem Leiterrahmen, mit Längsträgern so massiv wie Stahlbetonträger im Burj al-Arab. Das einzige, was bei einem Unfall knautschte, war das Hindernis. Knautschte das Hindernis nicht, konnten die fehlenden Kopfstützen tödliche Folgen für die Insassen haben. An der Ampel gullerte das Ungetüm wie ein schnarchender Dinosaurier. Gab man Gas, ertönte für gefühlte drei Sekunden ein "ffffffffffff". Dann sog der Bronco kubikmeterweise Luft ein und ließ Benzin in seine acht Pötte strömen. 0,825 Liter pro Zylinder - so viel wie in acht Fiat Cinquecento von 1991. Er grollte und dampfte los. Bei einem Leergewicht von knapp 2,4 Tonnen und 163 Pferdchen langsam. Aber bedrohlich.
In meiner Familie gab es zwei Rituale. Erstens: An Feiertagen wurde durch den Schwarzwald spaziert - egal bei welchem Wetter. Zweitens: Der Bronco wurde im Acker geparkt. So auch im Winter 1989. Nach dem obligatorischen Marsch durch nasskalten Nebel kletterte die Familie bei herankriechender Dunkelheit wieder in ihren Ford. Vater Meincken startete den Motor, legte den Rückwärtsgang ein und trat aufs Gas.
Bis zum Bauch im Dreck
Schlammige Fontänen schossen an den Seitenfenstern vorbei. Steine und Erdklumpen schleuderten gegen den Unterboden. Die vier Räder rotierten in der Erde wie Kreissägenblätter. Der Bronco grub sich ein bis zum Bauch. Mein Vater brummte, drückte die Tür auf und glitt ebenerdig vom Fahrersitz auf den Acker. Er klemmte die Gummi-Fußmatten hinter die Reifen, zog den Lenkrad-Wählhebel wieder auf "R" und gab Gas. "Flapp, flapp, flapp, flapp." Vier Gummimatten fetzten durchs Mondlicht.
Mein Vater befahl, nach flachen Holzscheiten am Waldrand zu suchen. Wir fanden zwei und drückten sie unter den Hinterrädern in den Schlamm. Wir sahen sie nie wieder. Eine halbe Stunde später fuhr ein Pkw vorbei. Wenn ich mich recht erinnere, war es ein Ford Scorpio. Der Fahrer hielt und fragte, ob er helfen könne. Atemlos starrten wir meinen Vater an. Der wischte sich die lehmverkrusteten Hände an seiner ausgebeulten Jeans ab und willigte ein. Zähneknirschend.
Die beiden Männer befestigten das Abschleppseil an ihren Autos. Dann stieg mein Vater in seinen Bronco und ließ sich von einem Scorpio aus dem Schlamm ziehen. Er sprach den ganzen Abend kein Wort mehr. Meine Mutter versuchte, ihn zu trösten. "Hätten wir die Stollenreifen noch, wäre das bestimmt nicht passiert."
Am nächsten Tag bearbeiteten wir unseren Bronco zweieinhalb Stunden mit dem Hochdruckstrahler, wischten die Einstiegsleisten trocken und drapierten die neu gekauften Perserteppich-Imitate im Fußraum. Mein Vater formulierte inzwischen wieder zusammenhängende Sätze und hatte seinem Geländewagen schon fast verziehen. Er streichelte über den elfenbeinbraunen Lack, der im winterlichen Abendlicht glänzte, und schwang sich auf den Fahrersitz.
Zwischen Fahrer- und Beifahrersitz hockte eine breite, braune Kunststoffkiste
Der gesamte Innenraum war mit dickem braunen Veloursteppich ausgekleidet. In die Türverkleidungen und das gepolsterte Armaturenbrett war feines Holzimitat eingearbeitet. Die breite Rücksitzbank und die Vordersitze waren mit beigebraunem perforierten Vinyl bezogen. Zwischen Fahrer- und Beifahrersitz hockte eine breite braune Kunststoffkiste, in der Karten, Getränke und Vorräte verstaut und bald darauf vergessen waren.
Zur Sonderausstattung unseres Broncos zählten außerdem das Drei-Speichen-Sportlenkrad, umhüllt von schwarzem Vinyl, und eine mit (gefühlt) purem FCKW kühlende Klimaanlage, die Eiswürfel bis hinter die Rücksitzbank spuckte. Unterhalb der Klimaanlage, die man mit verchromten Schiebern regeln konnte, klemmte das Radio samt Kassettendeck.
Das war kein gewöhnliches Kassettendeck. Die zwei mitgelieferten Tonbänder, 8-Tracks, waren fast so groß wie VHS-Kassetten: eine mit amerikanischen Disco-Hits aus den Siebzigerjahren und eine mit deutscher Volksmusik bzw. mit Geräuschen, die Amerikaner für deutsche Volksmusik hielten. Gelegentlich schoben wir die "German Volksmusik" in den Tonbandschlund und kringelten uns auf dem weichen Teppich, sobald das "Ummphta, ummphta, rummtata" ertönte. Es war wie die unheimliche Begegnung der dritten Art.
Erinnerungen an einen der letzten Dinosaurier
Ich erinnere mich an unsere Touren an die Ostsee. Das Schiff auf dem Trailer, der Bronco mit aufgeblasenen Hijackers, damit sich das Gespann nicht aufschaukelte. Mit einer Reisegeschwindigkeit von 80 km/h und einem Durchschnittsverbrauch von 30 Litern. Wir hielten an jeder dritten Autobahntankstelle.
Ich erinnere mich, dass ich meinen Vater abends schon von Weitem hören konnte, wenn er nach Hause fuhr. Ich hörte, wie die Reifen über den Asphalt walzten, wenn er in unseren Hof einbog. Manchmal kehre ich zu unserem längst verkauften Haus im Südschwarzwald zurück und betrachte die Mulden, die der Ford Bronco mit seinen 2,4 Tonnen in die Auffahrt gedrückt hat. Sie sind das Letzte, was von ihm geblieben ist.
Und ich erinnere mich an das Jahr 1996. Mein Vater, inzwischen schwer krank, verschenkte unseren Ford Bronco Ranger XLT von 1978 an einen Händler aus Konstanz. Ich war zu jung, um zu widersprechen.
Noch heute, gut 20 Jahre später, würde ich meine Seele für dieses Auto verkaufen. Und wenn die keiner haben will, so würde ich wenigstens gerne den Besitzer kennenlernen und ein letztes Mal in dem Auto meiner Kindheit sitzen. Um mich gebührend zu verabschieden - von einem der letzten Dinosaurier.
Sie haben auch ergreifende Erinnerungen an ein bestimmtes Auto? Dann schreiben Sie uns unter spon.auto@spiegel.de.
Hersteller: | Ford |
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Typ: | Ford Bronco Ranger XLT |
Motor: | 6,6 Liter V8 (400 cui) |
Leistung PS: | 169 PS |
Drehmoment: | 303 Nm |
Verbrauch (ECE): | 17,6 Liter |
Gewicht: | 2.363 kg |
Maße: | Länge: 4,58 m, Breite: 2,01 m, Höhe: 1,92 m |