Fotostrecke

Toyota Celica WRC: Der Beginn der Rallye-Grande Nation

Foto: Bonhams

Auktion Toyota Celica WRC Nichts war unmöglich

Für manche Autos muss man einfach mehr bieten. SPIEGEL ONLINE zeigt Fahrzeuge mit berühmten Vorbesitzern und Raritäten, die versteigert werden. Diesmal: ein Rallye-Märchen mit betrügerischem Ende.

Unterm Hammer: Die Rallyeversion des Toyota Celica für die Weltmeisterschaft 1994, mitsamt Allradantrieb, Turbolader und WM-Titel.

Warum mitbieten? Der Toyota Celica ist eines der erfolgreichsten Rallyeautos der Neunzigerjahre, aber trotzdem beinahe unbekannt. Japan und Rallyesport verbinden die meisten Menschen mit den Namen Mitsubishi Lancer und Subaru Impreza, dabei holte der Celica den ersten Konstrukteurstitel nach Japan - und verabschiedete sich mit einem Skandal von der internationalen Bühne.

1988, zwei Jahre nach dem Ende der legendären Gruppe-B-Fahrzeuge, setzte Toyota erstmals den neuen Celica in der Rallye-Weltmeisterschaft ein und beendete mit dem kleinen Coupe schließlich Lancias jahrelange Dominanz: Von 1987 bis 1992 gewannen die Italiener den Konstrukteurstitel, Toyota beendete die Lancia-Siegesserie von sechs Titeln in Folge schließlich 1993.

Auction Heroes

Die teuersten Autos der Welt sind oft keine Neuwagen, sondern gebrauchte: Oldtimer, die sich in Händen reicher Sammler befinden oder nach langer Vergessenheit plötzlich aus Scheunen wieder auftauchen. Für den gewöhnlichen Auto-Enthusiasten bleiben diese Fahrzeuge unerreichbar, nur mit ganz viel Glück bekommt man sie mal zu Gesicht. In seltenen Momenten ergibt sich aber die Gelegenheit, etwas über diese Traumwagen zu erfahren: wenn sie versteigert werden.

Bevor die Autos zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten wieder verschwinden, werden die alten Storys über sie neu erzählt oder sogar Geheimnisse gelüftet. Je schillernder die Geschichte eines Autos, desto höher sein Marktwert. Die glamourösesten Fahrzeuge stellen wir in einer Serie in loser Reihenfolge vor. Sie sind unsere Helden unterm Hammer - die Auction Heroes .

Diesen Titel verteidigte das in Köln ansässige Toyota-Team auch 1994 - und holte ganz nebenbei noch die Fahrertitel der Jahre 1992 bis 1994. Möglich war das durch die beinahe schon klischeehafte Zuverlässigkeit des Celica. Die zeigte sich vor allem bei der Safari-Rallye in Kenia, die aufgrund des wechselhaften Wetters und ihrer mit scharfkantigen Steinen gespickten Schotterpisten als härteste der Welt gilt: Die Celica ST185 des Werksteams blieben unter diesen feindseligen Bedingungen bei allen Einsätzen von 1992 bis 1994 ungeschlagen.

Möglich wurde das durch eine im Vergleich zum Vorgänger steiferen Karosserie, einer verbesserten Kühlung und einer besseren Belüftung des Turboladers. In Kombination mit einem rund 300 PS starken Zweiliter-Vierzylinder und einem Sechsganggetriebe von X-Trac machten diese Verbesserungen den Celica zwar nicht zum Dominator der Rallye-WM, aber zum besten Allrounder im Feld.

Fotostrecke

Toyota Celica WRC: Der Beginn der Rallye-Grande Nation

Foto: Bonhams

Dank der ausgeglichenen Eigenschaften des Celica siegte Didier Auriol in exakt diesem, mit dem beeindruckenden Scheinwerferbalken für nächtliche Wertungsprüfungen ausgestatteten Exemplar, bei der Rallye San Remo 1994 - denn die wurde damals noch auf unterschiedlichen Belägen, genauer gesagt auf Schotter und Asphalt, ausgetragen. Für Auriol, der vor seiner Karriere als Fahrer einer Ambulanz arbeitete, war der Sieg in San Remo der dritte in der Saison 1994, zuvor hatte er bereits in Argentinien sowie bei seinem Heimrennen auf Korsika gewonnen.

