
Patrick Mariathasan für den SPIEGEL
Briefe
Aus nichts das Universum
Nr. 52/2022 Titel: Am Anfang war das Licht
Auch wenn es spannend ist, die Geschichte des Universums zu erforschen – ich selbst habe ein kleines Teleskop –, so sollten wir uns doch primär den irdischen Herausforderungen widmen. Und derer haben wir genug. Ein Blick in das All und auf die Planeten, die wir bisher erforscht haben, macht klar, wie einzigartig unser blauer Planet ist. Umso wichtiger ist es, diesen zu bewahren. Wir brauchen daher gerade jetzt viel Licht, für Frieden und Solidarität auf der Welt.
Rainer Szymanski, Grünheide (Brandenb.)Nun fiel dem SPIEGEL wohl zu Weihnachten nichts anderes mehr ein, als ins Weltall abzuheben. Astrophysiker mögen da vielleicht allerlei interessante Details herausbekommen haben und auch noch weiter erforschen, aber sie werden nie ergründen, was vor dem sogenannten Urknall war. Wirklich nichts, also auch nicht Raum und Zeit? Unser begrenztes Gehirn kann sich zwar einen leeren Raum, in dem nichts geschieht, vorstellen, auch eine in die Zukunft gerichtete Ewigkeit empfindet es als angenehm, aber mit der Vorstellung einer in die Vergangenheit gerichteten Ewigkeit, dass es also gar keinen Anfang gab, ist es überfordert. Diese gewaltige Wissenslücke haben nur Gläubige recht einprägsam ausgefüllt.
Klaus Müller, EssenDie Geburt und die Entwicklung des Universums sind wohl weitgehend verstanden. Warum aber gibt es das Universum? Würde es ohne Universum das Nichts geben? Wenn es nur das Nichts gäbe, dann würde es doch etwas geben: das Nichts, das nur in unserem Verständnis ein Nichts ist, aber erfüllt ist von einem Meer aus virtuellen Teilchen. Selbst Gott könnte unsere Fragen nicht beantworten, weil der Mensch zu dumm ist, die Antworten zu verstehen. Immerhin ist es beachtlich, dass ein hoch entwickelter Affe fähig ist, die Struktur des Universums zu erforschen. Ein bisschen stolz können wir also sein.
Rainer Kollewe, Laer (NRW)Am Anfang war das Licht. Und so entstand mit einem urplötzlichen Beginn aus Nichts das Universum. Aus Nichts etwas werden zu lassen, setzt jedoch einen kreativen Geist voraus. Deshalb hat das unverfälschte Zitat für Logiker die grundlegendere Bedeutung: Am Anfang war das Wort.
Helmer Schinowsky, Großbeeren (Brandenb.)Eine Entdeckungsreise zum Ursprung des Universums. Zum Geheimnis der Schöpfung? Doch wer ist der Schöpfer, und was ist sein Geheimnis? Seit wann gibt es den Schöpfer? Schon immer? Existiert er unabhängig von Raum und Zeit? Und ist er überall? Ja? Dann können wir uns ihn nicht vorstellen. Denn wir Menschen sind gefangen in Raum und Zeit. Eine Zeit, die nie angefangen hat, denn dies setzt voraus, dass es einen Anfang gibt, und den gibt es dann ja nicht. Genauso verhält es sich mit dem Raum. Die Frage ist doch nun, ob wir uns etwas vorstellen können, was weder räumlich noch zeitlich begrenzt ist. Nein, wir können es nicht, denn wir sind gefangen in Raum und Zeit. Dies gilt jedoch nicht für den »Schöpfer«. Denn der kann ja gleichzeitig überall sein, und es hat ihn schon immer gegeben. Mögen wir auch in der Lage sein, mit unseren Fernrohren Millionen Lichtjahre von der Erde entfernte Planeten zu sehen, der »Schöpfer« ist immer schon da.
Jürgen Steckelberg, Frankenthal (Rhld.-Pf.)Dem Universum ist es gelungen, nach Milliarden von Jahren Geschöpfe entstehen zu lassen, die das Wunder des Weltalls erfassen können und gleichzeitig unfähig sind, sich nicht umzubringen und die eigene Umwelt zu erhalten. Wie sinnlos ist das?
Alexander Koerdt, Stansstad (Schweiz)
Mit Häme übergossen
Nr. 51/2022 Politpensionär Peter Altmaier sucht eine neue Rolle
Selten habe ich mich für meinen Beruf als Reporter so geschämt wie beim Lesen dieses Portraits. Es hätte eine beobachtende Reflexion über die Abgabe von Macht in einer Demokratie und auch die darin wohnende Tragik sein können. Mit Stil, kritischer Distanz, gern auch Witz, auf jeden Fall mit professioneller Empathie. Aber Sie haben es vorgezogen, den Menschen Peter Altmaier in vielen voyeuristischen Detailaufnahmen der Lächerlichkeit preiszugeben. Es ist der billigstmögliche Effekt, den das Genre Reportage zu bieten hat. Journalistischer Erkenntniswert: nahe null. Effekt für das Vertrauen in den Journalismus: verheerend. Denn der so schreibende Reporter unterschätzt das Wichtigste in seinem Beruf: ein Gespür für die Würde eines Menschen, so etwas wie Mitgefühl – auch das seiner Leserinnen und Leser.
