
Radlerhosen: Die sind für den Hintern
Die perfekte Beinbekleidung fürs Rad Von wegen "Jacke wie Hose"
Wer häufig mit dem Rad fährt, kommt um den Kauf einer Fahrradhose nicht herum. Es ist das einzige Kleidungsstück, das man für längere Strecken wirklich braucht. Leider ist es zugleich das heikelste.
Fahrradhosen haben ein Sitzpolster, das in die Hose eingenäht ist. Es soll verhindern, dass die Haut nach vielen Stunden im Sattel wundgescheuert ist - der gefürchtete Wolf. Früher war dieses Polster aus Ziegenleder. Heute ist es in der Regel aus Schaumstoff. Damit beginnt das Problem.

Zunächst deutete wenig auf eine andauernde Liebesaffäre hin. Die erste Begegnung mit einem Fahrrad, an die Ralf Neukirch sich erinnert, endete mit einem Sturz. Doch irgendwann wurde für den SPIEGEL-Redakteur das Radfahren von der Notwendigkeit zur Leidenschaft. Seither hält er es mit John F. Kennedy: "Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren."
Von den schönen Momenten, aber auch den sportlichen, technischen und persönlichen Herausforderungen des Radfahrens erzählt Ralf Neukirch regelmäßig in diesem Blog.
Beim Anziehen einer Radhose stellt sich nämlich unweigerlich ein Windelgefühl ein. Es ist je nach Polsterdicke mehr oder weniger ausgeprägt. Auf jeden Fall ist es unangenehm. Gott sei Dank verschwindet es nach einer Weile wieder.
Was nicht verschwindet, ist die Ästhetik. Der gepolsterte Po eines Menschen in Radhose ist ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Der meist extrem dehnbare Stoff legt jeden Bauchansatz gnadenlos bloß. Männer über 50 in Spandexhosen sind kein schöner Anblick. Ich weiß, wovon ich rede.
Meine Lieblingshose ist zugleich die billigste
Aber es hilft nichts. Eine Radhose allein garantiert zwar noch nicht, dass man lange Touren schadlos absolvieren kann. Aber ohne Radhose fährt man sich garantiert einen Wolf. Um die Radhose kommt man daher nicht herum.

Radlerhosen: Die sind für den Hintern
Die Suche nach einer geeigneten Hose ist nicht leicht. Die gute Nachricht ist: Es gibt auch für wenig Geld hochwertige Hosen. Teure Modelle mögen den billigen in Sachen Haltbarkeit und Aussehen etwas voraus haben. Sie bieten aber nicht automatisch besseren Komfort.
Eine der Hosen, die ich am liebsten trage, ist zugleich die billigste, die ich besitze. Sie stammt von dem deutschen Versender Rose. Sie hat auch auf langen Touren Schmerzen von mir ferngehalten. Dagegen habe ich ein schickes Modell des teuren französischen Herstellers Café du Cycliste, in dem ich schon nach 40 Kilometern meinen Hintern spüre.
Radhosen werden mit der Zeit transparent
Jeder Po ist anders, daher gibt es nicht die eine Hose, die für alle passt. Entsprechende Tests in Fachzeitschriften sind daher mit Vorsicht zu behandeln. Es gibt aber ein paar Dinge, auf die man beim Kauf achten sollte.
Die wichtigste Regel lautet: Eine Fahrradhose kann jede Farbe haben, so lange es nur schwarz ist. Fahrradhosen waren schon immer schwarz. Tennisschuhe sind weiß, Radhosen sind schwarz. Das ist einfach so. Zudem sind Radhosen Verschleißteile. Sie werden mit dem Gebrauch dünner und damit transparent. Sie können Dinge offenbaren, die man nie sehen wollte. Wer je hinter einem Rennradler mit einer verschlissenen Hose hergefahren ist, weiß, was ich meine. Helle Fahrradhosen verschärfen dieses Problem.
Man sollte seine Fahrradhose daher regelmäßig kontrollieren und rechtzeitig aussortieren. Es empfiehlt sich, gleich mehrere im Schrank zu haben. Eine Fahrradhose zieht man nur einmal an, dann wird sie gewaschen. Man trägt nämlich nichts darunter. Einsteiger machen häufig den Fehler, eine Unterhose unter ihren Bib-Shorts tragen. Das ist der sicherste Weg, um sich wunde Stellen zu fahren.
Manche Hosen haben am Beinabschluss einen dicken Silikonstreifen
Bib-Shorts nennt man die klassischen Radhosen mit Träger. Die haben den Vorteil, dass sie nicht verrutschen. Dafür zwingen sie ihren männlichen Träger in eine unwürdige Stellung, wenn er unterwegs eine Pinkelpause einlegen muss. Für Frauen stellt sich das Problem noch in verschärfter Form. Es gibt daher auch Hosen ohne Träger. Was man präferiert, ist Ansichtssache. Ich persönliche trage lieber Bib-Shorts.

