

Die Rennszene, ob national oder international, bleibt eine Welt für sich. Welche Autos wo und in welcher Klasse/Gruppe fahren dürfen, ist streng reglementiert. Jeder gegen jeden? Ausgeschlossen!
Damit die Chancengleichheit der Teilnehmer gewährt ist, gibt es seit vielen Jahrzehnten sogenannte Homologationsblätter. In ihnen ist genauestens niedergeschrieben, was zu Rennzwecken an den Fahrzeugen verändert werden darf - und was eben nicht. Anfänglich umfassten die Regeln 15, später bis zu 150 Seiten.
"Alles begann etwa Mitte der Fünfzigerjahre", erinnert sich Jürgen Barth, langjähriger Porsche-Rennfahrer und später Rennkommissar der FIA, zuständig für sämtliche Porsche-Homologationen. Die Federation Internationale de l'Automobile ist die oberste Behörde im Rennzirkus. Sie wacht über alles, inklusive der Modifikationen im Motorsport.
Rennwagen vom Band
Irgendwann kam jemand auf die Idee, dass für eine Lizenz zur Teilnahme an Motorsportveranstaltungen mit seriennahen Fahrzeugen eine ganz spezielle Bedingung erfüllt sein müsse: nämlich das betreffende Rennserienmodell sollte in einer bestimmten Anzahl zuvor vom Band gelaufen sein. Bei Gran-Turismo-Fahrzeugen waren es 400 Stück, bei Tourenwagen 1000 Stück. Ausnahmen gab es natürlich auch: Vom Porsche 917, einem der berühmtesten Rennsportwagen überhaupt, verlangte die FIA 25 Exemplare, ebenso vom Ferrari 512. "Man wollte sicherstellen, dass genügend Autos für die Langstreckenrennen wie zum Beispiel Le Mans zur Verfügung standen", sagt Barth.
Oft gab es auch spezielle, schon ab Werk modifizierte Versionen in den geforderten Stückzahlen mit großen Heck- und Frontspoilern sowie Kotflügelverbreiterungen und breiteren Rädern. Auch sie dienten als Basisfahrzeuge für die Homologation der entsprechenden Rennautos.
In alphabetischer Reihenfolge zeigen wir hier einige der bekanntesten Homologationsmodelle, wie sie hauptsächlich in den Siebziger- und Achtzigerjahren, aber auch später noch auf den Markt kamen und die technischen Voraussetzungen für Motorsportveranstaltungen bildeten. Unter ihnen sind häufiger Modelle für die sogenannte Gruppe I (seriennahe Rennfahrzeuge) vertreten. Barth: "Sinn der Homologationsvorschriften war unter anderem, dass die Kunden relativ günstig Motorsport betreiben konnten. Aber natürlich wollten auch die Rennveranstalter gern volle Teilnehmerfelder haben." Nicht in die Kategorie Homologationsautos fallen die sogenannten Cup-Autos, wie in den Siebzigerjahren der berühmte Renault 5 oder der VW Scirocco. Diese bildeten die Rennfahrzeuge 1:1 ab, entsprachen weitestgehend der Gruppe I und durften teilweise auch auf öffentlicher Straße fahren, um Kosten zu sparen. Die Renneinsteiger sollten nicht gezwungen sein, das Wettbewerbsauto auf dem Hänger zu den Veranstaltungen ziehen zu müssen.
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Alfa Romeo Giulia Sprint GTA: Das Kürzel GTA steht für Gran Turismo Alleggerita, die Leichtbauversion der Giulia Sprint. Große Teile der Karosserie bestanden aus Aluminium. Zudem hatte der Wagen eine spartanische Inneneinrichtung und Magnesium-Felgen, mit dem Ergebnis, nur rund 750 Kilogramm zu wiegen. Ab 1965 wurden über 1000 Stück für den sportlichen Einsatz produziert.
Audi Sport quattro: Alles an ihm war außergewöhnlich, sein Fünfzylinder-Turbobenziner mit 306 PS, sein kurzer Radstand, seine Keflar-Karosserie und natürlich seine diversen Siege in der Rallye-Weltmeisterschaft. Nur hierfür war der "Kurze" entwickelt worden. 214 Exemplare fertigte Audi zwischen 1984 und 1986.
BMW 3.0 CSL: Ein überdimensionierter Heckspoiler, die tiefe Frontschürze und Gummikanten auf den vorderen Kotflügeln, der BMW 3.0 CSL sorgte bei seinem Debüt 1971 für großes Aufsehen. Das Modell entstand in Zusammenarbeit mit Alpina und wurde in der Tourenwagen-Europameisterschaft eingesetzt. Gewichtserleichterungen (u.a. Heckscheibe aus Plexiglas) sorgten für ein Renngewicht von 1165 Kilogramm.
BMW 2002 ti: Die ausschließlich zweitürige Limousine wurde für den Einsteiger-Motorsport sehr häufig als Gruppe-I-Fahrzeug eingesetzt. Der 2002 ti wurde zwischen 1968 und 1972 hergestellt. In der Rennszene zählte der 02er zu einem der erfolgreichsten Wagen überhaupt, egal ob Deutsche Rennsport-Meisterschaft, Berg- oder Rundstreckenrennen.
