Schnelle Motorroller boomen, denn inzwischen dürfen Autofahrer sie nach ein paar Zusatzfahrstunden steuern. Der deutsche Hersteller Kumpan nutzt die neue Freiheit beim elektrischen 54 ignite weit aus.
Der Kumpan 54 ignite ist bis zu 100 km/h schnell – und damit auch für einen Rollerausflug aufs Land gut geeignet
Foto: Christian Weeke / Kumpan
Der erste Eindruck: Wer hat den LED-Scheinwerfer in den Rollerklassiker geschraubt?
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
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Kumpan 54 ignite: Liebe fürs Detail
Das sagt der Hersteller: Die Entscheidung für das klassische Design sei 2009 bei der Gründung von Kumpan gefallen, erklärt Patrik Tykesson, der die Firma mit seinen Brüdern Daniel und Philipp gegründet hat. Damals existierte die E-Mobilität auf zwei Rädern praktisch noch nicht, so Tykesson. Das klassische Design sollte Vertrauen in die Technik schaffen, so der Mitgründer. Es passe außerdem zum Konzept: »Wir wollen einen Roller anbieten, der wie ein verlässlicher Kumpel ist, das soll auch der Markennname widerspiegeln«, so Tykesson.
Bei der Produktion geht die Firma jedoch einen anderen Weg als viele Konkurrenten. »80 Prozent der Komponenten kommen aus Deutschland, weitere zehn Prozent aus Europa, der Rest aus Fernost«, zählt Tykesson auf. Gefertigt werde ebenfalls hierzulande. »Da sind wir stolz drauf«, so Tykesson. Die bis zu 100 km/h schnelle ignite-Variante sei als Leichtkraftroller sehr wichtig für das junge Unternehmen. In dem Segment gebe es wenige elektrische Mitbewerber, die schneller als 70 km/h sind – und wenig Konkurrenz aus Asien. »Wir haben zuerst mit einer eher kleinen Nachfrage gerechnet, werden aber geradezu überrannt«, behauptet Tykesson.
Das ist uns aufgefallen: Was zählt, ist auf der Landstraße – und dort überzeugt der Kumpan. Im Test schaffte es der sieben Kilowatt starke Roller zwar nicht, die magische Marke von 100 km/h zu erreichen, kam ihr mit 97 jedoch nahe. Der Roller beschleunigt sanft und gleichmäßig und schaffte auch bei steifem Gegenwind noch 85 km/h, stets begleitet vom leisen Surren des Elektroantriebs, das sich langsam höher schraubt, bis es sich im Fahrtwind verliert. Landstraßenfahrten sind auf dem ignite dadurch problemlos möglich – und er lässt eine wichtige Konkurrentin deutlich hinter sich: Die Vespa Elettrica von Platzhirsch Piaggio ist zwar ebenfalls in einer landstraßentauglichen Version erhältlich, hier ist jedoch bei Tempo 70 Schluss – oder sogar früher.
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Damit lassen sich mit dem ignite Jagdgründe erobern, die bisher Verbrennern vorbehalten waren. Motorroller sind zwar wie geschaffen für den Elektroantrieb, Exemplare mit E-Motor sind bisher aber vor allem in der kleinen Klasse bis 45 km/h unterwegs – und damit nur innerorts praktisch. Zwar wird man in der Realität auch dort mit 45 km/h schon oft genug zum Verkehrshindernis, kann aber noch halbwegs mitschwimmen. Außerorts bleibt einem nichts anderes übrig, als am Fahrbahnrand dahinzuschleichen und zu hoffen, dass vorbeirauschende Autofahrer genügend Abstand halten.
Abhilfe bietet die nächstgrößere Klasse der Leichtkrafträder, zu der der ignite gehört. Das Segment wächst massiv. Laut Industrieverband Motorrad (IVM) stieg die Zahl der neu zugelassenen Leichtkraftroller von Januar bis Oktober 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 95 Prozent. Das liegt vor allem daran, dass Autofahrer leichter auf Motorräder umsteigen können: Seit diesem Jahr lässt sich der Führerschein mit ein paar Fahrstunden und ohne Prüfung erweitern. Elektroantriebe profitierten von diesem Boom jedoch nur bedingt: In die IVM-Rangliste der zehn meistverkauften Leichtkraftroller schaffte es von Januar bis Oktober nur ein elektrisch angetriebenes Exemplar – ein Modell des Herstellers Niu lag mit 670 Zulassungen auf Platz zehn. Zum Vergleich: Die beiden konventionellen Piaggio-Modelle an der Spitze verkauften sich jeweils über 3700 Mal.
