
Patrick Mariathasan für den SPIEGEL
Briefe
Wo ist die Kohle?
Heft 3/2023 Titel: Bereit zum Gefecht!
Dass Sie den desolaten Zustand der Bundeswehr zum Thema machen, ist richtig. Da sind aber auch die Soldatinnen und Soldaten, die trotz der von der Politik verschuldeten Fehlentscheidungen, die diesen Zustand herbeigeführt haben, seit Jahren damit leben müssen und trotzdem treu ihren gefährlichen Dienst verrichten. Diese nun mit der Titelbildkarikatur unverdient der Lächerlichkeit preiszugeben ist beschämend.
Knut-Olaf Anderson, WürzburgIm Gegensatz zu den Marder-Panzern ist das abgebildete Bobbycar sehr robust und viel weniger reparaturanfällig. Wäre eine Überlegung wert.
Volkmar Lenburg, Grevenbroich (NRW)Meisterlich recherchiert. Konrad Adenauer würde Ihnen abermals einen »Abgrund von Landesverrat« vorwerfen und die Redaktion durchsuchen lassen, der russische Militärgeheimdienst GRU freut sich über ein kostenloses Dossier, um Putin, sollte er nach dem Ukrainekrieg Deutschland überfallen wollen, darin zu bestärken, es für diesen Fall nur mit einer Luschentruppe zu tun zu bekommen. Was will man mehr, um sich in Deutschland sicher zu fühlen?
Michael Schneider, SiegburgErforderlich ist in allen Feldern der öffentlichen Verwaltung ein radikaler Umbau. Das betrifft die Organisationsstruktur, die Personalstruktur, die Kommunikationsstruktur, die Entscheidungsstruktur, die Verhaltensnormen und selbstverständlich strategisches Planungsdenken und Entscheiden. Aber wir haben Krieg! Da steigt die Dringlichkeit für Verteidigung und Waffenlieferungen, was zuvor in Deutschland kaum Wählerschichten interessiert hat, die politischen Parteien auch nicht. Es wird Zeit, dass »Zeitenwende« nicht nur bedeutet, Wumms-Geld zur Verfügung zu stellen, sondern mit dem radikalen Umbau zu beginnen.
Hartmut Krauß, BielefeldEine Bundeswehr, die auch nur annähernd in der Lage wäre, den »Kernauftrag Landes- und Bündnisverteidigung« zu erfüllen, existiert nicht mehr. Sie ist in drei Jahrzehnten von Politikern zerstört worden. Und die Vorstellung, man könne »ab 2027« mit einer zweiten einsatzbereiten Division das sicherstellen, wofür bei geringerer Bedrohungslage früher 12 Divisionen (nur für den Westen) nötig waren, ist ein schlechter Witz: Solange nicht die Bewaffnung und die Personalstärke inklusive Wehrpflicht auf dem Stand vor 1989 wiederhergestellt ist, ist »Landesverteidigung« eine Illusion, und so lange ist dieses Land unverteidigt.
Thomas Stehl, Oberleutnant d. R. a. D., PotsdamGut, die Bemerkung zu den 5000 Stahlhelmen war selten naiv, und bereits da hätte man Frau Lambrecht besser aus der Schusslinie genommen, mangels Talent für dieses Amt und Empathie für die bedrängten Ukrainer. Aber dass das Tragen von Pumps und ein Mitflug des Sohnes ständiger Erwähnung wert waren – schon sehr seltsam. Auch sonst werden im SPIEGEL die Damen immer genauer und kritischer unter die Lupe genommen. Warum immer wieder die zweierlei Wertungen – einerseits viel Talent und Einsatz, aber die Persönlichkeit – viel zu laut, viel zu extravagant? Wann dürfen wir mal ungestraft so lässig sein wie die Kerle?
