Günstige Oldtimer – Honda Civic Das ist die perfekte Nockenwelle

Wenig Geld, aber trotzdem Lust auf einen Oldtimer? Kein Problem – es gibt sie nämlich, die Schnäppchenschlitten. Diesmal: der Honda Civic, Dauerbrenner mit Renn-Genen.
Honda Civic GL 1972

Honda Civic GL 1972

Foto: Honda

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Günstige Oldtimer

Sie haben richtig Lust auf einen Oldtimer, trauen sich aber nicht, einen zu kaufen, weil Altautos in vielen Medien nur noch als Wertanlage thematisiert werden? Keine Angst, man muss nicht erfolgreich an der Börse spekuliert haben, um schönes Blech zu fahren.

Klar, für Großvaters abgelegte Karren von Mercedes oder BMW sind inzwischen stolze Summen fällig, und für die meisten alten Porsches werden heute Mondpreise gezahlt. Aber zwischen all den teuren Strahlemännern, die in der Regel kaum noch bewegt werden, gibt es sie noch: die Mauerblümchen, die Exoten, die kaum jemand auf dem Schirm hat – und die entsprechend wenig kosten. Und das nicht nur in der Anschaffung, sondern auch im Unterhalt. Autos, bei denen die Ersatzteilversorgung kein Problem ist und für einen Auspuff nicht ein ganzes Monatsgehalt einkalkuliert werden muss.

Wir haben sie zusammengetragen und stellen sie in einer Serie in regelmäßigen Abständen vor.

Allgemeines zum Modell

Kaum zu glauben, aber mit 18,5 Millionen Exemplaren gehört der Honda Civic zu den meistverkauften Autos der Geschichte. In der ewigen Rangliste steht der unscheinbar wirkende Japaner auf Platz sechs hinter Ford Escort und VW Käfer. Ganz vorn liegt der Toyota Corolla.

1972 kam der Civic I auf den japanischen Markt, zwei Jahre später war Deutschland-Premiere. Veteranen aus dieser Zeit sind heute selten. Deutlich häufiger finden sich noch Civic der vierten (ab 1987) und fünften Generation (ab 1991), sie empfehlen sich als günstige und sehr haltbare Youngtimer.

Unscheinbar, aber langlebig und solide: Mit diesem Graue-Maus-Konzept hatten japanische Hersteller wie Toyota, Nissan oder Mitsubishi seinerzeit großen Erfolg. Honda ergänzte eine Zutat: Sportlichkeit. Als Motorenlieferant dominierte man die Formel 1, erst für das Team Lotus und dann für McLaren mit diversen WM-Titeln.

Zum günstigen Sportwagen fürs Volk avancierte ab 1983 der Honda CRX, die pfeilschnelle Coupé-Version des Civic. Mit überragenden Fahrleistungen war der CRX vor 30 Jahren der Schreck für Golf-GTI-Fahrer. Aber auch der brave Civic war keineswegs lahm. Mit der vierten Modellgeneration 1987 stellten die Japaner die Motoren auf moderne Vierventiltechnik um. Weil der kompakte Dreitürer (Hatchback) nur eine Tonne wiegt, reichen schon die 75 PS aus dem 1,3-Liter-Basismotor mit Vergaser völlig aus. Bei der recht eleganten Limousine mit Stufenheck gab es nur einen 1,4-Liter-Motor und 90 PS. Dazu gesellte sich die Minivan-Version Shuttle, die es auch mit Allradantrieb gab.

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Honda Civic: Langlebiger Klassiker

Foto: Honda

Topversion war bis 1989 der Civic 1,6i-16V mit 130 PS. Dann präsentierte Honda den 1,6 VTEC mit satten 150 PS, den weltweit ersten Motor mit variabler Ventilsteuerung. Beim VTEC hat die Nockenwelle zwei verschiedene Nockenhöhen. Bei niedrigen Drehzahlen läuft der Motor nur über die niedrigen Nocken. Für mehr Leistung wird per Öldruck ein zusätzliches schärferes Nockenprofil mit größerem Hub zugeschaltet. Das Ergebnis sei ein hohes Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen und bei hohen Touren ein hochdrehender Sportmotor, erklärt Bernhard Schneider, der seit vielen Jahren Honda Civic und CRX fährt.

Mit dem Civic V flog der Shuttle 1991 aus dem Programm. Dafür hatte der Hatchback nun eine horizontal geteilte Heckklappe. Die Leistungspalette reichte von 75 PS beim 1,3 bis zu 160 PS und 215 km/h Spitze beim 1,6i VTEC. Nur viel Komfort sollte man von diesen japanischen Youngtimern nicht viel erwarten. Im Cockpit dominiert Hartplastik, bei der Grundausstattung waren Kurbelfenster und schlichte Stoffsitze Standard. Gegen Aufpreis und bei den stärker motorisierten Varianten waren Glasschiebedach, Drehzahlmesser, elektrische Fensterheber und ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich. Wegen ihrer hohen Zuverlässigkeit wurden viele Honda Civic an Freunde oder Familienmitglieder weitergereicht, wenn ein Neuwagenkauf anstand. Heute wird der Japaner in zehnter Modellgeneration gebaut.

