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LKW-Blog: Was habe ich nur getan?

Foto: Michael Luven

Lkw-Blog Was habe ich nur getan?

Zwei Wochen nach der Probefahrt in der Magirus-Deutz-Feuerwehr stehe ich wieder mit meinem LKW-Freund Michael in Siegen auf der Matte. Es liegt der Duft von Diesel in der Luft, und ich bin drauf und dran, etwas Verrücktes zu tun: den Magirus-Deutz zu kaufen.

Wir haben Ersatz-Keilriemen dabei, Öl haben wir auch geladen, Ohropax, und, ganz wichtig: Michael fährt mit seinem Auto als Begleitfahrzeug mit. Die Technik des Magirus gilt zwar als zuverlässig, aber wenn ein Auto lange wenig bewegt wurde, kann immer mal etwas brechen. LKW gehen eher vom Rumstehen kaputt als vom Fahren. Mein, ja, mein Magirus hat in 50 Jahren lediglich 14.000 Kilometer abgespult.

Letzte Tipps vom Verkäufer, Vorglühen, Motor anlassen, und los geht die Reise mit dem Mercur 150 TroTLF 16 P (auf Deutsch: Tanklöschfahrzeug mit 1600 Liter Wassertank und 750 Liter Pulverlöschanlage). Erstmal Sprit tanken, Brennkammern mit einem Volumen von 9,5 Litern wollen gefüllt sein. Bei einem Verbrauch um die 24 Liter auf 100 Kilometer mache ich mich auf viele Zwischenstopps gefasst, nach Berlin sind es 600 Kilometer. Der Tankwart bemerkt meine Nervosität und kommentiert trocken: "Na ja, jeder hat mal klein angefangen".

Unterwegs im Verkehrshindernis

Die Region um Siegen ist ziemlich bergig, schon bald muss ich einen steilen Anstieg auf der Landstraße bezwingen. Sonst ja kein Thema, ich aber schleppe mich plötzlich mit Vollgas, brüllendem Motor und 30Km/h die Steigung hinauf, hinter mir eine ganze Autokolonne. Der Motor dreht am Anschlag, und ich verstehe jetzt, warum die alten, luftgekühlten Deutz-Motoren als "lärmgekühlt" bezeichnet werden. Immerhin trifft es mich nicht unvorbereitet.

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Auf der Autobahn sind knapp 80 Km/h das erreichbare Maximum, für LKW bin ich damit ein Verkehrshindernis. Steigungen sind eine Herausforderung, die Geschwindigkeit sackt sofort ab, das Wort Beschleunigung kann ich aus meinem Wortschatz erst mal streichen. Ein Radio gibt es nicht, mal abgesehen davon, dass man es gar nicht hören könnte.

Zeit genug also, um nachzudenken. Graues Wetter, graue Gedanken. Beim Einsteigen hatte ich schon Muffensausen, aber jetzt überkommt mich langsam ein beklemmendes Gefühl der kognitiven Dissonanz. "Was hast du nur getan?", geht es mir mehr als einmal durch den Kopf. " War das eine Nummer zu groß, zu verrückt?"

Die Entdeckung der Langsamkeit

Zum Glück habe ich moralische Unterstützung dabei. Wir halten auf einem Parkplatz, Michael prüft den Motor, zieht eine Schraube am Dieselfilter an. Der Mercur fährt gut, da gibt es nichts zu meckern. Wir tauschen die Autos. Der Kontrast ist krass: Man macht sich gar nicht klar, wie komfortabel moderne Autos sind. Ich bin erleichtert, erst mal Ruhe zu haben, trödele dem Laster hinterher, und mache mir meine Gedanken: Schön ist er ja irgendwie, der rote Deutz… immerhin eine Feuerwehr, mit Blaulicht und Sirene, und welcher Junge wollte nicht mal Feuerwehrmann sein?

90 Minuten später bin ich wieder dran, fremdele aber noch immer. Michael will gar nicht mehr tauschen, und seine Begeisterung für den alten LKW färbt auf mich ab. Ja, es ist laut, es rattert, und das Lenken, das Schalten, alles erfordert mehr Kraft als gewohnt - aber das ist auch toll. Der Deutz ist eine Maschine, die herausfordert. Darum heißt es ja auch Kraftfahrer.

Als wir in Berlin ankommen, ist es dunkel, ich aber habe noch nie ein so großes Auto im Stadtverkehr bewegt, geschweige denn nachts. Im Regen. Aber es geht und macht sogar irgendwie Spaß. Ich finde einen Parkplatz bei mir in der Nähe, und als ich den Motor abdrehe, bin ich komplett erledigt, aber auch stolz, es geschafft zu haben. Ich bin jetzt Besitzer eines Lastwagens. Das Abenteuer kann losgehen.

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