Bib-Shorts mit hellen Trägern
Foto: RaphaLeider weiß man bei der Anprobe nicht, wie sich eine Hose nach einer längeren Ausfahrt anfühlt. Es gibt aber einige Details, die verraten, ob eine Hose infrage kommt. Zunächst einmal sollte das Polster die richtige Größe haben und an der richtigen Stelle sitzen. Ich besitze eine Hose von Craft, die in Tests hervorragend abgeschnitten hat. Leider habe ich zu spät bemerkt, dass mir das Polster zu kurz ist. Solche Missgeschicke lassen sich vermeiden.
Manche Hosen haben am Beinabschluss einen dicken Silikonstreifen, der das Hochrutschen verhindern soll. Der ziept an den Haaren und ist unangenehm auf der Haut. Mir sind dünne Streifen oder enge Hosenbeine lieber, die allein durch die Elastizität des Stoffes in Position gehalten werden.
Nach 80 Kilometern verspürte ich das genitale Äquivalent zu eingeschlafenen Füßen
Die Träger sollen bei Rennradhosen spannen, wenn man steht. Sonst sind sie in der vorgebeugten Haltung auf dem Rad zu locker und können rutschen. Ich bevorzuge Träger aus leichten Stoffen, am besten Netz-Stoffe, weil sie luft- und schweißdurchlässig sind. Die meisten meiner Hosen haben zudem weiße Träger. Die zeichnen sich unter hellen Trikots nicht so deutlich ab.
Welches Polster einem zusagt, lässt sich in der Umkleidekabine nicht abschließend entscheiden. Generell gilt aber: Dicke Polster sind nicht unbedingt komfortabler. Einige Firmen bieten Polster für kurze, mittlere und lange Strecken an. Mich überzeugt das Konzept nicht. Eine Hose, in der ich mich nach 150 Kilometern noch wohlfühle, ist auch für 30 Kilometer geeignet. Warum sollte ich mir also Shorts für die Kurzstrecke zulegen?
Die Wahrheit zeigt sich ohnehin auf dem Rad. Ich habe schon Hosen besessen, die sich nach 20 Kilometern großartig anfühlten. Nach 80 Kilometern verspürte ich dann das genitale Äquivalent zu eingeschlafenen Füßen. Das kann zu Panikattacken führen, selbst wenn man die Familienplanung bereits abgeschlossen hat.
30-Tage-Rückgabeservice
Firmen wie Rapha aus Großbritannien oder Louison Bobet aus Frankreich bieten einen 30-Tage-Rückgabeservice an. In dieser Zeit kann man die Hosen ausgiebig testen. Das ist ideal, weil man dann sicher ist, ob man damit zurechtkommt. Einen Nachteil gibt es natürlich: Die Hosen sind sehr teuer.
Wer auf einer langen Tour in einem netten Café oder einem Restaurant einkehren, den Anblick seiner wattierten Rückseite der Öffentlichkeit aber nicht zumuten will, muss nicht verzagen. Man darf zwar nichts unter eine Radhose ziehen, aber sehr wohl darüber. Es gibt von weiten Shorts für das Mountainbiking bis zu engen Hosen für Rennradfahrer viele Möglichkeiten, die Polsterung zu verbergen. Man verliert dann ein paar Sekunden, aber gewinnt dafür an gesellschaftlicher Akzeptanz.