Andreas Roth, DresdenDieses Porträt über Peter Altmaier ist der bösartigste journalistische Text, den ich je gelesen habe. Zum Politiker Altmaier fällt dem Autor nichts ein. Nach allem, was man weiß, ist er ein feiner, reflektierter Mensch. Aber übergewichtig ist er, ein Politiker, seine Karriere ist vorbei, und er lebt allein. All das scheint zu genügen, um ihn mit Häme zu übergießen.
Tobias Möller, HamburgDer zum Teil überhebliche Subtext und die angewandte Küchenpsychologie sind äußerst störend und unpassend. Man kann einen Menschen, bei aller angebrachten Kritik, auch so darstellen, dass dieser nicht bloßgestellt erscheint. Ein gutes Beispiel ist das Buch des Kollegen Markus Feldenkirchen über Martin Schulz. Dieser Autor dagegen ist ein Zyniker. Äußerst unangenehm.
Dipl.-Psych. Magdalene Kernbichler, Heiligenhafen (Schl.-Holst.)Sie haben einen netten, sehr menschlichen, warmen Artikel über Herrn Altmaier geschrieben. Einer, der zum Beispiel Moritatenlieder kennt und »Die Glocke« zitieren kann. Aber auch einer derjenigen, die an maßgeblicher Stelle dazu beigetragen haben, dass wir »gut gelebt, aber schlecht gewirtschaftet haben«. Keinerlei Hinweis oder gar Selbstkritik, dass die dringend benötigte Modernisierung der Republik verpennt wurde. Und das erschüttert mich. Denn das war sein Job als Minister von 2012 bis 2021!
Dr. Dirk Lassen, HamburgVon zahlreichen Anspielungen auf sein Aussehen einmal abgesehen – wenn hier eine Politikerin porträtiert worden wäre, würden wir zu Recht von einem #MeToo-Fall sprechen, weil derartige Verweise auf Körpergewicht, Hasenscharten, sexuelle Identität und Ähnliches schlicht sexistisch sind. Ein wenig mehr Professionalität und deutlich weniger Eitelkeit – warum nur stellt Herr Altmaier dem Journalisten denn keine Fragen? Es ist wirklich unerhört! – hätte diesem und wird all Ihren zukünftigen Artikeln ausgesprochen guttun.
Vanessa Fischer, Schlangenbad (Hessen)Labern, labern, labern ohne Ende, Zeit verstreichen lassen, sich selbst in den Himmel preisen, viel zu spät losstarten, mehrmals verfahren, andauernd die falsche Ausfahrt nehmen – um dann am Ende kaum beachtet zu werden. Zutreffender könnte das Fazit der Merkel-Ära, welche Peter Altmaier zuvorderst mitgestaltet hat, eigentlich nicht ausfallen.
Anton Leo, HamburgTolle On-the-Road-Story über den Polit-Pensionär Peter Altmaier, die sich wohltuend von den üblichen, meist zu dröge-faktenlastigen Porträts (ehemals) mächtiger Menschen im SPIEGEL abhebt.
Susanne Schäfer, Frankfurt am MainDas Porträt Peter Altmaiers wird in die Geschichte eingehen. Als Schulbeispiel dafür, wie Journalismus niemals, niemals sein soll. Mir kommen die Tränen vor Ärger. Dass sich ein Jungjournalist profilieren will und seine Grenzen nicht kennt – soll passieren. Dass ein Chefredakteur so etwas in Druck und online gehen lässt – unentschuldbar.
Nina Prodinger, Salzburger Land (Österreich)Im November zehn betuliche Seiten über eine Altkanzlerin auf der Suche. Im Dezember fünf inhaltslose Seiten über Peter Altmaier zu Gartenkunde, Essen und Vortrags- Tingeln durch die Provinz. Blüht uns etwa im Januar eine weitere Homestory à la SPIEGEL über Andi Scheuer?
Johannes Rosenboom, Bonn
Wat'n Elend
Leider ist seit vielen Legislaturperioden zu beobachten, dass das Bildungsministerium von Menschen geleitet wird, die außer ihrer eigenen Schulzeit wenig bis gar keine Eignung für dieses Ressort haben. Auch auf Länderebene. Die Mängel sind hausgemacht. Dies wird seit langer Zeit von Lehrern angemahnt: Zu wenige Lehrer, zu große Klassen. Der zunehmenden Heterogenität in Schulklassen wird nicht Rechnung getragen. Die neuesten Ergebnisse zu mangelnden Sprach- und Rechenkenntnissen sind auf ganz einfache Gründe zurückzuführen: Zu wenig Unterricht im Schreiben, Lesen, Rechnen. Sprache ist das Fundament unserer Bildung.