Das muss man wissen: Der ignite fährt sich trotz der höheren Leistung spielerisch einfach und lässt sich intuitiv um Kurven zirkeln, egal ob im Stadtverkehr oder auf der Landstraße. Die Bremsen sind gut dosierbar und packen zu. Beim Ausrollen vor roten Ampeln gewinnt man dank der feinfühligen Rekuperation wertvolle Reichweite zurück. Steht der Roller, fällt der Blick vielleicht auf seine vielen kleinen Details. So ziert das Kumpan-Logo die Stopfen an den Lenkerenden. Sobald der Roller eingeschaltet ist, leuchtet das Zeichen grün im Start-Stop-Knopf auf.
Dabei fällt jedoch auch eine kleine Schwäche auf: Das große Display ist zwar sehr übersichtlich gestaltet und lässt sich sowohl per Knopfdruck vom rechten Lenkerende aus oder per Bildschirmberührung bedienen, spiegelt bei bewölktem Himmel jedoch etwas zu stark. Und trotz aller Stärken kann der Kumpan zwei grundlegende Probleme elektrischer Zweiräder nicht ausräumen.
Zwar ist die Reichweite von bis zu 80 Kilometern (mit drei voll geladenen, entnehmbaren Akkus) realistisch, auch bei einer Mischung aus Stadtverkehr und Landstraße. Wirklich vollgasfest ist der ignite auf längeren Strecken aber nicht, gerade oberhalb der 80-km/h-Marke schmilzt die Reichweite schnell dahin. Hinzu kommt ein weiteres, für Elektroroller typisches Problem: Die Betriebskosten sind zwar niedrig, die Roller selbst sind aber recht teuer. Der ignite kostet mindestens 6666,59 Euro. Das ist fast doppelt so viel wie der Preis für Verbrenner-Pendants von Konkurrenten wie Honda oder Yamaha. Immerhin ist der Kumpan kaum teurer als die langsamere Vespa Elettrica.
Hersteller
Kumpan
Modell
54 ignite
Karosserie
Motorroller
Motor
Bürstenloser Radnabenmotor
Kraftübertragung
Direkt
Leistung
7 kW
Höchstgeschwindigkeit
100 km/h
Gewicht mit drei Akkus
112 kg
Kapazität pro Akku
1,5 kWh
Reichweite
Rund 80 Kilometer
Maße
1950/730/1215 mm
Preis
ab 6666,59 Euro
Das werden wir nicht vergessen: Die Zurückhaltung, zu der man sich im Stadtverkehr zwingen muss. Der ignite überwindet die von anderen Rollern bekannte 45-km/h-Grenze spielend. Man muss sich also zurücknehmen – sonst bringt man von einer Ausfahrt statt eines Lächelns Punkte in Flensburg mit nach Hause.
Der Kumpan 54 ignite kommt wie viele Motorroller im Retrodesign daher – da wirkt der LED-Scheinwerfer beinahe wie nachträglich eingebaut.
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
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In der Hülle des knapp 100 km/h schnellen Leichtkraftrollers steckt viel Liebe zum Detail, so ziert das Kumpan-Logo die Lenkerenden.
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
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Auch in den Griffen sind solche Details eingearbeitet. Beim Beschleunigen geht es der Roller auch eher retro-mäßig etwas gemächlicher an, erreichte im Test aber bis zu 97 km/h, bei Gegenwind waren noch 85 km/h drin.
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
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Der sieben Kilowatt starke Radnabenmotor schiebt zügig, aber nicht besonders sportlich an. »Unsere Roller holen bewusst nicht die maximale Beschleunigung heraus, da geht technisch noch mehr«, erklärt Kumpan-Mitgründer Patrik Tykesson. Denn der typische Rollerfahrer sei eben kein Motorradfahrer, viele seien außerdem Fahranfänger.
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
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Gespeist wird der Motor des E-Rollers von bis zu drei entnehmbaren Akkus, die unter der Sitzbank stecken. Zusätzlich gibt es ein Gepäckfach, das aber nur für Kleinigkeiten ausreicht.
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Ist man mit weniger als drei Akkus unterwegs, muss man deren Anschlüsse mit diesen Stopfen schließen. Ein Energiespeicher fasst 1,5 Kilowattstunden.
