Morgan-Dreirad Ein Tretauto zum Hundertsten

Traditionsbewusst und kauzig – die Morgan Motor Company aus Malvern in den englischen West Midlands wird hundert Jahre alt und so sehen die Autos immer noch aus. Es sind Vehikel nach alter Väter Sitte. Zum Jubiläum wollen die Briten nun ein Dreirad mit Pedalantrieb bauen.

Drei Räder waren genug, wenn man 1909 als Autohersteller loslegen wollte. Das tat der damals 38 Jahre alte H. F. S. Morgan vor hundert Jahren, als er begann, motorisierte Dreiräder zu bauen. Die Morgan Threewheeler waren bizarre Konstruktionen mit zwei gelenkten Vorderrädern sowie einer Aufhängung mit Geradewegfederung, auf die Morgan vor ebenfalls hundert Jahren ein Patent erhielt. Der Zweizylindermotor saß zwischen den Vorderrädern, dahinter folgte die offene Karosserie – einer Seifenkiste nicht unähnlich – und zum Abschluss das angetriebene Hinterrad.

So ulkig die Fahrzeuge heute wirken, damals waren die Dinger echte Straßenfeger. Im Jahre 1928, so heißt es in einer Firmenchronik, erreichte ein Threewheeler auf der englischen Rennstrecke Brooklands ein Spitzentempo von 180 km/h. Aber die dreirädrigen Modelle eigneten sich nicht nur für Vollgasexperimente, sondern wurden auch als Viersitzer und Kleinlaster angeboten.

Um an diese Ursprünge der Marke zu erinnern, sollen jetzt 500 Exemplare im Maßstab 2:3 als Tretautos für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren gebaut werden. Die Einsitzer mit Fahrrad-Antriebskomponenten, Aluminiumkarosserie und einem Motorimitat zwischen den Vorderrädern sind den urtümlichen Vorbildern bis in die Details nachgebildet. Wer den Nachwuchs exquisit mobilisieren möchte, kann den Morgan Super Sports Junior ab sofort gegen eine Anzahlung von umgerechnet 555 Euro ordern. Der Endpreis des Dreirads liegt bei rund 2800 Euro, wobei für spezielle Farbwünsche oder einen Ledersitz weitere 275 Euro fällig werden.

Drei Jahrzehnte nur Dreiräder

Die ersten drei Jahrzehnte baute die Morgan Motor Company ausschließlich dreirädrige Fahrzeuge. Erst 1936 lief die Serienfertigung des ersten vierrädrigen Modells der Marke an, das bezeichnenderweise den Namen 4/4 trug – vier Räder, vier Zylinder. Das Auto wird bis heute prinzipiell unverändert gebaut und ist damit der am längsten in Serie produzierte Pkw der Welt.

Just zum Jubiläum gibt es auch in dieser Traditionsbaureihe von Morgan eine Neuheit, nämlich die Variante 4/4 Sport, ein extra-puristisches Modell ohne jeglichen Schnickschnack, das lediglich 800 Kilogramm wiegt und von einem 1,6-Liter-Motor von Ford mit 111 PS angetrieben wird. Die Rechtslenkerversion kostet 39.500 Euro.

Für das Geld gibt es ganz sicher sehr viel modernere Sportwagen, aber wohl keinen derart abgefahrenen. Denn unter der Regie des Gründerenkels Charles Morgan, der das Unternehmen seit zehn Jahren leitet, wird an der Tradition festgehalten. So ist Morgan der einzig verbliebene Automobilhersteller der Welt, der für die Chassiskonstruktion in sämtlichen Modelle noch gebeiztes Eschenholz verwendet. Morgan-Fahrer sind praktisch in Fachwerkhäusern auf Rädern unterwegs – inzwischen aber immerhin ausschließlich auf vier Rädern.

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