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Solar-Tuk-Tuk: Emissionsfrei um die Welt

Foto: Naveen Rabelli

Im Tuk-Tuk um die Welt Emission impossible

Im Tuk-Tuk von Bangalore nach London: Der Autoingenieur Naveen Rabelli hat sich auf diese Reise gemacht. Zehn Länder, 100 Tage, 10.000 Kilometer. Und null Emissionen - denn sein Dreirad fährt mit Solarstrom.

Aktuell hat Naveen Rabelli, 34, die Grenze zu Griechenland passiert und ist im Westen des Landes unterwegs. Er will bis London fahren, doch wenn der Spruch "der Weg ist das Ziel" je zutraf, dann auf diese Reise in einem mit Solarstrom betriebenen Tuk-Tuk, das Rabelli selbst entwickelt und gebaut hat. Und mit dem er sich am 8. Februar dieses Jahres in Bangalore auf den Weg machte. Zuvor hatte er, neben seiner Arbeit beim indischen Autohersteller Mahindra, drei Jahre lang ein Dreirad von Typ Piaggio Ape auf Elektroantrieb umgerüstet und mit Solarzellen zur Eigenversorgung bestückt: Das perfekte Mini-Reisemobil. SPIEGEL ONLINE kontaktierte Rabelli jetzt via Facebook.

SPIEGEL ONLINE: Herr Rabelli, es hat ein wenig gedauert, Sie zu erreichen. Wo sind Sie gerade?

Rabellli: Ich bin in Xanthi, einer Stadt im Westen Griechenlands. Ich wurde an der türkisch-griechischen Grenze ein wenig aufgehalten. Die Grenzbeamten haben mein Fahrzeug und meine Papiere genau geprüft, aber jetzt ist alles gut.

SPIEGEL ONLINE : Was war der Auslöser für diese Reise?

Rabelli: 2010 plante ich eine Rucksackreise von Australien quer durch Asien bis nach Großbritannien. Ich wollte, wie viele junge Menschen, etwas von der Welt sehen. Ich startete also in Australien und kam nach einigen Monaten durch mein Heimatland Indien. Zum ersten Mal fiel mir die enorme Verschmutzung auf. Letztlich trug ich mit meiner Reise um die halbe Welt mit Bus, Bahn und Flugzeug ja auch dazu bei. Ich brach die Tour ab, nahm einen Job an und suchte nebenher nach einer Antwort auf die Frage, wie ich den zweiten Teil meiner Reise sehr viel umweltfreundlicher gestalten könnte. So keimte die Idee eines Solar-Tuk-Tuk.

SPIEGEL ONLINE : Was war die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung?

Rabelli: Das größte Problem war es, Geld zu bekommen. Zwar ist die Technik nicht teuer und die meisten Arbeiten und Umbaumaßnahmen am Fahrzeug konnte ich selbst erledigen. trotzdem kostet so ein Projekt natürlich eine Menge Geld. Schließlich müssen Papiere beantragt, Fähren für den Weg über das Meer gebucht oder Ausrüstungsmaterial gekauft werden. Fast alle Firmen, die ich als Sponsoren angefragt hatte, winkten ab. Irgendwie auch verständlich: Welches Unternehmen will sich schon auf ein Ein-Mann-Abenteuer mit einem völlig unbekannten Träumer einlassen? Ich war also auf Spenden von Privatleuten angewiesen.

SPIEGEL ONLINE : Sie sind jetzt fast vier Monate unterwegs, wie läuft es?

Rabelli: Ich bin sehr zufrieden. Bis auf kleinere Reparaturen, die ich alle selbst erledigen konnte - ein gerissener Kupplungszug oder nachlassende Bremsen - gab es keine Schwierigkeiten.

SPIEGEL ONLINE : Und das Wetter spielte auch immer mit? Sie brauchen ja viel Sonne, um voran zu kommen.

Rabelli: Das Wetter ist tatsächlich jeden Tag das große Fragezeichen. Mal schaffe ich 180 Kilometer, mal sind es nur 40. Und ab und zu komme ich auch keinen Meter voran. Am 4. Mai kam ich an den Grenzübergang von Iran in die Türkei. Dort war das Wetter allerdings so mies - es regnete unablässig, die Temperatur sank auf zwei Grad Celsius, es war nebelig, und die Straßen waren extrem rutschig - dass ich einen Tag Pause eingelegt habe.

