
Firebird III Rakete auf Rädern
Als der Lockheed F-104 Starfighter 1956 vorgestellt wurde, fiel sogar Autodesignern die Kinnlade runter. Wie cool sah denn dieser Jet aus? Und diese leicht herunterhängenden Flügel. Das hatte es vorher noch nie gegeben. Logisch, dass in den Designstudios in Detroit fortan "Starfighter"-Autos skizziert wurden. Das verwegenste Resultat dieser Bestrebungen rollte 1958 ins Licht der Öffentlichkeit: der Firebird III von General Motors.
Heute reicht es, einen extragroßen Touchscreen ins Armaturenbrett zu integrieren, schon gilt das Auto als zukunftsweisend. Vor 60 Jahren war das noch anders. Da mussten schon das komplette Auto wie ein Düsenjäger aussehen, wenn es als visionär durchgehen sollte. Und der Firebird III hatte noch weitaus mehr zu bieten als eine staunenswerte Optik mit sieben Leitwerken, von denen vier leicht nach unten geneigt waren - nämlich: abgefahrene technische Neuheiten.
Die Plexiglaskuppeln samt Türausschnitten hoben sich nach einem Druck auf einen "Sonic-Key" an, einen Zigarren-großen Ultraschall-Sender; vor dem Fahrerplatz gab es kein Lenkrad mehr, stattdessen einen Joystick auf der Mittelkonsole, mit dem der Wagen gelenkt, beschleunigt und gebremst wurde; es gab einen Tempomat und eine Klimaanlage; das Auto verfügte über Felgen, die zugleich Bremstrommeln waren und über ein Fahrwerk mit kombinierter Luft-Öl-Hochdruckfederung.
Aber auch das war den General-Motors-Ingenieuren noch nicht genug. Der damals größte Autohersteller der Welt war offenbar geradezu versessen darauf, mit dem Firebird III die Zukunft des Automobils auf Jahrzehnte hinaus festzulegen. Also kam als Antrieb eine Gasturbine zum Einsatz, die hinter der Passagierkabine platziert war. Im Vorderwagen wiederum rackerte ein Zweizylinder-Benziner, der sämtliche Nebenaggregate, wie etwa Hydraulikpumpen und den elektrischen Generator, antrieb.
Immer dem Kabel nach
Und dann war da noch ein System namens "Auto-Guide", im Prinzip eine frühe Variante des autonomen Fahrens. Die Technik funktionierte ganz grob so: Zwei Spulen nahe den Vorderrädern erhielten von einem in der Fahrbahn eingelassenem Kabel elektrische Signale, rechneten diese in Lenkbefehle um und hielten so den Firebird III mit der vom Fahrer eingestellten Geschwindigkeit auf Kurs. Auf einer Teststrecke auf dem GM-Testgelände in Arizona funktionierte das. "So werde man in Zukunft überall fahren", hieß es im Werbefilm, der unter anderem diese autonomen Fahrszenen zeigte.
Der Firebird III war, das erkennt man schon am Namen, das dritte in einer Reihe von Experimentalautos, die General Motors in den Jahren 1953 (Firebird I) und 1956 (Firebird II) vorgestellt hatte. Alle mit Gasturbinenantrieb und alle im Jet-Design. Der Firebird III jedoch war die mit Abstand kühnste Vision. Und die beeindruckendste, was auch an der Gesamtlänge des Autos von 6,30 Metern lag. Einen Firebird IV gab es 1964 auch noch, doch dieser Prototyp war lediglich eine Designübung ohne Antrieb.
Der Name Firebird landete später in der Großserie
Der Name Firebird tauchte im GM-Universum dann ab 1967 auf, und zwar bei der Marke Pontiac, die das Modell Firebird als rassig-sportliches Pony-Car auf den Markt brachte, um die Baby-Boomer-Generation zu beglücken und mit Ford Mustang und Chevrolet Camaro zu konkurrieren.
Aktuell stehen die drei ersten Firebird-Experimentalautos im Henry Ford Museum in Dearborn im US-Staat Michigan. Gasturbinen als Autoantriebe setzten sich nie durch, Karosserien mit Plexiglaskuppeln und Leitwerken, Finnen und Flügelansätzen verschwanden alsbald. Trotzdem begann mit dem Firebird III ein Trend, der die Sechzigerjahre durchaus prägte: Er war das erste US-Auto dieser Zeit ohne jeglichen Chromschmuck. Cool!