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Restaurierter "DDR-Porsche": Das Projekt seines Lebens

Foto: Alexander Diego Fritz / Verlag Brüder Hollinek

Restaurierter "DDR-Porsche" "Der Zustand war abenteuerlich schlecht"

Mithilfe von Ferry Porsche erfüllten sich zwei Brüder in der DDR ihren Traum vom selbst gebauten Sportwagen. Fast 60 Jahre später stößt ein Oldtimerfan auf eines ihrer Modelle - und startet das Projekt seines Lebens.

Alexander Fritz ist ein leidenschaftlicher Autoschrauber und Oldtimer-Experte. Aber als der Jurist aus Wien in einer Garage auf einen völlig vergammelten Sportwagen stößt, wundert er sich: Was unter dem Rost zu erkennen ist, ähnelt einem Porsche 356 - doch ein echtes Exemplar dieses Klassikers hat er da nicht vor sich.

Vor der zufälligen Entdeckung hatte Fritz noch nie von der Geschichte gehört, die sich hinter dem Wrack verbirgt: Das Gefährt war in den Fünfzigerjahren von den Zwillingen Knut und Falk Reimann entwickelt worden. Zwei junge Fahrzeugbau-Studenten aus Dresden, die sich mit Unterstützung von Ferry Porsche höchstpersönlich und der Hilfe zweier Karosseriebauer ihren Traum vom eigenen Sportwagen erfüllten. Und die kurz darauf nach einem Fluchtversuch aus der DDR in das berüchtigte Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen gesperrt wurden.

Die erste Begegnung von Alexander Fritz mit der Rostlaube liegt fünf Jahre zurück. Mittlerweile hat er den Oldtimer restauriert und fahrtauglich gemacht - mit der Hilfe der beiden Entwickler des Autos, den Reimann-Zwillingen. Die abenteuerliche Geschichte rund um das Auto hat Fritz in einem Buch festgehalten: "Lindner-Coupé - DDR-Porsche aus Dresden" heißt es. Wir haben mit ihm über das Projekt gesprochen.

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Fritz, Alexander Diego

Lindner Coupé: DDR Porsche aus Dresden

Verlag: Hollinek
Seitenzahl: 160
Für 49,00 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

25.03.2023 01.58 Uhr

Keine Gewähr

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SPIEGEL ONLINE: Herr Fritz, wie sind Sie auf den sogenannten DDR-Porsche der Brüder Reimann gestoßen?

Fritz: Ich war auf der Suche nach einem neuen Bastelprojekt als mir ein Freund zufällig das Auto zeigte. Der Wagen war in einem abenteuerlich schlechten Zustand. Gleichzeitig war ich neugierig, was für eine spannende Geschichte dahintersteckt. Ich habe mir alle Unterlagen dazu geben lassen und begann zu forschen. Die bewegende Geschichte der Reimanns und die alten Fotos haben mich dann dazu gebracht, das Auto herzurichten.

SPIEGEL ONLINE: Wie lange haben Sie dafür gebraucht?

Fritz: Insgesamt habe ich ungefähr 7000 Stunden Arbeit darin investiert.

SPIEGEL ONLINE: Wollten Sie zwischenzeitlich mal aufgeben?

Fritz: Ja, schon als das Auto das erste Mal in meiner Garage stand und ich merkte, dass es noch kaputter ist als angenommen. Die Unterkonstruktion aus Holz war komplett morsch, zudem hat alles extrem gestunken. Nach meinem ersten Besuch bei Falk Reimann habe ich es dann aber als meine Pflicht verstanden, dass Auto neu zu restaurieren. Er erzählte mir seine emotionale Geschichte und sprach voller Enthusiasmus von dem Wagen. Da wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab.

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Restaurierter "DDR-Porsche": Das Projekt seines Lebens

Foto: Alexander Diego Fritz / Verlag Brüder Hollinek

SPIEGEL ONLINE: Das Auto wird Lindner-Coupé genannt. Woher kommt der Name?

Fritz: Der geht auf die Karosseriebauer Arno und Helfried Lindner zurück. Mit ihnen hatten die Reimann-Brüder wohl ein Geschäft vereinbart: Die Lindners haben den Zwillingen versprochen, dass Auto nach ihren Vorstellungen günstig herzustellen. Dafür haben sie sich die Rechte gesichert und noch zwölf weitere Modelle gebaut.

SPIEGEL ONLINE: Gibt es diese Autos alle noch?

Fritz: Von vier Fahrzeugen lässt sich die Geschichte nachverfolgen. Die restlichen neun sind verschollen.

SPIEGEL ONLINE: Als die Reimanns das Auto konstruierten, bekamen sie Unterstützung von Ferry Porsche, dem damaligen Chef des Sportwagenherstellers. Wie hat Porsche ihnen geholfen?

Fritz: Die Brüder hatten damals in der DDR Schwierigkeiten, bestimmte Bauteile aufzutreiben. Ferry Porsche spendierte ihnen dann gebrauchte Originalteile, unter anderem Kolben und Zylinder für den Motor.

SPIEGEL ONLINE: Wie waren die Reimanns an ihn rangekommen?

Fritz: Die beiden haben auf einer Reise durch halb Europa mit einer ersten Version ihres Lindner Coupés in Stuttgart Halt gemacht und beim Porsche-Werk nach dem Chef gefragt. Ihre Hartnäckigkeit hat ihn dann wohl beeindruckt. Herr Reimann erzählte mir mal, Porsche sei anfangs etwas zurückhaltend gewesen, habe ihnen dann aber sogar eine kleine Werksführung gegeben.

Lindner-Coupé

Lindner-Coupé

Foto: Alexander Diego Fritz / Verlag Brüder Hollinek

SPIEGEL ONLINE: Sie scheinen ein gutes Verhältnis zu Falk Reimann gepflegt zu haben. Während der Restaurierung verstarb sein Bruder Knut, kurz nach der Fertigstellung auch er selbst. Haben Sie noch Kontakt zu der Familie?

Alexander Fritz: Ja. Ich habe sie zuletzt besucht, nachdem ich auf einem Oldtimerfestival einen Preis für das Lindner-Coupé bekommen habe. Als ich ihnen die Auszeichnung zeigte, freuten sie sich. Sie wussten ja , dass den Zwillingen die Restauration kurz vor ihrem Tod noch sehr viel bedeutet hat.

SPIEGEL ONLINE: Wie fährt sich der Wagen denn so?

Alexander Fritz: Das Fahrwerk ist sehr ruppig, allein das Schalten fällt einem schon schwer. Aber wenn man mal länger drin sitzt, nimmt man es gar nicht mehr so wahr. Der Wagen hat immerhin eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h, es wird dann schon schwammig, aber insgesamt ist es ein sehr solides Auto. Der DDR-Porsche ist natürlich kein Alltags- oder Urlaubsauto. Ich fahre zusätzlich noch einen VW-Polo.

SPIEGEL ONLINE: Würden Sie das Coupé gegen einen Porsche 356 tauschen?

Alexander Fritz: Nein. Ich habe das Projekt mit so viel Herzblut betrieben. Alle fünf Jahre richte ich irgendetwas her, ich hab noch nie etwas verkauft. Die Sachen stehen hier in meiner Garage und werden gestreichelt. Dieser Fall liegt mir wegen der emotionalen Geschichte der Reimann-Zwillinge besonders am Herzen.

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