»Das Konzept überzeugt mich nicht« Lindner lehnt weitere Finanzierung des 9-Euro-Tickets strikt ab

Christian Lindner: Das 9-Euro-Ticket ist eine »befristete Maßnahme, genau wie der Tankrabatt«
Foto: Michele Tantussi / REUTERSBundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich strikt gegen eine weitere Finanzierung des 9-Euro-Tickets oder eines Nachfolgeangebots ausgesprochen. »Das 9-Euro-Ticket ist eine befristete Maßnahme, genau wie der Tankrabatt«, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. »Deshalb sind im Bundeshaushalt weder eine Fortsetzung des Tankrabatts noch Mittel für eine Anschlussregelung für das 9-Euro-Ticket vorgesehen.«
Beim Ende August auslaufenden 9-Euro-Ticket würden Steuerzahler ein nicht kostendeckendes Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr finanzieren, kritisierte Lindner. »Es zahlen damit auch diejenigen, die das Angebot selbst im ländlichen Raum gar nicht nutzen können.«
Die Folge aus Lindners Sicht: »Ein nicht die Kosten deckendes Angebot führt auch dazu, dass es übermäßig in Anspruch genommen wird. Das Konzept überzeugt mich nicht. Jedenfalls könnte der Bund es nicht bezahlen, da im Jahr 2023 die Schuldenbremse wieder eingehalten werden muss.«
CDU-Politiker Frei will lieber »mehr Waggons« kaufen
Lindners Parteifreund und Bundesverkehrsminister Volker Wissing hingegen hatte zuletzt über eine Nachfolgeregelung ab Ende des Jahres oder Anfang 2023 nachgedacht: »Wir brauchen ein Modell, das in die Haushalte der Länder und auch in den Haushalt des Bundes passt.« Wissing bewertet das Ticket als »Riesenerfolg«: »Wir haben 21 Millionen Tickets zusätzlich zu den zehn Millionen Abonnenten verkauft. Das hat der ÖPNV lange nicht gesehen.«
Das 9-Euro-Ticket ist Teil der staatlichen Entlastungspakete, mit denen die gestiegenen Energie- und Spritpreise kompensiert werden sollen. Angesichts der hohen Nachfrage werden derzeit verschiedene Vorschläge für mögliche Anschlusslösungen diskutiert. Die Finanzierung ist allerdings unklar.
Widerspruch gegen eine Verlängerung des Angebots gibt es auch von der Union. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag, er halte eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets »nicht für eine gute Idee«. Aus seiner Sicht sei es »sehr viel klüger«, in den Ausbau der Nahverkehrsinfrastruktur zu investieren und mehr Waggons zu kaufen.
Andere Verkehrsbranchen stellt das günstige Angebot bereits jetzt vor Schwierigkeiten. So meldete etwa rund die Hälfte aller Reise- und Fernbusunternehmen in einer Blitzumfrage des eigenen Verbands eine rückläufige Nachfrage nach den eigenen Angeboten, wie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) am Samstag mitteilte.
Insbesondere für Klassen- und Vereinsfahrten würden die Veranstalter aufgrund des günstigen ÖPNV-Tickets seltener ein privates Busunternehmen beauftragen, hieß es. Bei diesen beiden Kundengruppen sei die Nachfrage bei den Busunternehmen im Schnitt um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Bei Senioren, der dritten wichtigen Kundengruppe, verzeichnete die Branche im Schnitt sogar einen Rückgang von mehr als zwei Drittel.
»Ziel eines durch Steuermittel finanzierten ÖPNV-Billigtickets kann nicht sein, dass sich ohnehin schon umweltfreundliche Verkehrsmittel gegenseitig Fahrgäste abwerben und hierdurch Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Reisebusbranche neu etabliert werden«, teilte bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard mit. »Die gemeinsame politische Aufgabe muss vielmehr sein, den Individualverkehr mit Pkw zu reduzieren, um endlich die Verkehrswende und den Klimaschutz erfolgreich voranzubringen.«
Der Verband forderte finanzielle Entlastungen durch die Politik. »Nur so können die Busunternehmen nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ihren notwendigen Beitrag zum Erhalt der klimafreundlichen Mobilität in Stadt und Land erbringen.«