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Artikel 58 / 59

Patrick Mariathasan für den SPIEGEL

Briefe

Kanzlerkandidat Olaf Scholz, Rente, Corona-Regeln, die Bundestagswahl und Twitter – das waren die Themen, zu denen wir in der vergangenen Woche die meisten Zuschriften erhalten haben.
aus DER SPIEGEL 41/2021
  • Die Union schaffte es vor genau 45 Jahren auf 48,6 Prozent, ihr zweitbestes Ergebnis; die SPD erzielte 42,6 Prozent, die FDP 7,9 Prozent. Von wegen: Der Stärkste stellt den Kanzler – Helmut Schmidt blieb Kanzler der sozialliberalen Koalition. Es geht nach der Wahl stets um Koalitionen – und um die begnadetsten Dialektiker.
    Elisabeth Wickenburg, Bad Malente (Schl.-Holst.)

  • Der SPIEGEL hätte bei diesem sich in perspektivlosen und blutleeren Aussagen erschöpfenden Scholz ganz klar fragen müssen: Es ist Ihnen schon klar, dass nicht Sie gewählt, sondern Ihre Alternativen als noch schlechter empfunden wurden? Und dann wäre die Nachfrage der Entkopplung zwischen Politik und Bürger eine logische Folge gewesen. Da hätte ich mir mehr Biss gewünscht.
    Michael Heydrich, Köln

  • Zur Bewältigung der immens großen Aufgaben bedarf es einer Regierung, die auf Vertrauen und Verlässlichkeit aufgebaut ist. So könnte Rot-Grün-Gelb trotz aller Verschiedenheit eine funktionierende Basis dafür schaffen, die soziale Ungleichheit zu mildern oder gar zu beheben, Ökologie und Ökonomie in vertretbaren Einklang zu bringen und nicht zuletzt Wege zu finden, die innere und äußere Sicherheit tatkräftig auf verlässliche Beine zu stellen. Auf diese Weise könnten sich CDU/CSU sowohl programmatisch wie personell neu finden und in der Opposition als staatsförderndes Korrektiv wirken.
    Horst Winkler, Herne (NRW)

  • Die anstehenden Sondierungsgespräche müssen jetzt so schnell wie möglich über die Bühne laufen, damit diese Republik wieder über eine handlungsfähige, starke Regierung verfügt, welche Deutschland auch weiterhin durch die Untiefen der Innen- wie Außenpolitik führt. Man kann nur hoffen, dass die dafür Verantwortlichen aus der Bundestagswahl 2017 gelernt haben, wo man fast sechs Monate brauchte, um ein Regierungsbündnis zu schmieden.
    Detlef von Seggern, Pforzheim

  • In Ihrem Porträt des möglichen zukünftigen Kanzlers Olaf Scholz zitieren Sie ihn mit den Worten: »Respekt muss in dieser Gesellschaft wieder eine große Rolle spielen.« Und Sie zollen ihm für diese Aussage Respekt. Dann bringen Sie ein Porträt über Armin Laschet mit der Überschrift: »Der Untote«. Wo bleibt da der respektvolle Umgang mit dem Unterlegenen? Als Schwäbin fiele mir als Überschrift etwa ein: »Isch over«.
    Brigitte Röder, Ulm

  • Olaf Scholz möchte gleichzeitig das 1,5-Grad-Klimaziel erreichen, also beim Klimawandel Tempo machen, und hält auf der anderen Seite daran fest, Deutschland erst 2045 zu einem klimaneutralen Industrieland zu machen. Dies bedeutet entweder, dass er die wissenschaftlichen Fakten des IPCC nicht versteht oder sie bewusst ignoriert. Diese Einstellung ist ein Schlag ins Gesicht der gesamten Klimagerechtigkeitsbewegung und steht mitnichten für Aufbruch, sondern für ein Festhalten am Status quo.
    Alexander Grevel, Freiburg im Breisgau

  • Schluck um Schluck kommt man sich näher. Der whiskeygeschwängerte Geist des Café Einstein ist im Begriff, Historisches zu bewirken: die Aussöhnung von Ökologie und Ökonomie. Diese Erkenntnis verdanken wir den wachsamen Augen und Ohren des SPIEGEL-Autorenkollektivs. Freuen wir uns darauf, dass das Staatsschiff bald wieder in ruhiges Fahrwasser geraten wird.
    Karl-Heinz Groth, Goosefeld (Schl.-Holst.)