Rosemarie Leonhardt, Stockach (Bad.-Württ.)Nach diesem Artikel frage ich mich, wo die Milliarden an Verteidigungsetat der vergangenen zehn Jahre hin sind? Mannstärke, technische Ausstattung in allen Bereichen: alles drastisch abgebaut. Wo ist die Kohle?
Marianne Barczewski, Wörth (Rhld.-Pf.)Eine Armee derart herunterzuwirtschaften kann man schon als grob fahrlässig bezeichnen. Angesichts der bestehenden und der sich anbahnenden Krisen ist mir schleierhaft, wie sich der jetzige Zustand in der dafür notwendigen Zeit ändern soll.
Stefan Harden, Duisburg
Einfach enttäuscht
Danke für das Streitgespräch. So stelle ich mir vernünftige journalistische Arbeit vor: bei strittigen Themen möglichst sachlich informieren über unterschiedliche Sachverhalte und Auffassungen. Der/die Leser:in kann sich dann schon selbst die eigene Meinung bilden. Ich finde sehr viele Argumente von Frau Wagenknecht richtig und viele Argumente von Herrn Masala falsch.
Klaus-Peter Koppelmann, HamburgWie schade, dass der SPIEGEL Frau Wagenknecht, quasi einer Marionette des Massenmörders Putin, durch die Publikation dieses Streitgesprächs eine öffentliche Bühne bietet und sich im Sinne ihrer Popularität instrumentalisieren lässt, anstatt sie zu ignorieren. Wie lange noch muss die Öffentlichkeit der Putin-Propaganda dieser Möchtegern-Linken und wertkonservativen Salonkommunisten Aufmerksamkeit schenken? Als langjähriger Leser bin ich einfach enttäuscht!
Dr. Cihan Arin, BerlinEs ist schon spannend zu verfolgen, wie Herr Masala das Halbwissen und die ideologische Verbohrtheit von Frau Wagenknecht ein ums andere Mal entlarvt. Insofern kann ihr Versuch, sich im Lichte dieses furchtbaren Krieges als kompetente Gesprächspartnerin mit lösungsorientierten und durchdachten Vorschlägen zu geben, nur scheitern. Vielmehr wird mehr als deutlich, dass der weitere politische Weg für Frau Wagenknecht nur in eine von ihr zu gründende Partei führen kann, denn keine der der Demokratie verpflichteten Parteien im Bundestag kann ein Interesse an dieser politischen Außenseiterin haben.
Michael Köller, Wienhausen (Nieders.)Aufschlussreich, dieses inhaltsstarke Streitgespräch. Möglicherweise offenbart Herr Masala darin als Befürworter von Waffenlieferungen und Sanktionen unfreiwillig zuvor nicht benannte Absichten der Sanktionen: Es sei von Anfang an klar gewesen, dass diese die russische Kriegsmaschine nicht stoppen würden und dass es darum gehe, die russische Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Bitte? Das habe ich in den letzten zehn Monaten aber anders gehört: Es gehe darum, Russland durch die Sanktionen zum Rückzug zu bewegen. Nun räumte unsere Regierung vor Monaten ein, dass sie keine Erkenntnisse habe, ob die Sanktionen Putins Kriegsmaschine stoppen. Wir sollen frieren und hohe Preissteigerungen hinnehmen – wofür?
Reiner Gorning, Hamburg
Konsequenzen!
Heft 2/2023 Familie: Zwei Mädchen werden von ihren Pflegeeltern gequält – wo war das Jugendamt?
Dieser Bericht macht mich fassungslos und wütend. Wie kann es sein, dass die Informierten und Beteiligten in den jeweiligen Ämtern ohne Strafe und ohne einen Akt der Entschuldigung davonkommen? So etwas müsste Ihre Titelgeschichte sein und derartige Recherchen noch viel mehr in Ihrem Heft vorkommen, damit solches Leid viel früher erkannt und geahndet wird.