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Ein Display am oberen Ende zeigt den Ladestand an. Der Verbrauch lag im Test bei rund 5,6 Kilowattstunden auf 100 Kilometer, der Hersteller gibt 5,1 Kilowattstunden an. Die Reichweite liegt damit bei rund 80 Kilometern, abhängig vom Mix aus Stadtverkehr und Landstraße.
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Alternative zum Laden der Akkus in der eigenen Wohnung: Das Ladegerät kann – beispielsweise in einer Garage – in den Anschluss in der Front gestöpselt werden. Dann lädt der Roller alle Akkus gleichzeitig. Der Kumpan solle zu jedem Lebensentwurf passen, erklärt Patrik Tykesson die ungewöhnliche Zweifachlösung. »Anfang 2021 bringen wir zudem eine Dockingstation heraus, damit man auch in der Wohnung mehrere Akkus gleichzeitig laden kann«, so Tykesson.
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Der ignite fährt sich trotz der hohen Endgeschwindigkeit spielerisch einfach, gleichzeitig ist das Zusammenspiel der zupackenden Bremsen und der Energierückgewinnung intuitiv und man kann beim Ausrollen einige Kilometer Reichweite zurückgewinnen.
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Die Sitzbank des ignite ist gemütlich, für Fahrten zu zweit jenseits des Stadtverkehrs aber etwas zu knapp bemessen.
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Die Fußrasten für die zweite Person verstecken sich wie bei der Konkurrenz im Trittbrett und können bei Bedarf ausgeklappt werden.
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Der Kumpan 54 ignite kommt wie viele Motorroller im Retrodesign daher – da wirkt der LED-Scheinwerfer beinahe wie nachträglich eingebaut.
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In der Hülle des knapp 100 km/h schnellen Leichtkraftrollers steckt viel Liebe zum Detail, so ziert das Kumpan-Logo die Lenkerenden.
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Auch in den Griffen sind solche Details eingearbeitet. Beim Beschleunigen geht es der Roller auch eher retro-mäßig etwas gemächlicher an, erreichte im Test aber bis zu 97 km/h, bei Gegenwind waren noch 85 km/h drin.
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Der sieben Kilowatt starke Radnabenmotor schiebt zügig, aber nicht besonders sportlich an. »Unsere Roller holen bewusst nicht die maximale Beschleunigung heraus, da geht technisch noch mehr«, erklärt Kumpan-Mitgründer Patrik Tykesson. Denn der typische Rollerfahrer sei eben kein Motorradfahrer, viele seien außerdem Fahranfänger.
Foto: Emil Nefzger / DER SPIEGEL
Gespeist wird der Motor des E-Rollers von bis zu drei entnehmbaren Akkus, die unter der Sitzbank stecken. Zusätzlich gibt es ein Gepäckfach, das aber nur für Kleinigkeiten ausreicht.
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Ist man mit weniger als drei Akkus unterwegs, muss man deren Anschlüsse mit diesen Stopfen schließen. Ein Energiespeicher fasst 1,5 Kilowattstunden.
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Ein Display am oberen Ende zeigt den Ladestand an. Der Verbrauch lag im Test bei rund 5,6 Kilowattstunden auf 100 Kilometer, der Hersteller gibt 5,1 Kilowattstunden an. Die Reichweite liegt damit bei rund 80 Kilometern, abhängig vom Mix aus Stadtverkehr und Landstraße.
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Alternative zum Laden der Akkus in der eigenen Wohnung: Das Ladegerät kann – beispielsweise in einer Garage – in den Anschluss in der Front gestöpselt werden. Dann lädt der Roller alle Akkus gleichzeitig. Der Kumpan solle zu jedem Lebensentwurf passen, erklärt Patrik Tykesson die ungewöhnliche Zweifachlösung. »Anfang 2021 bringen wir zudem eine Dockingstation heraus, damit man auch in der Wohnung mehrere Akkus gleichzeitig laden kann«, so Tykesson.
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Der ignite fährt sich trotz der hohen Endgeschwindigkeit spielerisch einfach, gleichzeitig ist das Zusammenspiel der zupackenden Bremsen und der Energierückgewinnung intuitiv und man kann beim Ausrollen einige Kilometer Reichweite zurückgewinnen.
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Die Sitzbank des ignite ist gemütlich, für Fahrten zu zweit jenseits des Stadtverkehrs aber etwas zu knapp bemessen.
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Die Fußrasten für die zweite Person verstecken sich wie bei der Konkurrenz im Trittbrett und können bei Bedarf ausgeklappt werden.