  • Die Ähnlichkeit ist schon frappierend, zwischen Olaf Scholz und dem Regisseur und Schauspieler Kenneth Branagh, besonders auf dem Titelbild, wo er dieses Lächeln aufsetzt. Hoffen wir, dass er es so gut macht wie der Belfaster seine Shakespeare-Verfilmungen. Und hoffen wir weiterhin, dass er nicht so ein einsamer Lurch wird wie Branagh später als Kommissar Wallander.
    Michael Giese, Tübingen

Win-win-win

Heft 39/2021 Karrieren: Der einsame Kampf des Rentenexperten Axel Börsch-Supan 

  • Man muss kein Professor sein, um zu erkennen, dass eine Erhöhung des Renteneintrittsalters unabdingbar ist. Die Mehrzahl der Menschen in Deutschland hat doch keinen Beruf, der den Körper verschleißt. Ich selbst habe als Klinikpsychiater noch bis zum 68. Lebensjahr gearbeitet und hätte das auch gern noch weiter getan, wenn man mich gelassen hätte. Ich finde, es sollte jeder Mensch selbst entscheiden können, wie lange er arbeitet.
    Michael von Drach, Gerhardshofen (Bayern)

  • Wer die Erhöhung des Renteneintrittsalters fordert, ignoriert völlig die auf dem Arbeitsmarkt grassierende Altersdiskriminierung. Wer mit über 50 arbeitslos wird, hat kaum eine Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt einen neuen Job zu finden. Dank der Hartz-Gesetze kann man dann die Ersparnisse aus der ersten Hälfte seines Arbeitslebens aufbrauchen, um nicht ins Prekariat durchgereicht zu werden. Je weiter die Zeitspanne bis zur Rente, desto größer die Chance, dass es nicht reicht. Der Arbeitnehmer subventioniert also de facto das Sozialsystem mit seinem Privatvermögen bis zum Ruin. Sinnvoller wäre es, wenn analog zu Börsch-Supans Vorschlag zur Erwerbsminderungsrente auch die Kosten der Arbeitslosenunterstützung komplett vom Arbeitgeber getragen würden. Das würde den Konstruktionsfehler der Hartz-Gesetze beheben, denen ein Anreiz für Arbeitgeber fehlte, aktiv Arbeitsplätze zu schaffen: mehr Jobs, weniger (Sozial-)Kosten, Entlastung der öffentlichen Haushalte. Win-win-win.
    Sönke Schulz, Groß Grönau (Schl.-Holst.)

  • Eine Diskussion der Zukunft der Rente ohne eine Diskussion über die Zukunft der Arbeit ist sinnlos! Welche Fragen jenseits einer demografischen Entwicklung beantwortet werden müssen, macht ein Beispiel für nicht menschliche, wertschöpfende Arbeit deutlich: Welchen Beitrag leisten autonom fahrende Lkw in die Rentenkassen? Viele Lkw-Fahrer werden bald nicht mehr einzahlen.
    Matthias Konczalla, Osnabrück

  • Es gibt eine Gruppe von Leuten, die in ihrem ganzen Leben nicht einen Cent für ihre späteren Bezüge bezahlen, deren Pensionen aber zusätzlich vom Steuerzahler finanziert werden. Wie wäre es, wenn jeder einen Prozentsatz seines Einkommens in die allgemeine Rentenkasse einzahlen würde (ohne Bemessungsgrenze), es bei der Auszahlung aber eine Obergrenze gäbe? Das schließt dabei Selbstständige, Spekulanten und Beamte ein. Reiche haben dann immer noch die Möglichkeit, sich darüber hinaus höhere Rentenbezüge privat zu finanzieren. Ich bin sicher, dass mit einem halbwegs gerechten Rentensystem genug Geld vorhanden wäre, damit alle mit 65 in Rente gehen könnten und dass sich die Minirenten von langjährigen Geringverdienern auch noch verbessern ließen.
    Wolfgang Schmidt, Lage (NRW)

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

Heft 39/2021 Soziale Netzwerke: Wie Twitter den Bundestagswahlkampf vergiftet hat 

  • Fürwahr, es gibt triftige Gründe, soziale Netzwerke wie Twitter sehr kritisch zu sehen, das aber gilt (so viel Fairness sollte sein) auch gegenüber der alten Medienlandschaft, in der ebenso eine Verwahrlosung anzutreffen ist, die vielfach mutwillig nicht einmal die Mindesterwartung an Respekt, Toleranz und Sachlichkeit erfüllt. Und fast jeder wird das bekannte Medium mit dem B am Anfang kennen. Entscheidend ist nur eines: eine (Aus-)Wahl zu haben.
    Rüdiger Reupke, Isenbüttel (Nieders.)

  • Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Gerade die seriösen Printmedien sollten das aufgeregte »Gezwitschere« bestimmter Social Media nicht in ihre Berichterstattung einfließen lassen. Leider ist dies nicht immer der Fall, und die schnelle Schlagzeile oder Skandalisierung geht vor eine sorgfältig abwägende Berichterstattung. Ein Lacher bei unpassender Gelegenheit, eine verunglückte Bemerkung oder ein unkorrektes Wort werden dann zum Eklat hochgetunt, der alle anderen Aspekte schrill übertönt. Man kann die Welt nicht auf 200 Zeichen zusammentwittern, und Daueraufgeregtheit ersetzt keine komplexen Debatten.
    Mia Herber, Wadgassen (Saarland)

  • Ich finde es schade, dass Sie nur diesen einseitigen Blickwinkel auf Twitter einnehmen und damit auch an Ihre Leserschaft transportieren. Ich treibe mich auf »academic twitter« herum und halte mich damit auf dem Laufenden auf dem Gebiet der Post-Quanten-Kryptografie. Ohne Twitter wäre das um ein Vielfaches zeitaufwendiger.
    Dr. Doris Behrendt, Biebelried (Bayern)

Wo Freiheit endet

Heft 39/2021 Kolumne: Die Gegendarstellung

  • Seit meiner Impfung zählt Corona für mich zum allgemeinen Lebensrisiko. Maske trage ich nur noch, wenn es nicht anders geht, weil es mir vorgeschrieben wird. Ich möchte die Freiheit haben, meine Maske dauerhaft ablegen zu dürfen, Veranstaltungen zu besuchen etc. Es wird Zeit, diese Freiheitsrechte wieder zu gewähren, sie sind ein hohes Gut. Aus der Maskenpflicht würde dann eine Maskenoption. Somit kann sich jeder, der möchte – oder muss, weil er sich nicht impfen lassen kann – weiterhin schützen. Was daran egoistisch sein soll, kann ich nicht erkennen. Ich halte eher den Standpunkt eines Impfverweigerers für egoistisch, da er damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere gefährdet. Aber damit muss ich leben.
    Daniel Haas, Neu-Isenburg (Hessen)

  • Rund 9 Millionen Kinder unter 12 Jahren sind keine »wenigen Sonderfälle« und sind ebenso schutzbedürftig wie der Rest der Bevölkerung. Noch auf Seite 6 im Leitartikel heißt es unter dem Stichwort »Rentokratie«, dass der Großen Koalition die Anliegen der Jüngeren ziemlich schnuppe seien. Herrn Neubachers Gegendarstellung zeigt, dass das nicht nur für Politiker gilt. »Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich Ungeimpfte infizieren«? Ja, dann würde ich vorschlagen, zumindest die Millionen Kinder, die bis zum 30. Oktober mit Sicherheit nicht komplett geimpft werden können, nicht vorschnell unter den Bus zu werfen, damit es wieder an die Bar gehen kann. Sie alle haben sich solidarisch verhalten, als es galt, die Älteren zu schützen. Jetzt sind diese mal in der Bringschuld, die Füße noch ein Weilchen stillzuhalten!
    Anne-Kristin Krol, Beckum (NRW)

  • Meine zehnjährige Tochter hat monatelang auf ein normales Leben, eine normale Entwicklung zugunsten der »Rentokratie« verzichten müssen. Sie freut sich auf die Zulassung eines Impfstoffs und ich mich darauf, dass sie dann endlich von Ihnen wahrgenommen wird und kein Sonderfall mehr ist. Der Lebensabschnitt nennt sich Kindheit. Und so geht das mit der Missachtung von Kindern und Jugendlichen immer wieder, nicht erst seit Corona ausgebrochen ist.
    Oliver Barz, Karlsruhe

  • In Grundzügen mag Alexander Neubacher recht haben – wenn die Ungeimpften im Falle einer schweren Erkrankung nicht anderweitig Schwerstkranken die Intensivbetten wegnehmen würden. Denn eine Intensivbehandlung – das wollen die, die sich jetzt noch in glänzender Partylaune gegen eine Impfung aussprechen, im Falle eines Falles dann ja doch, da sind Wissenschaft und Medizin dann doch gar nicht mehr so suspekt. Impfen in Zeiten von Corona war und ist nie nur ein egoistisches Wollen, sondern auch die Übernahme von Verantwortung für das große Ganze. Und diese Perspektive fehlt nicht nur den Impfgegnern, sondern auch Herrn Neubachers Kommentar komplett.
    Silke Deyhle, Illertissen (Bayern)