Gisa Bongers, BonnSchulen brauchen mehr Unterstützung durch mehr Lehrkräfte, Pädagog:innen und Erzieher:innen. Funktionierende Strukturen und Systeme für die Schülerinnen und Schüler haben wir schon. Ich hatte in den vergangenen zwei Wochen Folgendes: die Polizei (gewalttätiges Elternteil), den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst, das Jugendamt, zwei Versäumnisanzeigen zu schreiben, einen Missbrauchsfall, eine Klassenarbeit. Wir haben viele Kolleginnen, die in diesem Schuljahr in Rente gehen, welche, die krank sind, Schwangere und so weiter. Wir werden immer weniger! Dann habe ich auch noch diesen Mist gelesen. Dieses Reden und nichts sagen. Wat’n Elend.
Filiz Ulusan, BerlinNach mehr als 34 Jahren im Realschuldienst steht für mich fest: Die Qualität des Unterrichts hängt ausschließlich von der Lehrkraft ab, unabhängig von Schulform, Digitalisierung und Ausstattung. Gute Lehrkräfte sind die, die ihren Beruf aus der tiefsten Überzeugung gewählt haben, mit SchülerInnen das jeweils individuell maximal Machbare erreichen zu wollen – und nicht aus niederen Beweggründen. Alle Lehrkräfte müssen, unabhängig von der Schulart, das gleiche Gehalt bekommen. Der Föderalismus steht der Bildungsgerechtigkeit im Weg. Lehrplanreformen nutzen hauptsächlich dem Profit der Schulbuchverlage.
Wolfgang Greiner, Bischofswiesen (Bayern)Folgendes gilt es bundespolitisch endlich zu tun: Einführung eines bundeseinheitlichen Schulsystems nebst Lehrplänen. Einführung einer Vorschulpflicht für alle. Abschaffung von Förderschulen nebst Umsteuerung der Ressourcen in Regelschulen. Informationstechnische Ertüchtigung der Schulen nebst digitaler Schulungs- und Anwendungspflichten für alle Lehrkräfte. Einführung betreuter Ganztagsschulen bundesweit sowie die bedarfsgemäße Anpassung sämtlicher Lehramtsstudiengänge. Oder: Wer nicht endlich strukturiert und systematisch in Bildung für alle investiert, dessen Wirtschaft und Wohlstand verliert!
Eileen Lensch, Kiel
Mal so richtig streiken!
Nr. 51/2022 Leitartikel: Mütter sind keine Allzweckwaffen
Danke, danke, danke an Anna Clauß! Sie bringt es auf den Punkt. Seit je verlassen sich Männer (nicht alle!) darauf, dass ihre »Allzweckwaffe« es schon richten wird, während sie selber sich um die wichtigen Dinge wie Krieg oder Fußball kümmern. Zum Ausgleich gibt es ja dann den Muttertag. Nicht viel hat sich seit der Adenauerzeit am Denken geändert, das schon damals »das bisschen Haushalt« als nicht der Rede wert betrachtet und die Familienpolitik für »Gedöns« hält. Es ist Zeit, dass Mütter mal so richtig streiken!
Heide Itasse, EttlingenEs ist schon verwunderlich, dass in einem Leitartikel, in dem die altmodischen Grundannahmen der Familienpolitik moniert werden, kein einziges Wort zu Alleinerziehenden steht. Sie ignorieren hierbei die Realität von 20 Prozent der Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland. Darüber hinaus wirkt die Situation, die sie ihrer Krisenbeschreibung zugrunde legen, sehr privilegiert und nicht an die Realität von Nicht-Akademiker:innen mit angepasst. Es ist definitiv mehr zu tun, aber der Artikel wirkt doch nach Heulen auf höherem Niveau.
Sylvia Wittmer, BerlinDie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine griffige Leerformel, ersonnen von Protagonisten, die nicht selten kinderlos und uninteressiert sind. Die Floskel ist oft genug eine Lebenslüge. Man frage Familien mit mehr als einem Kind, das ist, solange der Nachwuchs jung ist, quasi ein Fulltimejob zumindest für einen Elternteil. Die Optimierung der Betreuungsfazilitäten wäre gewissermaßen die materielle Seite. Wichtiger ist die gesellschaftliche Wertschätzung, die in Deutschland eher zu gering ist. Symptomatisch die Behandlung der Kinder in der Pandemie. Selbst Lauterbach hat schwere Fehler eingeräumt – ohne ein Wort des Bedauerns. Deshalb genug der Sonntagsreden! Ohne Nachwuchs ist alles nichts.
Christoph Schönberger, Aachen
Korruption im EU-Parlament
Nr. 51/2022 Die Korruptionsaffäre im EU-Parlament weitet sich aus
Dieser Bericht ist sehr einseitig gegen Katar gerichtet. Haben die Autoren vergessen, dass zum Bestechen immer zwei Parteien gehören? Eine aktive und eine passive. Wenn die aktive Partei keinen zum Bestechen findet, dann kann sie auch niemanden bestechen.
Manfred Mengewein, Arnsberg (NRW)
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