Angela Elis, Markkleeberg (Sachsen)Man darf diesen Artikel auf keinen Fall lesen, wenn man gerade schlecht drauf ist. Alles verschwimmt vor den Augen. Der Höhepunkt im Bericht ist die Zugbegleiterin, die ihre Fahrt abbricht und das Mädchen begleitet und das Richtige tut. Ohne fachliche Ausbildung, aber mit dem Gespür und Mitgefühl, das allen »Fachleuten« fehlte. Trauer ist nicht genug. Konsequenzen! Fortbildung!
Peter Wolter, Leonberg (Bad.-Württ.)Zu Recht fragen Sie, wie es sein kann, dass die professionell geschulten Fachkräfte des Jugendamtes die Notlage eines Kindes nicht erkennen. Vielleicht liegt die Antwort darin, dass diese Fachkräfte so professionell geschult gar nicht sind, und vielleicht sollte deren Ausbildung endlich einmal gründlich auf den Prüfstand gestellt werden. Auch bedarf es dringend einer unabhängigen Fachaufsicht über die Jugendämter, denn ohne deren Kontrolle werden auch künftig immer wieder Kinder derartigen von Vernebelung und Inkompetenz geprägten Entscheidungen zum Opfer fallen.
Torsten Sommer, NürnbergIch ziehe den Hut vor der Hartnäckigkeit, Beharrlichkeit und auch dem Mut von Frau Overberg. Der Artikel hinterließ mich sprach- und fassungslos, offenbart er doch schwerwiegende Mängel in dem Auswahlverfahren von Pflegeeltern und in der Qualifikation der Mitarbeiter in zumindest dem Tübinger Jugendamt. Hinweise auf Misshandlung wurden nicht erkannt, beziehungsweise es wurde diesen nicht nachgegangen. Ich bedaure, dass es für die Verantwortlichen keine Konsequenzen gab und die Verfahren eingestellt wurden und vor allem, dass die Pflegemutter so glimpflich davongekommen ist. Ich wünsche den ehemaligen Pflegekindern an dieser Stelle alles erdenklich Gute für Ihre Zukunft.
Samir Muhammad, NürnbergEs ist erschreckend, dass erst eine engagierte Zugbegleiterin das Leben eines jahrelang geschundenen Kindes kreuzen muss, um es aus der schockierenden Untätigkeit eines riesigen Behördenapparats zu retten.
Besim Karadeniz, Pforzheim
Gewaltiges Einsparpotenzial
Heft 2/2023 Öffentlich-Rechtliche: Die ARD bräuchte dringend Reformen
Die Hauptursache für den desolaten Zustand der Öffentlich-Rechtlichen dürfte nicht nur das Zuständigkeitswirrwar sein, sondern auch die Nachgiebigkeit gegenüber den diversen Verbänden des Profisports, allen voran IOC, Uefa und Fifa mit ihren teilweise aberwitzigen Preisvorstellungen für Übertragungsrechte. Hier besteht ein gewaltiges Einsparpotenzial, was der Verbesserung des Programms zugutekommen könnte. Die mit Werbung sowieso völlig überfrachteten Veranstaltungen hätten im werbefinanzierten TV den besseren Platz. Zum Glück gibt’s mit Arte, 3sat, ZDFneo und den Regionalen noch Alternativen zu den drögen Hauptprogrammen.
Manfred Herziger, Kuppenheim (Bad.-Württ.)Die deutsche Kleinstaaterei hat sich in der Pandemie als besonders hinderlich erwiesen. Leider haben Sie in Ihrem Artikel nicht recherchiert, wie hoch der Anteil der Personalkosten an den 18,36 Euro ist. Ich würde mir wünschen, dass die Anzahl der Mitarbeiter und der Sendeanstalten so weit reduziert wird, dass man mit einem »9-Euro-Ticket« im Monat auskommt. Und in den Aufsichtsgremien sollten nicht die Landesfürsten und die Kirchen vertreten sein, sondern die Beitragszahler.