SPIEGEL ONLINE : Wie schnell ist Ihr Tuk-Tuk bei idealen Bedingungen und Sonnenschein?

Rabelli: Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei rund 40 km/h. Das ist schon was für einen Elektromotor mit 5 kW Leistung (etwa 7 PS), immerhin wiegt das Tuk-Tuk mit Gepäck und Ersatzteilen rund 850 Kilo. Aber meist fahre ich langsamer, vor allem in Kurven, denn auf drei Rädern ist man doch ziemlich instabil unterwegs.

SPIEGEL ONLINE : Schlafen Sie eigentlich auch in Ihrem Tuk-Tuk?

Rabelli: Meistens schon. Manchmal werde ich auch von Leuten eingeladen, bei ihnen zu übernachten. Und ich habe auch schon zwei- oder dreimal Anhalter mitgenommen, die ein Zelt dabei hatten, in dem dann geschlafen wurde. Hinten auf der Ladefläche ist jedenfalls genug Platz. Zum Schlafen, für mein Gepäck und für Werkzeug sowie ein paar kleine Ersatzteile.

SPIEGEL ONLINE : Gab es kritische Momente während Ihrer bisherigen Tour?

Rabelli: Vor meiner Tour habe ich mich öfter mit der Frage beschäftigt, welche Gefahren wohl auf der Reise lauern könnten. Seit ich jedoch unterwegs bin, beschäftigt mich das kaum noch. Auch deshalb, weil bislang alles glatt lief. Hin und wieder mussten mir ein paar Leute helfen, um das Tuk-Tuk wieder flott zu kriegen - etwa weil die Straße von riesigen Schlaglöchern übersät war. Das Schlimmste, was ich erlebt habe, war die unmenschliche Behandlung einiger Flüchtlinge an der iranisch-türkischen Grenze.

SPIEGEL ONLINE : Was genau ist dort passiert?

Rabelli: Ich habe erlebt, wie die Beamten die Flüchtlinge mit ihren Schlagstöcken geschlagen haben. Es schien so, als würden sie ihren Frust an den Flüchtlingen ablassen. Ein Grenzbeamter hat mir gesagt, dass das normal sei, ich müsse mich nicht sorgen oder Mitleid haben. Das war wirklich grausam.

SPIEGEL ONLINE : War es an der Grenze zu Griechenland, die Sie gerade passiert haben, ähnlich?

Rabelli: Nein, aber auch dort passieren schreckliche Dinge. Ich habe an der Grenze einen 26 Jahre alten Mann aus Damaskus kennengelernt. Er ist studierter Maschinenbauer und hat mehr als 500 Euro bezahlt, um einen Platz in einem Boot zu bekommen. Als er in Griechenland ankam wurden seine Papiere konfisziert, jetzt hat er keine Identität mehr. Ich fürchte, ich werde noch mehr dieser Dinge erleben.

SPIEGEL ONLINE : Worum geht es Ihnen - abgesehen von der persönlichen Erfahrung einer solchen Reise - bei Ihrer Tour?

Rabelli: Vor allem möchte ich zeigen, dass sauberes, umweltfreundliches Reisen möglich ist. Mein Tuk-Tuk soll den Beweis liefern, dass es billige, saubere und zuverlässige Alternativen zu den herkömmlichen Antriebsarten für diese Art von Fahrzeugen gibt. Und was auch noch wichtig ist: Dieses Solar-Tuk-Tuk ist eine vollständig indische Innovation.

SPIEGEL ONLINE : Worauf freuen Sie sich auf der weiteren Reise besonders?

Rabelli: Ich habe bisher viele junge, nette Menschen getroffen, die meine Geschichte sehr interessiert hat. Ich freue mich sehr darauf, noch viele weitere Schüler und Studenten kennenzulernen. Ich hoffe, ich kann sie mit meiner Reise ein wenig inspirieren, schließlich sind die jungen Menschen unsere Zukunft.

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