  • Jeder Raser darf sich in seinem Auto um den nächstbesten Baum wickeln. Aber bitte nur dann, wenn gerade sonst niemand in der Nähe ist, den der Raser gleich mit umbringt. Genauso der Impfgegner, natürlich kann er schreien, singen usw., aber bitte mit mehr als 2 Meter Abstand zu mir und unter Übernahme eventuell anfallender Folgekosten, um sie nicht der Allgemeinheit aufzuhalsen. Der Gedanke »Meine Freiheit endet da, wo die des anderen beginnt« ist ja wirklich nicht neu, scheint aber bei manchen noch nicht angekommen zu sein.
    Heide Itasse, Ettlingen (Bad.-Württ.)

  • Einerseits kann ich Ihre Argumentation verstehen. Ein Staat, der bevormundet, kann nicht unser aller Wunsch sein. Sie übersehen dabei aber, dass es hier immer noch um den Schutz vulnerabler Gruppen geht. Ich denke, mit der Impfung kann das jeder gern halten, wie er will. Aber wenn er dann mit anderen zusammentrifft, sollte er negativ getestet sein. Das Recht, sich für oder gegen eine Impfung zu entscheiden, ist das eine. Daraus folgt aber nicht das Recht, andere zu gefährden.
    Ursula Eberts-Löbens, Sinzig (Rhld.-Pf.)

Wählen nur bis 80?

Heft 39/2021 Leitartikel – Die deutsche Politik verrät die Interessen jüngerer Menschen 

  • Ich bin Rentner und nicht daran schuld, dass es immer weniger junge Erwachsenen gibt, die bei Wahlen berechtigt sind abzustimmen, auch nicht an deren Desinteresse an der Politik. Ich gehöre zum, so wie Sie es nennen, »Wahlvolk«, bin allerdings alles andere als »tattrig« und noch viel weniger »müde«. Sicherlich bedarf es einer Modernisierung des deutschen Wahlsystems wie auch des Parlaments, aber es wäre doch perfide, Überlegungen anzustellen, wie man einen Teil der Bevölkerung in deren demokratischen Rechten einschränken kann, weil diese relativ zu groß geworden ist. Selbstverständlich unterstütze ich den Gedanken, das Wahlalter auch bei der Bundestagswahl auf 16 Jahre zu senken, dann aber, wie Sie zu Recht bemerken, tatsächlich zur Wahl gehen.
    Hans Gerrits, Groß-Gerau (Hessen)

  • Um die Macht der Alten zu begrenzen, fordert die Autorin die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Bevor das geschieht, wäre es sinnvoll, die Meinung von Fachleuten zu hören: Von Entwicklungspsychologinnen und Neurowissenschaftlern, von Lehrerinnen, Sozialpädagogen und nicht zuletzt Juristinnen. Denn: Woran lässt sich erkennen, ob 16-Jährige tatsächlich fähig sind, eine fundierte politische Wahl zu treffen? Ab wann sind junge Menschen wirklich in der Lage, die Folgen ihres Handelns zu bedenken? Und: Was bedeutet das für die Strafmündigkeit? Soll bei wahlberechtigten, straffälligen 16- oder 17-Jährigen nach wie vor das Jugend- oder aber das Erwachsenenstrafrecht Anwendung finden? Müssten also, eine entsprechende Reife vorausgesetzt, den erweiterten Rechten nicht auch adäquate Pflichten folgen?
    Ingrid Füller, Hamburg

  • Ich denke alternativ an eine obere Begrenzung des Wahlrechtsalters auf vielleicht 80 Jahre – warum ist noch niemand darauf gekommen? Der betroffene Personenkreis hat nur noch Gegenwart und Restlaufzeit, aber keine Zukunft, die durch Wahlen bestimmt wird.
    Günter Goerdel, 82, Barnewitz (Brandenb.)

  • »Wer alt genug ist, um als Auszubildender Rentenbeiträge zu zahlen, dem sollte auch zugetraut werden, eine reflektierte politische Entscheidung zu treffen«, schreibt der SPIEGEL. Als wenn dem »Steuernzahlen« irgendeine Qualifikation innewohnte!
    Dr. Hans-Joachim Zielinski, Westerland (Schl.-Holst.)

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