Wilfried Thommes, KölnTrotz aller Kritik, vor allem im Fall Schlesinger, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit allen Sendeanstalten erhalten bleiben. Die privaten TV-Sender sind ja kaum auszuhalten, schon wegen der aggressiven Werbung. Wer Amazon Prime, Disney und so weiter sehen will, kann das gern im Netz tun. Ich möchte jedenfalls weiterhin öffentlich-rechtliches TV und Hörfunk nutzen.
Petra Lorenz, Köln
Sie tun es für uns alle
Heft 2/2023 Klimaschutz: Henning Jeschke von der »Letzten Generation« fordert im SPIEGEL-Gespräch eine Revolution
Herr Jeschke trifft mit jedem Satz ins Schwarze. Gott sei Dank gibt es die engagierten jungen Leute der »Letzten Generation«. Mir ist völlig unbegreiflich, dass angeblich die Mehrheit der Bevölkerung nicht begrüßt, was sie tun; sie tun es für uns alle. Sie nehmen in Kauf, geschlagen, bespuckt, getreten zu werden, Tage oder Wochen im Gefängnis zu sitzen, nur weil sie nach 40 Jahren vertaner Zeit in puncto Klimaschutz verzweifelt sind, was ihre Zukunft angeht. Völlig zu Recht! Ich bin knapp 72, verfolge dieses elende Nichtstun seit Jahrzehnten, bin Vegetarierin und habe noch nie ein Auto besessen – und seht her: Ich lebe noch. Jede und jeder kann etwas beitragen, aber das reicht nicht mehr; auch die Politik muss sich endlich bewegen.
Gabriele Rohlfes, TübingenMein Mann und ich sind überzeugte Grüne, essen sehr wenig (Bio-)Fleisch, haben kein Auto, sind schon lange nicht mehr geflogen, und wir erwarten, dass die Regierung – wie angekündigt – jetzt die Maßnahmen zum Klimaschutz vorantreibt. Die Aktionen der Mitglieder der »Letzten Generation« finde ich trotzdem extrem kontraproduktiv: Die von ihnen gewünschte politische Krise wird nicht unser Klima schützen, niemanden aufrütteln, sondern lediglich den Rechten in die Hände spielen, die ihrerseits unsere Republik erschüttern und destabilisieren wollen – und bekanntermaßen nichts mit Klimaschutz am Hut haben.
Monika Dengler, HamburgDer Literaturnobelpreisträger Elie Wiesel sagte einmal: »Verzweiflung ist besser als Gleichgültigkeit«. Deshalb empfinde ich Respekt und Zuneigung für die Aktionen und Argumente der »Letzten Generation«, da diese aus Verzweiflung entstehen. Hier geht es ums große Ganze, Aufmerksamkeit zu erzeugen, schlicht darum, die gleichgültige Mehrheit der Gesellschaft aufzuwecken. Auch wenn’s unbequem ist: Veränderung und sozialer (hier ökologischer) Fortschritt wurden schon immer durch mutige junge Menschen erkämpft, die so einen möglichen Wandel zum Positiven herbeiführen. In diesem Fall nichts Geringeres als eine lebenswerte Zukunft auf unseren Planeten.
Marc Straube, Potsdam
Nur ein kurzes Interview
Heft 2/2023 Gewalt: CDU-Politikerin Serap Güler über Lehren aus den Berliner Silvesterexzessen
Anders als die übrigen Medien, die den die Öffentlichkeit und die Politik bewegenden Silvesterkrawallen ausführliche Recherchen und Analysen gewidmet haben, räumt der SPIEGEL diesen Ereignissen lediglich ein kurzes Interview mit Serap Güler ein. Wird der SPIEGEL hier noch seiner Rolle als Nachrichtenmagazin gerecht?
Hermann Walterscheid, Nettersheim-Buir (NRW)
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