»Enthüllung« des Model Y Holperstart für den deutschen Tesla

Ab sofort auch offiziell in Deutschland verfügbar: das Tesla Model Y. Vorerst allerdings stammen die Modelle noch aus chinesischer Produktion
Foto: Zhe Ji / Getty ImagesIm Juli 2021, so der ursprüngliche Plan, sollten die ersten Exemplare des Tesla Model Y aus der neuen Fabrik in Grünheide bei Berlin rollen. Doch die Kalifornier erweiterten die Baupläne um eine Batteriefertigung, neue Genehmigungsverfahren ließen den Zeitplan platzen. Trotzdem wird das vollelektrische Model Y jetzt erstmals öffentlich in Deutschland vorgestellt. Im Tesla-Store in der »Mall of Berlin« nahe dem Potsdamer Platz etwa soll am Donnerstagnachmittag das Model Y enthüllt werden.
Dabei hatte das Modell seine Weltpremiere bereits im März 2019 erlebt. Ein Jahr später begann der Verkauf in Nordamerika, seit einiger Zeit ist der Wagen in Europa bestellbar. Wer ihn orderte, kannte den Wagen aber nur virtuell. Erst jetzt sind erste Exemplare vor Ort. Und weder die Vorführwagen in den europäischen Tesla-Stores, noch die Autos, die an die ersten europäischen Besteller ausgeliefert werden, stammen aus Grünheide. Es sind Autos aus chinesischer Produktion.

Tesla Model Y: Ab sofort auch in Europa
Es ist also alles andere als ein glatter, glamouröser Start des Model Y in Europa. Für Tesla bedeutet das einen »logistischen Albtraum« – so bezeichnete ein Analyst auf dem Internetportal »Teslamag« die Verschiffung der für Europa vorgesehenen Tesla-Typen 3 und Y um die halbe Welt. Aktuell fertigt Tesla Elektrofahrzeuge am Hauptsitz im kalifornischen Fremont. Seit Anfang 2020 werden die weitgehend baugleichen Modelle 3 und Y auch in Shanghai produziert, demnächst folgen sollen die Gigafactorys im texanischen Austin sowie in Grünheide.
Das erste Autotransportschiff aus China mit Model-Y-Exemplaren für Europa an Bord traf Ende Juli im belgischen Zeebrügge ein. In der vergangenen Woche folgten zwei weitere Autotransporter. »Teslamag« berichtet, dass damit insgesamt 8210 Model Y in Europa eingetroffen seien. Ebenso kursieren im Internet Bilder von Lastwagen mit neuen Tesla-Modellen auf der Ladefläche, von denen einige Tarnfolie mit der Aufschrift »Not Model Y« tragen. Ein Gag, der zum oft etwas seltsamen Humor von Tesla-Chef Elon Musk passt.
Ein Tesla im SUV-Look
Die Erwartungen an das Model Y sind hoch. Die Technik des Wagens ist zwar identisch mit jener des Tesla-Topsellers Model 3. Doch die Karosserie ist deutlich höher, das kommt der Alltagstauglichkeit zugute. So kann das Model Y mit sieben Sitzen bestückt werden. Die Gepäckräume unter der vorderen Haube und der großen Heckklappe bieten maximal 2158 Liter Platz. Außerdem lässt die voluminöse Karosserie das Model Y wie einen sportlichen SUV aussehen. Diese Gattung verkauft sich bekanntlich im Moment so gut wie keine andere. Nicht von ungefähr sind auch die elektrischen Konkurrenzmodelle wie der VW ID.4, der Audi Q4 E-Tron, der BMW iX oder der Mercedes EQC ähnlich proportioniert.
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Schon jetzt setzt Tesla mit seinen Modellen für den Massenmarkt etablierten Herstellern ordentlich zu. »Im ersten Halbjahr 2021 wurden weltweit 382.256 Model 3 und Model Y verkauft im Vergleich zu 273.072 BMW 3er und 4er«, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research in Duisburg. »Das sind 40 Prozent mehr. Das ist schon eine Sensation.« Die neue Fabrik in Grünheide stärkt Tesla zusätzlich. »Die Gigafactory ist erstens eine Art Entwicklungshilfe in Sachen Innovationsfähigkeit für Deutschland, und zweitens ein kräftiger Imageschub für Tesla«, sagt Dudenhöffer.
Kernfrage: Welcher Akku ist im Auto?
Tesla-Insider und -Interessenten sind allerdings verunsichert, ob die ersten Model Y in Europa so gut sind wie erhofft. Da ist etwa die Frage nach dem Akku in den Model-Y-Modellen aus chinesischer Produktion. Der kann möglicherweise weniger als der, der einmal aus Grünheide kommen soll.
Für Europa homologiert, also technisch zugelassen, wurden bislang zwei Akkuvarianten, die Reichweiten von 507 oder 542 Kilometer ermöglichen sollen (nach WLTP-Norm). Bei Vergleichsfahrten des Elektroauto-Verleihers Nextmove aus Leipzig lag der Mehrverbrauch des Model Y gegenüber dem Model 3 bei rund zehn Prozent. Für einen SUV gegenüber einer Limousine ist das ein respektabler Wert.
Möglicherweise fährt das Model Y demnächst aber noch einen Tick weiter voraus, sobald es in Grünheide gefertigt wird. Denn dort sollen, so heißt es zumindest unter Tesla-Insidern, grundsätzlich Batterien mit den sogenannten 4680er-Zellen gefertigt und in die Fahrzeuge eingebaut werden. Diese Batterie mit mehr Leistungsdichte und schnellerer Ladefähigkeit wäre der nächste Innovationssprung.
Erster Tesla aus Deutschland noch 2021?
Offenbar haben manche der hiesigen Frühbucher des Model Y darauf spekuliert, ein Auto mit der neuen Hightech-Batterie zu erhalten. Jetzt jedoch steckt in den ersten Autos, die aus China nach Europa kommen — möglicherweise werden es mehrere Zehntausend sein — eine zwar ausgereifte Batterie, aber eben nicht die allerneueste. In einigen Foren, so hört man, denken Model-Y-Besteller bereits über eine Stornierung nach. Allerdings hätte das eine vorläufig unbestimmte Wartezeit zur Folge.
Denn nach wie vor ist die Frage unbeantwortet, wann es denn nun losgeht in der brandenburgischen Fabrik. Im Oktober, wie es zuletzt manchmal hieß? Oder doch erst später? Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) blieb kürzlich im »Handelsblatt« ebenso vage wie optimistisch: »Ich habe die Hoffnung, dass das erste Auto, das vom Band läuft, das Geburtsjahr 2021 haben wird.«