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Smartphones als Sicherheitsrisiko: Kopf hoch!

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Smartphone als Verkehrsrisiko Twittern bei 200 km/h

Das Smartphone ist immer dabei - auch bei der Fahrt auf der Autobahn. Wie stark die Nutzung bei Autofahrern angestiegen ist und welche Gefahr daraus erwächst, hat nun erstmals eine Studie aus den USA untersucht.
Von Heiko Haupt

Das Smartphone hat die Kommunikation revolutioniert und unser Leben verändert. Auch den Alltag im Straßenverkehr. Zombiegleich auf ihr Telefon-Display starrende und entsprechend umherirrende Fußgänger lassen sich nur ungern durch rote Ampeln oder heranrauschende Autos von der Smartphone-Nutzung abhalten. Autofahrer fühlen sich inmitten Myriaden von Airbags so sicher, dass sie ihre Aufmerksamkeit zwischen Fahrbahnbeobachtung und Smartphone-Nutzung aufteilen - in einem Verhältnis, das nicht immer gesund ist.

Die exzessive Nutzung der mobilen Alleskönner ging so schnell voran, dass sich noch nicht einmal die Experten in Sachen Verkehrssicherheit darauf einschießen konnten. Die sind gerade einmal so weit, dass sie sich mit dem Ablenkungspotential fest eingebauter Infotainmentsysteme in Fahrzeugen beschäftigen - wobei sich die grundsätzlichen Erkenntnisse problemlos auf das Smartphone-Phänomen übertragen lassen.

So haben Wissenschaftler der Universität Salzburg im Auftrag des Automobilclubs ACE die ablenkende Wirkung durch die Bedienung elektronischer Helfer im Auto ermittelt. Allein das Eingeben einer neuen Adresse in das Navi eines Kompaktwagens nahm bis zu 78 Sekunden in Anspruch - ein Fahrer ist also insgesamt deutlich mehr als eine Minute von der eigentlichen Tätigkeit des Fahrens abgelenkt.

Blindflug auf der Autobahn

Bei einem weiteren Test wurde zuvor die benötigte Zeit für das Heraussuchen eines Gesprächspartners aus der Mobilfunkanlage gemessen: 48 Sekunden vergingen dabei, der Blick wechselte 25-mal zwischen Fahrbahn und Display hin und her. Bei Tempo 130 werden in dieser Zeit laut dem ACE 1724 Meter zurückgelegt, 25 Blickwechsel wiederum bedeuten 25 Sekunden von der Fahrbahn abgewendeter Blick und somit rund 900 Meter Blindflug.

Das alles wurde ohne Einbeziehung der Smartphones untersucht. Daher auch ohne die Ablenkung, die das Lesen neuer Facebook-Nachrichten oder Twitter-Tweets bedeutet - mal ganz zu schweigen von getippten Nachrichten an die Online-Community.

"Die Smartphones stellen eine neue Gefährdungslage dar, die noch nicht analysiert ist", sagt ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner. Es handele sich um eine noch junge Kultur, die sich nicht auf Knopfdruck abstellen lasse, die man auch nicht grundsätzlich verdammen könne und wolle. Die Unfallforschung aber müsse sich mit dem Thema beschäftigen. "Gerade im Auto muss es radikale Tabus geben."

Sprunghafter Anstieg der Handy-Nutzung im Auto

Das Allianz Zentrum für Technik hat im Rahmen einer Studie errechnet, das auch ohne die inflationäre Nutzung der neuen, schlauen Handys etwa jeder zehnte Unfall auf Ablenkung während der Fahrt zurückzuführen ist. Vor allem junge Fahrer sind demnach anfällig, sie gaben schon bei herkömmlichen Handys an, dass sie unterwegs gerne telefonieren oder SMS schreiben.

Einen Schritt weiter ist man in den USA. Dort hat mit State Farm der größte Fahrzeugversicherer des Landes gerade das Ergebnis einer Umfrage mit aktuellen Daten zur Smartphone-Nutzung im Auto  vorgelegt: Im Jahr 2009 lasen demnach in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen 21 Prozent während des Fahrens in sozialen Netzwerken - 2012 waren es bereits 36 Prozent.

Ihre E-Mails checkten schon im Jahr 2009 rund 32 Prozent am Lenkrad, 2012 stieg der Prozentsatz auf 43. In Sachen Internetnutzung gab es sogar einen Anstieg von 29 auf 48 Prozent. Und es sind nicht nur die Jungen: Von allen im Rahmen der Studie etwa 1000 befragten Fahrern gaben schon 2009 immerhin 13 Prozent an, dass sie unterwegs mit dem Handy im Internet sind, 2012 waren es bereits 21 Prozent.

Selbst wer von der möglichen Gefahr des Smartphones nichts wissen will, sollte sich auch in Deutschland der möglichen Konsequenzen in Form von Bußgeldern bewusst sein. Denn es ist nicht nur das Telefonieren, das während der Fahrt verboten ist. Es geht vielmehr um die Nutzung der Geräte an sich. Auch wer das Gerät in der Hand hält, sich darauf Bilder anschaut, oder den Facebook-Status überprüft, muss mit einem Bußgeld von 40 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Richtig ungemütlich wird es, wenn es zu einem Unfall kommt - dann kann es wegen Fahrlässigkeit Probleme mit der Versicherung geben.

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