Ford Escort RS: Der Escort mit seinem legendären "Knochengrill" galt in den Siebzigern als eines der populärsten Fahrzeuge in der privaten Rennszene, vor allem in Großbritannien. 1973 erschien als Top-Modell der Baureihe der RS2000. Erfolgreicher mit Motorsport war allerdings die britische Version RS1600 mit dem Cosworth-BDA-Motor.
Lancia Stratos: So sah ein Auto in den Siebzigern aus, das nur zu einem Zweck konstruiert wurde: in der internationalen Rallye-Szene zu siegen. Und das tat der Stratos dann auch. Er gewann die Rallye-Weltmeisterschaften 1974, 1975 und 1976. Nur 400 Exemplare waren letztlich erforderlich, um die Homologation in der Gruppe 4 der FIA zu erreichen. Der Stratos ist heute ein extrem gesuchtes Sammlerstück.
Mazda 323 GT-R. Das nur 4,08 Meter kurze Kompaktmodell mit Allradantrieb hatte einen 185 PS starken Vierzylinder und diente ab 1992 als Homologationsmodell für die Rallye-WM. Diese Version ist vor allem an ihren integrierten Nebelscheinwerfern, dem tiefen Frontspoiler und den Hutzen auf der Motorhaube zu identifizieren.
Mercedes 190 2.5-16 Evo II. Der Vorläufer der C-Klasse erschien erstmals Ende 1982 und hatte schnell seinen Spitznamen "Baby-Benz" weg. Basis für den Evo I und Evo II war der 1986 vorgestellte Vierzylinder-16V (2.5-16) mit 195 PS. Der Motor wurde zusammen mit Cosworth entwickelt. Vom Evo I (1989) und vom Evo II (1990) wurden jeweils 502 Exemplare produziert. In der DTM-Version gewann der 190er von 24 Rennen 16. Kein anderes Auto war in der DTM bis dahin erfolgreicher.
Opel Ascona 400: Opel setzte die zur Homologation notwendige Stückzahl gleich ans Heck seiner Mittelklasse-Limousine. Der Ascona 400 erschien erstmals 1979. Walter Röhrl gewann mit diesem Typ die Rallye-Weltmeisterschaft. Diverse Änderungen am Fahrwerk und ein 2,4-Liter-16-Ventiler mit Querstrom-Zylinderkopf sorgten für gute Voraussetzungen im Motorsport.
Opel Astra OPC (G): Als Mann der ersten OPC-Stunde verantwortete Volker Strycek, Direktor Performance Cars und Motorsport, 1999 die für die Homologation notwendige Kleinserie des Sport-Astra von 2500 Stück. Doch die Begeisterung war größer. Opel erhöhte auf 3000 - nach nur vier Monaten waren bereits alle Exemplare verkauft. Unter der Haube sitzt ein Zweiliter mit 160 PS. Der Basismotor hatte 136 PS.
Opel Rallye Kadett B: Das Rüsselsheimer Coupé gilt als so etwas wie der erste GTI.
1967 pflanzte Opel den 1,9-Liter-Vierzylinder des Rekord C in den kleinen Kadett. Dazu eine neue Hinterachse, eine neue Lenkung, Streifen auf dem Lack und eine Scheinwerfer-Batterie auf der Stoßstange. Im Rallye-Breitensport war der B-Kadett über Jahre eine Macht.
Peugeot 205 Turbo 16: Wer genau hinschaut erkennt hinter den Türen große Lufteinlässe. Sie sind lebensnotwendig für den 200 PS starken Mittelmotor im Peugeot 205 Turbo 16. 200 straßenkonforme Exemplare mussten laut FIA-Reglement gebaut werden, um Mitte der Achtzigerjahre in der Gruppe-B-Rallye-Weltmeisterschaft mitmischen zu dürfen.
Porsche 924 Carrera GT: 400 Wagen waren 1981 zur Homologation in der Gruppe 4 nötig. Rundum erhielt der 924 verbreiterte Kotflügel aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Ebenso waren Hutze, Frontschürze und Seitenschweller aus GFK.
Die Rennen (Sportwagen-Weltmeisterschaft) wurden dann hauptsächlich mit 924 GTS und 924 GTR gefahren, unter anderem die 24 Stunden von Le Mans.
Porsche Carrera 2.7 RS: Wer kennt ihn nicht, den berühmten "Entenbürzel" von 1973? Mehr als 1500 Exemplare wurden gebaut. Etwas später folgte der Carrera 3.0 RS als Evolutionsmodell, von dem nur 100 Exemplare hergestellt werden mussten. Er diente als Basis für den Carrera 3.0 RSR als Gruppe-4-Wagen. Gut erhaltene "Entenbürzel"-Exemplare erreichen heute Auktionspreise von fast einer Million Euro. Und bei den RSR Modellen sind es bald zwei Millionen Euro.
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