Warum ausgerechnet der?

Mit dem VW Käfer hat der Honda Civic nicht nur den immensen Verkaufserfolg gemein. Sondern auch die Langlebigkeit: »Der läuft und läuft und läuft«, sagt Honda-Fan Bernhard Schneider, dessen Civic knapp 365.000 Kilometer auf der Uhr hat. Schneider besitzt zwei CRX-Coupés, als Alltagsauto fährt er seit 17 Jahren seinen Civic 1,3 Hatchback mit flotten 75 PS. »Über Land macht der Wagen echt Spaß. Der liegt so gut auf der Straße, das ist wie Kartfahren«, berichtet der Honda-Liebhaber aus Hessen. Auf der Autobahn seien andere vielleicht schneller: »Aber im Berufsverkehr auf der A5, da kann man eh nicht viel schneller als 120 km/h fahren.«

Am beeindruckendsten sind aber die Alltagstauglichkeit und Genügsamkeit. Schneider bewegt seinen Civic 1,3 mit rund sechs Litern Sprit auf hundert Kilometern. Durch die teilbare Heckklappe und über die umklappbare Rücksitzbank habe er schon extrem sperrige Transportgüter geschoben, die in einem modernen Kompaktwagen nicht hineingepasst hätten, sagt er. Die Technik scheint ewig zu halten. Schneiders 1994er Civic geht auf die 400.000 Kilometer zu, hat aber noch den ersten Motor und die erste Kupplung drin. Auch die VTEC-Modelle mit ihrer exquisiten Technik genießen den Ruf hoher Langlebigkeit, obwohl die Maschinen drehzahlgierige Sportmotoren sind.

Verfügbarkeit

Civic-Veteranen aus den 70ern und frühen 80ern sind selten geworden, aber man findet sie noch. Fahrzeuge der dritten und vierten Generation um 1990 sind zahlreich, es überwiegen Dreitürer mit 75 bis 90 PS. Limousinen sind seltener, gerade mit Automatik. Gut erhaltene 16V und VTEC sind am schwersten zu finden, vor allem im Originalzustand.

Ersatzteilversorgung

Verschleißteile sind über den Zubehörmarkt problemlos erhältlich. Auch Karosseriekomponenten wie gebrauchte Türen oder Interieur-Teile finden sich zahlreich, weil immer wieder ausgediente Honda Civic geschlachtet werden. Für Originalteile lohnt sich auch ein Besuch auf Amayama.com, einem Spezialisten für Autos aus Japan.

Ersatzteilpreise (beispielhaft)

Radlauf Reparaturblech: ca. 75 Euro

Kraftstoffpumpe: ab ca. 20 Euro

Satz Bremsscheiben vorne: ca. 60 Euro

Stoßdämpfer: ca. 45 Euro

Schwachstellen

Für ein Auto um 1990 ist der Korrosionsschutz beim Honda Civic IV und V recht gut ausgefallen. Trotzdem sollte man sich Radläufe, Kotflügel, Schweller und Türunterkanten genau ansehen. Technischen Wartungsstau bekommt man wegen der günstigen Ersatzteile durchaus in den Griff. Die Motoren sind robust und für hohe Laufleistungen gut, sofern die Pflege stimmt und der Zahnriemen regelmäßig (etwa alle 100.000 Kilometer) gewechselt wird. Zum Glück macht auch die antiquierte Technik bei Vergasermodellen selten Probleme. Die Elektrik ist langlebig, typisch für Japaner-Youngtimer. Die Plastiklandschaften im Cockpit sehen nicht gerade edel aus, reißen aber auch nach Jahrzehnten selten. Das Gleiche gilt für die robusten Sitzpolster. Abstand nehmen sollte man von verbastelten Autos, viele Honda CRX und Civic wurden Opfer von heftigem Tuning.

Preis

Als Einstiegsklassiker ist der Honda Civic fast unschlagbar günstig. Für unter 1000 Euro bekommt man schon fahrbereite Exemplare mit gültiger HU-Plakette. Auch gepflegte Exemplare mit relativ geringer Laufleistung gibt es für unter 5000 Euro. Selbst 16V- und VTEC-Modelle kosten selten über 10.000 Euro.

Anlaufstellen im Internet

www.hondayoungtimer.de 

www.crx-af-as.de/ 

Fotostrecke

Günstige Oldtimer: Bock auf Blech? Bitte hier lang

Foto:

Haiko Prengel

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