Am Ende gewann er als erster Franzose den Fahrertitel der Rallye-Weltmeisterschaft - der in San Remo siegreiche Celica blieb jedoch am Ort seines größten Erfolges: Am Saisonende wurde er ans italienische Grifone-Team verkauft und nahm, nun mit einer Esso-Sponsorenlackierung, an nationalen Rallyeläufen teil. Nach nur einem Jahr wurde er jedoch erneut verkauft, diesmal in die Rennsport-Frührente mit Wohlfühlprogramm: Der Wagen wurde komplett überholt und in den Werkszustand zurückversetzt - und ist dadurch heute in einem sehr guten Zustand.

Fotostrecke

Mazda RX7 Gruppe B: Das perfekte Rallyeauto

Foto: Rowan Horncastle / RM Sotheby's

Für Auriol ging es zwar nicht in die Rente, er konnte nach 1994 jedoch nie mehr an seinen größten Erfolg anknüpfen - und auch die Rennsportkarriere des Celica nahm 1995 ein jähes Ende. Denn dem Weltverband FIA waren die Rennwagen wieder sukzessive zu schnell und damit zu gefährlich geworden, man befürchtete tragische Unfälle wie am Ende der Gruppe-B-Ära. Die Regeln schrieben für 1995 deshalb einen Luftmengenbegrenzer vor, der die Leistung der turbogeladenen Motoren beschränkte. In Toyotas Rallyeteam sah man dadurch anscheinend die eigenen Siegchancen schwinden - und ersann einen Betrug, der die Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren wie das Werk von Amateuren wirken lässt.

Die Ingenieure entwickelten einen Luftmengenbegrenzer, der in ausgebautem Zustand exakt den Vorgaben der FIA entsprach und perfekt funktionierte - wohlwissend, dass die Rennkommissare sogar ganze Motoren auseinandernahmen. In ausgebautem Zustand war also alles regelkonform - baute man den Restriktor jedoch ein, entfaltete sich die geradezu geniale Betrugsmasche des Bauteils.

Der Flansch am Eingang des Begrenzers hatte eine kleine Lücke, durch die Luft strömen konnte, die jedoch von einer starken Feder verschlossen wurde. Erst beim Einbau öffneten sich die Lücken durch die Spannung zweier Schlauchschellen und den Einsatz eines Spezialwerkzeugs, zusätzlich konnte der Begrenzer so fünf Millimeter vom Turbolader wegbewegt werden. Baute man das Teil jedoch wieder aus, schnappten beide Federn zu und der Begrenzer sprang in die regelkonforme Position zurück.

Durch den Druck der Schlauchschelle und ein Spezialwerkzeug öffnete sich in Toyotas illegalem Begrenzer ein zusätzlicher Kanal

Durch den Druck der Schlauchschelle und ein Spezialwerkzeug öffnete sich in Toyotas illegalem Begrenzer ein zusätzlicher Kanal

Foto: SPIEGEL ONLINE

Diese kleine Lücke hatte jedoch eine große Wirkung, denn die zusätzliche Luft verschaffte dem Celica satte 50 PS mehr - bei Leistungen von rund 300 PS ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Der Betrug flog schließlich bei der Katalonienrallye auf - vermutlich durch einen Whistleblower aus den Reihen des Teams - und Toyota wurde für ein Jahr aus der Weltmeisterschaft ausgeschlossen, alle Punkte des Teams und der Fahrer wurden annulliert.

SPIEGEL ONLINE

Die harte Strafe hielt den damaligen FIA-Präsidenten Max Mosley jedoch nicht davon ab, seine Bewunderung für den Mechanismus zu erklären : Der Begrenzer sei "der raffinierteste Mechanismus, den ich in 30 Jahren Motorsport gesehen habe", so Mosley. Die Entscheidung für den genialen Betrug, erklärte Toyota, sei ohne das Wissen des Managements gefallen - diese dreiste Entschuldigung kaufte der FIA-Präsident dem Rennteam bei aller Bewunderung dann aber doch nicht ab.

Zuschlag! Das Auktionshaus  Bonhams versteigert den Toyota Celica ST185 am 7. Februar in Paris und erwartet einen Preis von rund 200.000 Euro.

Mehr lesen über

Verwandte Artikel

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren